Samstag, 16. Juni 2018

Müll im Weltraum

Der Müll in den Weltmeeren, insbesondere jener aus Kunststoff, ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema. Als Laie fragt man sich, wieso man es Ländern gestatten kann, ihren Plastikabfall auf hoher See abzukippen. Stattdessen wäre (neben der Rezyklierung) das Verbrennen der Tüten und Flaschen etc. in - mit Filtern ausgestatteten - Zementfabriken ein simpler und vielfach erprobter Entsorgungsweg. Nebenher erbringt diese Methode noch 12 Kilowattstunden Strom pro Kilogramm Kunststoff.

Kein Diskussionsthema bei Laien - dafür umso heftiger unter Fachleuten - ist die Vermüllung des Weltraums, insbesondere oberhalb unserer Atmosphäre. Hier deutet sich, bei weiterem Zusehen, eine Katastrophe an, welche das Abwürgen der erdnahen Raumfahrt zur Folge haben könnte.

Als am 4. Oktober 1957 von der Sowjetunion der erste Satellit "Sputnik 1" in eine Erdumlaufbahn (sprich:  Orbit) geschossen wurde, war dies ein Schockereignis für den Westen, besonders die USA. Aber schon nach drei Monaten tauchte Sputnik wieder in die Erdatmosphäre ein und verglühte dort restlos. Der Weltraum war wieder so rein und jungfräulich wie zuvor. Das ist heute nicht mehr der Fall. Seit beginn des Raumfahrtzeitalters gelangten 7.500 Satelliten bei 5.250 Raketenstarts in ihren Orbit. Davon sind nur noch 1.200 in Betrieb. Der Rest ist abgeschaltet oder energielos und kreist zur Gänze oder in Trümmern um die Erde.











Müll im Weltraum
(nicht maßstabsgerecht)


Gefährliche "Leichen" im Weltraum


Die Trümmer entstehen vorzugsweise durch Fragmentation von Raketenoberstufen oder durch die Explosion von übrig gebliebenen Brennstoff. Nicht selten werden (Spionage-) Satelliten auch gezielt zerstört, um keinen Einblick in deren Konstruktion zu gewähren.  Derzeit kreisen rund 750.000 Objekte ab einer Größe von 1 Zentimeter und darüber auf verschiedenen Bahnhöhen zwischen 300 und 36.000 Kilometer um die Erde. Davon erreichen ca. 30.000 eine geometrische Größe von über zehn Zentimetern. 75 Prozent dieser Trümmer befinden sich auf Orbits zwischen 400 und 2.000 km, welche für Satelliten aller Art sehr frequentiert sind. Dort ist die Atmosphäre leider noch so dünn, dass sie bei ihrem Flug kaum abgebremst werden und deshalb viele Jahre lang wichtige Orbits "vermüllen". Ab 300 km und darunter werden die Trümmerteile durch die Luft so schnell abgebremst, dass sie in kurzer Zeit verglühen und nur noch selten die Erdoberfläche erreichen.

Diese Raketentrümmer stellen eine echte Gefahr für die Raumfahrt dar. Als Daumenregel gilt, dass ein erbsengroßes Trümmerstück die Durchschlagskraft einer Handgranate besitzt. Der Grund dafür liegt in der hohen Kollisionsgeschwindigkeit von 10 Kilometern pro Sekunde, was der 15-fachen Fluggeschwindigkeit einer Gewehrkugel entspricht. Ein Objekt von 1 Zentimeter Größe kann wegen seiner Wucht unter Umständen einen Satelliten zerstören oder einen Astronauten bei Außenarbeiten an der Internationalen Raumstation ISS in Gefahr bringen. Die Hülle der ISS ist allerdings auf solche Kollisionen ausgelegt und kann im Falle eines Lecks rechtzeitig wieder abgedichtet werden.


