Winfried Kretschmann, der ansonsten eher gelassene baden- württembergische Ministerpräsident, wurde fuchsteufelswild als er auf einem Kongress der Grünen auf die neuen, in Mode gekommenen Vorgärten aus Stein und Kies - aber praktisch ohne Rasen, Blumen und Stauden - angesprochen wurde. Der studierte Biologe und langjährige Gymnasiallehrer in diesem Fach bezeichnete diese "Schottergärten" als einen Irrweg, der Steinwüsten entstehen lässt, wo Grünpflanzen notwendig wären, um die CO2-Bilanz zu verbessern.
Trotzdem, wer mit offenen Augen an den Vorgärten, insbesondere am Stadtrand vorbei geht, kann nicht übersehen, dass eine neue Gartenkultur (des kleinen Mannes?) im Entstehen ist. Immer mehr der früheren biologischen Gartenfläche wird nun mit Steinen bedeckt als dem vorrangigen Gestaltungsmittel. Pflanzen kommen nicht mehr, oder nur noch in geringer Zahl, vor und sind zumeist noch durch einen strengen Formschnitt künstlich gestaltet. Als Steinmaterial beobachtet man vor allem gebrochene Steine mit scharfen Kanten und ohne Rundungen: eben Schotter. Für den gleichen Gartenstil könnte man auch Geröll, Kies oder Splitt verwenden. Kein Vergleich mehr mit den klassischen Steingärten, bei denen die Vegetation noch im Vordergrund stand.
Motivation und Umsetzung
Umfragen haben zutage gefördert, weshalb ökologisch tote Vorgärten so "beliebt" sind. Offensichtlich haben immer weniger Einfamilienhausbesitzer Zeit und Lust, Gartenarbeit zu verrichten. Was früher Freude bereitete, ist heute zur Last geworden - und das, obwohl die Vorgärten selten größer als hundert Quadratmeter sind und die Renommierfirmen Bosch und Gardena laufend neue Mähroboter und Sprinkleranlagen auf den Markt bringen. Hinzu kommt das Phänomen der Ansteckung: sobald der Nachbar einen angeblich pflegeleichten Schottergarten hat, scheint ein "Virus" alle anderen auch in diese Richtung zu befallen. Hinzu kommt eine neue Gartenästhetik, welche möglicherweise von der japanischen Zen-Kultur angeregt wird. Schließlich sind es natürlich auch die Gartenbaubetriebe, welche die neue Nische ausnutzen.
Und es ist so leicht, eine solche Steinöde anzulegen. Meist muss man nur die Humusschicht des Vorgartens abtragen und den verbleibenden Grund mit einer Plastikfolie abdecken. So kann kein Würmchen und kein Kräutlein von unten mehr durchdringen und der Boden ist auch gleich noch versiegelt. Im Ergebnis ist er so tot wie ein Stück Autobahn und heizt sich ähnlich schnell auf. Manche setzen noch, wie zum Hohn, eine einsame Krüppelkonifere in den Schotter, die dort jahrelang um ihr Leben ringt. Der Gipfel sind die mit Steinen gefüllten Drahtkörbe ("Gabione"), welche häufig Blumenrabatte und selbst Gartenzäune ersetzen. Sie kommen aus dem militärischen Bereich und wurden im Ersten Weltkrieg von den Soldaten als "Schanzkörbe" verwendet. Heute werden die Steine für unsere Hobbygärtner aus Indien und China herangekarrt.
Aber die Natur bricht sich Bahn
Es war der oben erwähnte Grünen-Politiker Kretschmann, der darauf verwies, dass diese neuartigen Schottergärten nicht pflegeleichter sind als normale begrünte Gärten. "Der Löwenzahn weiß sich schon einzunisten. Zudem ist "pflegeleicht" in der Umwelt nicht das entscheidende Kriterium; bei der Natur gilt Reichtum in jeder Beziehung". How! Der Biologielehrer hat gesprochen.
Aber der Herr Ministerpräsident könnte sich auch täuschen. Immer noch sind effiziente Unkrautvernichter und Insektenkiller (auch für Bienen!) auf dem Markt, die zwar ex lege nicht gespritzt werden dürfen - aber wer kann das schon kontrollieren? Deshalb bemühen sich Naturschutzverbände und ökologisch wohlmeinende Politiker darum, die Steingarteneuphorie wenigstens zu dämpfen. BUND und NABU sind an erster Stelle zu nennen, aber die meisten Kommunal- und Landespolitiker zögern noch. Da und dort werden zwar vereinzelt entsprechende Auflagen in die Bauanträge aufgenommen, aber in der Mehrzahl fürchtet man den Zorn der Bürger und ist entsprechend vorsichtig:
Schotterverbot und Pflichtbaum, so weit will man derzeit noch nicht gehen.