Das Kessler-Syndrom

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich kleine Müllteilchen im All treffen, ist relativ gering. Aber die Kollision zweier großer, intakter Satelliten kann zu einer "Trümmerwolke" führen, wenn sich diese leichtgebauten Himmelskörper gegenseitig zerstören. Dieser Effekt wurde schon 1978 von dem amerikanischen Astronomen Donald J. Kessler vorhergesagt, verbunden mit der Warnung, dass dies zum Ende der Raumfahrt führen könnte. Tatsächlich sind zwei Zusammenstöße dieser Art mit heftigen Auswirkungen bekannt geworden. Im Jahr 2007 hat China den eigenen Wettersatelliten Fengyun-1C im Rahmen eines Antiraketentests absichtlich abgeschossen. Als Folge erhöhte sich die Anzahl der katalogisierten Trümmerobjekte von 3.400 auf 12.000. Eine weitere Kollision der beiden Satelliten Iridium-33 mit Kosmos 2251 steigerte dies Zahl nochmals um 17 Prozent.

Seitdem werden die Bahnen aller Trümmerteilchen, welche größer als 5 Zentimeter sind, von der Erde aus mit großen Radarteleskopen der US-Agentur "Space Surveillance Networks" überwacht und in Katalogen gespeichert. Dabei sind auch deren Flugbahnen 72 Stunden im Voraus zu berechnen. Sind zwei Objekte auf Kollisionskurs so wird der Betreiber des fraglichen Satelliten rechtzeitig gewarnt. Durch Ingangsetzen von Lenkdüsen lässt sich so in der Regel ein Zusammenstoß vermeiden. Die Internationale Raumstation ISS muss (im Schnitt) zwei Mal im Jahr durch geeignete Manöver einer Kollision ausweichen.


Schmetterlinge fangen

Inzwischen gibt es bei der Europäischen Weltraumbehörde ESA sogar eine eigene Abteilung für die Schrottentfernung im Weltraum. Mit speziellen "Servicer-Satelliten" werden nicht mehr funktionstüchtige Satelliten angeflogen und ihre Bahnen so weit abgelenkt, dass sie in tiefere Atmosphärenschichten gelangen  und dort verglühen. Diese Verfolgersatelliten werden durch Roboter gesteuert und fangen nach hinreichender Annäherung die kaputten Satelliten mittels Harpunen ein. Ja, sogar Netze sind im Gebrauch, welche - ähnlich wie beim Fangen von Schmetterlingen - den Schrottteilen übergestülpt werden, um sie dann durch Ablenkdüsen in niedrigere Bahnen zu zwingen. 

Fragmente, die nur wenige Dezimeter groß oder noch kleiner sind, lassen sich auf diese Weise ökonomisch nicht entfernen. Ihnen begegnet man durch Beschuss mit Hochleistungslasern von der Erde aus. Damit kann u. U. eine Impulsdruck erzeugt werden, welcher solche Miniteile in niedrigere Bahnen zwingt. Die großen Raumfahrtnationen haben sich inzwischen verpflichtet, Weltraumschrott nach Möglichkeit zu vermeiden. Bereits bei der Planung neuer Missionen spielt dieser Gesichtspunkt eine große Rolle. In Zukunft sollen - nach den Vorstellungen des "Space Debris Committee" - alle neue Satelliten spätestens 25 Jahre nach Missionsende in niedere Orbits abtauchen und dort verglühen.

Der alte Lateinerspruch:      "Per Aspera ad Astra"
(=durch das Raue zu den Sternen)
gewinnnt da eine ganz neue Bedeutung.


Sonntag, 10. Juni 2018

Arrivederci Roma ?

Wenn der italienische Staatspräsident Sergio Matarella von seinen beiden Leibgardisten begleitet wird, dann weiß der Kundige, dass große politische Entscheidungen anstehen. Diese "Corazierri" mit silbern und golden glänzenden Helmen, mindestens 1,90 Meter groß, geben protokollarischen Zeremonien ihren hochoffiziellen Anstrich.


Corazzieri mit Leibstandarte

Letzte Woche war es wieder einmal so weit. Giuseppe Conte, ein 54-jähriger Süditaliener und Universitätsprofessor in Florenz, sollte sein Beglaubigungsschreiben als zukünftiger italienischer Premierminister beim Präsidenten abgeben. Der Jurist sitzt nicht im Parlament, gehört aber zum Kreis der Fünf-Sterne-Bewegung. Deren Chef, Luigi Di Maio und der Anführer der Lega-Partei, Matteo Salvini, hatten beide Premierminister werden wollen, konnten sich aber nicht einigen und verständigten sich deshalb auf den Politik-Neuling Conte.


Viele Wohltaten und viele Zumutungen

Dass eine stramm rechts-orientierte Partei, wie die Lega, mit der links-populistischen Bewegung Fünf-Sterne eine Regierung bildet, ist wohl nur in Italien möglich. Übertragen auf deutsche Verhältnisse wäre dies eine Koalition aus AfD und Linke. Schlechterdings undenkbar! In Italien aber funktioniert so ein Bündnis möglicherweise(?) - jedoch nur, weil jede der beiden Parteien ein Füllhorn aus finanziellen und sozialen Vergünstigungen über ihr Wahlvolk ausgießt, unabhängig davon, was sich an liquiden Mitteln noch im Staatssäckel befindet. Finanziert werden sollen diese Wohltaten vorzugsweise in Brüssel und Berlin, wo sie aber mehr als Zumutungen wahrgenommen werden. Nachfolgend eine Auswahl dessen, was die beiden italienischen Regierungsparteien ihren Wählern versprochen haben:

- Die Europäische Zentralbank (EZB)  soll Rom 250 Milliarden Euro schenken, indem sie auf die     Rückzahlung von italienischen Staatsanleihen (Schuldbriefen) verzichtet.

- Die öffentlichen Investitionen sollen nicht mehr auf das Haushaltsdefizit - derzeit 132 Prozent des Bruttosozialprodukts - angerechnet werden.

- Die Frührente soll wieder eingeführt werden; bei den Männern ab 41 Beitragsjahren, bei den Frauen ab 35 Jahren. Derzeit erhalten die Männer 73 Prozent des letzten Gehalts als Rente.

- Jedem arbeitslosen Erwachsenen soll ein Bürgergeld von 780 Euro für zwei Jahre versprochen werden; ein Arbeitsplatzangebot darf drei Mal ausgeschlagen werden.

- Die Steuern sollen auf 15 bis 25 Prozent abgesenkt werden

- Das Target-Konto, einer Art Dispokredit der Nationalbanken, derzeit schon mit 950 Milliarden im Minus, soll weiterhin belastet werden. Die Target-Bilanz ist ein Maß für das schnell abfließende italienische Privatkapital.

- Italien fordert die Einführung der sog. Euro-Bonds, wobei die Eurostaaten gemeinschaftlich für Roms Schulden haften würden.

- Das Einlagenrisiko der hoch verschuldeten italienischen Banken soll durch eine Bankenunion vermindert werden.

- Schließlich denkt man über die Einführung einer Art Parallelwährung nach, u. a. für Handwerkerrechnungen und Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt. Die absolute Kapitulation des Staates!


Die Antwort der Kanzlerin

Die Replik von Angela Merkel auf die römischen Zumutungen kam prompt. Nicht über eine Rede im Bundestag - wie von MdB Christian Lindner (FDP) gewünscht - sondern via Interview in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) am 3. Juni 2018. Hierin präsentierte die Kanzlerin ihre Vorstellungen zur Finanzierung von (sinnvollen) Projekten in der EU.

- Merkel schlägt einen Europäischen Währungsfonds EWF vor. Hierzu soll der bereits existierende ESM, gemeinhin als "Rettungsschirm" bezeichnete "Stabilisierungsfonds", benutzt werden. Er soll erstmals auch für kurzlaufende Hilfskredite zur Verfügung stehen, ähnlich wie auf globaler Ebene der Internationale Währungsfonds IWF. Die Vergabe solch kurzlaufender Kredite soll Regierungen helfen, welche unverschuldet in Schwierigkeiten gekommen sind.

- Weiterhin will Merkel einen "Investivhaushalt" für die Eurozone etablieren. Er soll sich im unteren zweistelligen Milliardenbereich bewegen und schrittweise eingeführt werden, um seine Auswirkungen besser beobachten zu können.