Trotzdem, wer mit offenen Augen an den Vorgärten, insbesondere am Stadtrand vorbei geht, kann nicht übersehen, dass eine neue Gartenkultur (des kleinen Mannes?) im Entstehen ist. Immer mehr der früheren biologischen Gartenfläche wird nun mit Steinen bedeckt als dem vorrangigen Gestaltungsmittel. Pflanzen kommen nicht mehr, oder nur noch in geringer Zahl, vor und sind zumeist noch durch einen strengen Formschnitt künstlich gestaltet. Als Steinmaterial beobachtet man vor allem gebrochene Steine mit scharfen Kanten und ohne Rundungen: eben Schotter. Für den gleichen Gartenstil könnte man auch Geröll, Kies oder Splitt verwenden. Kein Vergleich mehr mit den klassischen Steingärten, bei denen die Vegetation noch im Vordergrund stand.
Motivation und Umsetzung
Umfragen haben zutage gefördert, weshalb ökologisch tote Vorgärten so "beliebt" sind. Offensichtlich haben immer weniger Einfamilienhausbesitzer Zeit und Lust, Gartenarbeit zu verrichten. Was früher Freude bereitete, ist heute zur Last geworden - und das, obwohl die Vorgärten selten größer als hundert Quadratmeter sind und die Renommierfirmen Bosch und Gardena laufend neue Mähroboter und Sprinkleranlagen auf den Markt bringen. Hinzu kommt das Phänomen der Ansteckung: sobald der Nachbar einen angeblich pflegeleichten Schottergarten hat, scheint ein "Virus" alle anderen auch in diese Richtung zu befallen. Hinzu kommt eine neue Gartenästhetik, welche möglicherweise von der japanischen Zen-Kultur angeregt wird. Schließlich sind es natürlich auch die Gartenbaubetriebe, welche die neue Nische ausnutzen.
Drahtkörbe (Gabione) ersetzen Blumenrabatte und Gartenzäune
Und es ist so leicht, eine solche Steinöde anzulegen. Meist muss man nur die Humusschicht des Vorgartens abtragen und den verbleibenden Grund mit einer Plastikfolie abdecken. So kann kein Würmchen und kein Kräutlein von unten mehr durchdringen und der Boden ist auch gleich noch versiegelt. Im Ergebnis ist er so tot wie ein Stück Autobahn und heizt sich ähnlich schnell auf. Manche setzen noch, wie zum Hohn, eine einsame Krüppelkonifere in den Schotter, die dort jahrelang um ihr Leben ringt. Der Gipfel sind die mit Steinen gefüllten Drahtkörbe ("Gabione"), welche häufig Blumenrabatte und selbst Gartenzäune ersetzen. Sie kommen aus dem militärischen Bereich und wurden im Ersten Weltkrieg von den Soldaten als "Schanzkörbe" verwendet. Heute werden die Steine für unsere Hobbygärtner aus Indien und China herangekarrt.
Aber die Natur bricht sich Bahn
Es war der oben erwähnte Grünen-Politiker Kretschmann, der darauf verwies, dass diese neuartigen Schottergärten nicht pflegeleichter sind als normale begrünte Gärten. "Der Löwenzahn weiß sich schon einzunisten. Zudem ist "pflegeleicht" in der Umwelt nicht das entscheidende Kriterium; bei der Natur gilt Reichtum in jeder Beziehung". How! Der Biologielehrer hat gesprochen.
Aber der Herr Ministerpräsident könnte sich auch täuschen. Immer noch sind effiziente Unkrautvernichter und Insektenkiller (auch für Bienen!) auf dem Markt, die zwar ex lege nicht gespritzt werden dürfen - aber wer kann das schon kontrollieren? Deshalb bemühen sich Naturschutzverbände und ökologisch wohlmeinende Politiker darum, die Steingarteneuphorie wenigstens zu dämpfen. BUND und NABU sind an erster Stelle zu nennen, aber die meisten Kommunal- und Landespolitiker zögern noch. Da und dort werden zwar vereinzelt entsprechende Auflagen in die Bauanträge aufgenommen, aber in der Mehrzahl fürchtet man den Zorn der Bürger und ist entsprechend vorsichtig:
Schotterverbot und Pflichtbaum, so weit will man derzeit noch nicht gehen.
Gemütlich ist es im Kiesbett
Das ist ein herrlich humorvoller Text! Vielen Dank.
AntwortenLöschenEs gibt eine tolle facebook-Gruppe namens "Gärten des Grauens". Ihr Betreiber bringt nicht nur erstaunliche Fotos sondern auch sehr lesenswerte Texte dazu.
AntwortenLöschentja ... :-)
AntwortenLöschenIch muss sagen, dass ich die Schottersteinzäune extrem gut finde.
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