- Schließlich soll ein einheitliches "Europäisches Asylverfahren" an den Außengrenzen eingerichtet werden.

Ob Merkel mit diesen Vorschlägen den toskanischen Professor Giuseppe Conte zufrieden stellen kann, wird sich beim Europagipfel Ende Juni zeigen. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich bereits positiv geäußert, möchte aber trotzdem weiterhin eine Aufstockung der finanziellen Fleischtöpfe.


Die Zukunft ist offen

Niemand weiß derzeit, wie die beiden EU- und Euro-feindlichen italienischen Parteien in der praktischen täglichen Politik agieren werden. Die Lega hat den Austritt aus der Euro-Gemeinschaft aber seit langem auf ihre Fahnen geschrieben. Keiner kann ein souveränes Land wie Italien an diesem Schritt hindern. Juristisch fragwürdiger ist schon die Ankündigung, dass man die aufgelaufenen Kredite nicht zurückzahlen werde.

Nehmen wir für einen Augenblick an, dieser politische GAU träfe wirklich ein, dann entstünde bei den deutschen Staatsfinanzen ein Loch von ca. 1 Billion Euro, entsprechend 1.000 Milliarden. Die Hauptkomponenten sind die italienische Verschuldung bei der EZB, beim Europäischen Stabilisierungsfonds und bei der Target-Bilanz. Aus "fiktiven Papierschulden" wären plötzlich reale - aber nicht einbringbare - echte Schulden geworden.. Grob abgeschätzt in der Höhe der Kosten für die deutsche Wiedervereinigung.

Will man dieses Finanzdefizit stopfen, so könnte man sich als deutscher Finanzminister folgende Maßnahmen vorstellen, welche allesamt die Bundesbürger nicht erfreuen würden:

- eine mehrjährige Erhöhung der Steuern um 3 bis 5 %,
- und/oder:  Reduktion der Gehälter und Renten im öff. Dienst um ca. 10 %,
- und/oder: eine Besteuerung der Festgeldkonten auf 30 bis 40 %,
- und/oder: die Verfügung einer 30- prozentigen Zwangshypothek
   auf Immobilienbesitz.

Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt, aber:

Die Zukunft ist offen.

Sonntag, 3. Juni 2018

Planungs- und Bau- Chaos in Karlsruhe

In Karlsruhe rumort es. Nach fast zehnjährigem Bemühen um die U-Bahn kennen die Bürger ihre Stadt nicht wieder. Mehr als 400 Baustellen sollen (nach einer Auflistung der örtlichen Zeitung) über die ganze Kommune verstreut sein. Und am Horizont warten bereits weitere Großbauten (wie Theater und Stadion), während andere notwendige Investitionen (wie die 2. Rheinbrücke) nicht vorankommen.

Kein Wunder, dass sich der Zorn der Stadtbewohner an ihre Verwaltung richtet. Der bautechnische Sachverstand auf der Bürgermeisterbank wird mehr und mehr angezweifelt. Fakt ist, dass der Oberbürgermeister (OB) Frank Mentrup von seiner Ausbildung her ein Psychiater ist, der für den Bau zuständige Dezernent Michael Oberth ein Jurist mit Erfahrungen im Versicherungsgewerbe und der kürzlich ernannte Bürgermeister Albert Käuflein, zuständig u. a. für die Sicherheit, ein promovierter Theologe.


Die Kombilösung

Der entscheidende verkehrstechnische Fehler bei der sogenannten Kombilösung wurde bereits vor zwei Jahrzehnten gemacht, als der damalige OB Heinz Fenrich und sein Straßenbahnchef Dieter Ludwig anordneten, nicht nur die städtischen Tramlinien, sondern auch die regionalen und geräumigen S-Bahnen durch die Karlsruher Einkaufs- und Flaniermeile, die Kaiserstraße, zu leiten. Als logische Folge kam es in der Innenstadt zu permanenten Staus, was zur nächsten Fehlentscheidung führte: den Beschluss, eine U-Bahn unter der Kaiserstraße sowie einen Autotunnel unter der benachbarten Kriegsstraße zu bauen. 

Im Gegensatz zu den städtischen Ankündigungen wurden die Bautermine und Plankosten ständig überschritten. Anfangs sollte die Kombilösung zum 300. Stadtgeburtstag, also 2015, abgeschlossen sein; heute rechnet man mit der Fertigstellung um die Jahre 2022 bis 2025. --- Parallel mit dieser Verzögerung steigen die Baukosten. Vor dem Bürgerentscheid im Jahr 2002 kalkulierte man mit ca. 500 Millionen Euro. Heute geht die Stadtverwaltung von 1.000 Millionen aus und gelegentlich wird sogar von 1.500 Millionen geunkt. 

Schlimm steht es um die früher so attraktiven städtischen Plätze, welche die Bürger zum Flanieren einluden. Der Durlacher-Tor-Platz ist seit acht Jahren ein überfüllter Abstellplatz für Baugeräte aller Art. Hinzu kommen derzeit nicht weniger als 36 Mannschaftscontainer, die direkt vor dem Eingang der nahen Bernharduskirche platziert sind. Unzählige Baucontainer behindern auch den Verkehr auf dem Europaplatz nahe der Douglasstraße sowie auf der Hälfte des Kronenplatzes. Demgegenüber wird der Marktplatz allmählich leer - ohne dabei attraktiver zu werden. Das von dem genialen Architekten Friedrich Weinbrenner 1797 gestaltete klassische Ambiente ist total leer geräumt und wirkt ohne Bäume und Rosette wie eine Asphaltwüste. 


Die Rheinbrücke

Eine nicht enden wollende Story ist die Rheinbrücke - beziehungsweise der Bau einer zweiten Rheinbrücke zur Entlastung. Die derzeitige (einzige!) Karlsruher Brücke über den Rhein verbindet Baden-Württemberg mit Rheinland-Pfalz und besteht seit 1966. Sie ist hochgradig sanierungsbedürftig. Während früher nur wenige tausend Autofahrer diese Schrägseil-Brücke nutzten, sind es heute bis zu 80.000 pro Tag. Entsprechend abgenutzt ist die Fahrbahnschicht. Sie besteht aus einer nur 12 Millimeter dicken Stahlplatte mit einer acht Zentimeter dicken Asphaltschicht darüber. Letztere ist durch den Schwerlastverkehr bis auf zwei Zentimeter weggeschrumpft und kann jederzeit brechen. Die seit Jahren diskutierten Sanierungsarbeiten sollen nun endlich im Sommer diesen Jahres beginnen. Sie erfordern die Sperrung von vier der sechs Fahrbahnstreifen, wozu an den Wochenenden noch Vollsperrungen hinzu kommen werden. Die veranschlagten Reparaturen werden voraussichtlich 14 Monate dauern.



Die Karlsruher Rheinbrücke

Seit mehr als zehn Jahren wird im Karlsruher Gemeinderat über den Bau einer 2. Rheinbrücke, zur Entlastung der oben beschriebenen Brücke, heftig zwischen den Parteien gestritten. Die CDU/FDP hatten bereits vor ca. zehn Jahren ein Planfeststellungsverfahren darüber eingebracht, welches aber 2013 von der neu formierten Mehrheit der SPD/GRÜNE gestoppt wurde. Diese sogenannte "Mentrup-Mehrheit" will den Bau einer 2. Rheinbrücke, einen Kilometer flussabwärts, auf keinen Fall zulassen und hat dagegen sogar Klage eingereicht. Inzwischen ist der Grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann - unter dem Eindruck der international heftig kritisierten Rheintalsperrung - von der Fahne der Brückenverhinderer gegangen. Man darf deshalb erwarten, dass (irgendwann in fernerer Zukunft) diese notwendige zweite Brücke über den Rhein doch noch geschlagen wird.


Das Staatstheater

Wo so viel Geld für den Verkehr ausgegeben wird, da darf die Kultur nicht abseits stehen. So dachten wohl die Karlsruher Theaterfreunde und regten den Umbau des 1970 neu errichteten Staatstheaters an. Für damals 70 Millionen Mark, nebenbei bemerkt. Und die Stadtverantwortlichen wagten sich 2015 mit einer Zahl an die Öffentlichkeit, die durchaus aufhorchen ließ: 125 Millionen Euro! Nur zwei Jahre später war diese Kalkulation bereits Makulatur. Nun sollte der Preis bei satten 325 Mio Euro liegen. Einige weitere Umbauideen waren hinzu gekommen.

Die daraus resultierende mehrjähige Bauphase zeigt jetzt bereits negative Auswirkungen. Die Suche nach einem neuen Generalmusikdirektor blieb erfolglos; der geschätzte Justin Brown hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, noch einige weitere Jahre zu bleiben. Die ins Auge gefassten Kandidaten scheuen offensichtlich die Widrigkeiten, welche mit einer solchen Generalsanierung ihrer Arbeitsstätte verbunden sind. Und im Opernbetrieb wird bereits spürbar gespart: häufig nur noch vier Aufführungen pro Woche. Stattdessen  geizte der schauspielaffine Intendant Peter Spuler nicht bei der kürzlichen Faustaufführung. Gleich sechs Faustdarsteller traten auf: ein echter und daneben fünf identische Zauseln als "Nebenfauste".

Dennoch, die Planzahl von 325 Millionen liegt vielen schwer im Magen. Insbesondere seit der Gemeinderat Eduardo Mossuto in der "Stadtzeitung" sogar von 500 Mio (oder darüber!) schwadronierte. In München hat man das "Gärtnerplatztheater" noch für 120 Millionen saniert. In Hamburg, freilich, kostete die "Elbphilharmonie" nicht 70 Millionen, wie geplant, sondern abgerechnet satte 866 Millionen Euro. Zahlen sind eben Schall und Rauch - auch in der Kunst.


"Sonstige" Planungs- und Bau-Projekte

Nach Informationen der Finanzbürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz führt die Stadtverwaltung eine Liste, auf der bis zum Jahr 2026 geplante Investitionen in der Höhe von 1.900 Millionen Euro verzeichnet sind. Darüber hinaus gibt es noch eine sogenannte Null-Liste mit Projekten wie dem möglichen Neubau der Stadtbibliothek etc. Spätestens 2022 plant man im Bürgermeisteramt einen "defizitären Ergebnishaushalt" ein. Nachfolgend eine (unvollständige) Liste bereits begonnener bzw. geplanter Bau-Investitionen in Karlsruhe; zumeist ist eine Co-Finanzierung durch Land oder Bund vorgesehen.

Das Hochhaus an der Beiertheimer Allee, 70 Meter hoch und derzeit benutzt vom Landkreis Karlsruhe, muss saniert werden. Kostenpunkt: ca. 100 Millionen Euro.
Das Städtische Klinikum, erbaut 1907, wird seit vier Jahren bereits saniert. Im Zentrum steht ein Neubau, das Haus-M, als modernes Betten- und Funktionshaus. Kostenpunkt: über 100 Millionen. 
Die Europahalle, eine Multifunktionshalle für Großveranstaltungen bis zu 9.000 Personen, muss aus Brandschutzgründen saniert werden. Kostenpunkt: über 20 Millionen. 
Die Klaus-Tschira-Stiftung  will dem KIT ein mehrstöckiges Hochhaus schenken; in unmittelbarer Nähe sind mehrere Universitätsbauten vorgesehen. 
Das Museum Kunsthalle soll saniert und erweitert werden. Geplant sind ein tiefer gelegter Hof mit umlaufender Balustrade. Dabei soll das benachbarte Amtsgerichtsareal mit einbezogen werden. 
Eine Großmoschee für 700 Personen ist in der Planung. Öffentlich diskutiert wird die Genehmigung für ein 35 Meter hohes Minarett. Kostenpunkt: 6 Millionen Euro, wobei die Mischfinanzierung mit ausländischen Geldgebern im Gespräch ist. 

Diese stattliche Anzahl von Investitionen erregt nicht nur Anerkennung, sondern auch Kritik. Insbesondere beklagen sich die Bewohner der städtischen Randsiedlungen, dass für sie zu wenig getan wird. Als trauriges Beispiel wird immer wieder die Bergwaldsiedlung herangezogen. In den Anfangsjahren gab es dort eine Vielzahl nützlicher Geschäfte und Infrastruktureinrichtungen, wie Tankstelle, Lebensmittelläden, Bank, Café, Bäckerei, Drogerie, Arzt etc. Mangels Erweiterung der Bergwaldsiedlung wurde seither alles geschlossen - im Jahr 2015 sogar das sogenannte "Lädle", ein nützlicher "Tante Anna-Laden". Ein trauriges Zeichen für die Karlsruher Gemeindepolitik!


Krönender Abschluss:  das Fußball-Stadion

Den Neubau des maroden "Wildpark-Stadions" haben sich die Chefs des Karlsruher Sport Clubs (KSC) und der Stadtverwaltung fein ausgedacht. Das alte Stadion - ein kombiniertes Leichtathletik-und Fußballstadion mit 35.000 Plätzen und 1955 für 1 Million D-Mark errichtet - soll durch eine gleichgroße, aber mit VIP-Logen ausgestattete, Arena ersetzt werden. Allerdings wird dieses Juwel mit 125 Millionen Euro kalkuliert und ist somit (formell!) um den Faktor 250 teurer. Gleichwohl wurde das Projekt im April 2018 vom Karlsruher Gemeinderat mit großer Stimmenmehrheit durchgewinkt. Im Juni sollen die Vergabeverhandlungen stattfinden, wofür sich nur drei Bieter gemeldet haben. Im September will der Rat den Zuschlag erteilen, sodass im November 2018 mit dem Rückbau der Wälle begonnen werden kann. Für den Neubau plant man tapfer nur zwei Jahre ein - woraus sich für den OB und den KSC-Chef eine erfreuliche terminliche Situation ergibt: OB Frank Mentrup könnte im Jahr 2021 sein 2. Bürgermeister-Mandat anstreben und der Abgeordnete Ingo Wellenreuther seine 6. Bundestagsperiode.

Zwischendurch wollte man im Sommer (über die Relegation) von der 3. Liga in die 2. Bundesliga aufsteigen. Gegen den "Dorfverein" Aue im Erzgebirge (15.000 Einwohner) war das fest eingeplant. Leider war alles nur eine schale Hoffnung: Aue gewann im Heimspiel überzeugend mit 3:1. Alle drei Tore schoss der "Invalide" Sören Bertram, der erst 2016 von Halle zu Aue gewechselt war und dort noch an einem Kreuzbandriss laborierte. --- Der Nichtaufstieg schlägt voll auf die Vereinskasse durch: Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Präsident Wellenreuther einen Fehlbetrag von 1,8 Millionen. Für den Spielerkader in der kommenden Drittligasaison können deshalb maximal 5 Millionen Euro eingeplant werden. Zum Vergleich: Bayern München finanziert seine Fußball-Cracks mit 200 Millionen im Jahr!

Die Katastrophe von Aue hat auch die Renditeberechnungen der Stadt Karlsruhe weitgehend obsolet gemacht. Wer kann ernsthaft glauben, dass der KSC jemals die 75 Millionen Euro "Vorfinanzierung" über die Stadionpacht innerhalb von 33 Jahren an die Stadt zurückzahlen kann? Dazu müsste er sich, viel öfter als bislang, in den (ertragsreichen) Höhen der 1. Bundesliga bewegen. Während der vergangenen 20 Jahre waren dies genau 2 (in Worten: zwei) Jahre, nämlich 2008 und 2009 - unter dem unvergessenen Coach "Ede" Becker. Vielmehr droht eher die Stagnation in der 3. Liga - oder gar die Insolvenz - wie das in der vergangenen Saison bereits den renommierten Vereinen Erfurt und Chemnitz passierte.

Aber vielleicht ist der KSC - wie man immer mal wieder hört - für die Karlsruher ein so gewaltiger Image- und Wirtschaftsfaktor, dass man ihm schon mal 100 Millionen an Steuergeldern schenken darf!