Der Entdecker des Penicillins, Alexander Fleming, 1952 in seinem Labor (AP)
Es dauerte noch bis zum Beginn des 2. Weltkriegs, bis die Amerikaner die ersten Fabriken zur großtechnischen Produktion des Penicillins errichteten. Die Todesrate in den Sanitätszentren der Alliierten sank von diesem Zeitpunkt an weit unter jene der deutschen verwundeten Soldaten. 1945 durfte Alexander Fleming den Nobelpreis für Medizin entgegennehmen. Ein Jahr später landeten die ersten US-Flugzeuge mit (gespendetem) Penicillin in Berlin-Tempelhof für das Krankenhaus Charité. Am 11. März 1955 starb Fleming an den Folgen eines Herzinfarkts.
Entzündungen und Antibiotika
Entzündungen sind im menschlichen Leben gang und gäbe. Fast jeder Gewebeteil kann sich entzünden, weswegen wir von Lungenentzündung, Blutvergiftung oder Blinddarmreizung sprechen. Entzündungen können auch Krankheiten wie Typhus, Cholera, Tuberkulose oder Keuchhusten hervorrufen. Ausgelöst werden Entzündungen von Bakterien oder Viren. Viele Bakterien leben im menschlichen Körper (Beispiel E.coli) und werden von einem gut funktionierenden Immunsystem in Schach gehalten, beispielsweise im Darm. Wenn bakterielle Erreger eine Krankheit hervorrufen, dann sprechen die Ärzte von einer "Infektion". Bei ihnen ist die Anwendung von "Antibiotika" , früher als Penicillin bezeichnet, auf alle Fälle geboten. Bei Viren sind die Antibiotika wirkungslos.
Seit einiger Zeit hat sich eine "schleichende Katastrophe" entwickelt, wie der deutsche Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe dies bezeichnet. Die Antibiotika helfen nicht mehr im früher gewohnten Umfang, ja sie sind zuweilen ganz wirkungslos. Schon eine Harnwegsinfektion oder eine entzündete Wunde kann in solchen Fällen zum Tod führen. Jeden Tag sterben, weltweit gerechnet, 2.000 Menschen an Entzündungen, weil die Antibiotika ihre frühere Heilwirkung verloren haben. Die Bakterien sind gegen diese Medikamente "resistent" geworden, zum Teil, weil sie sich in andere Stämme umgewandelt haben. Das schlägt sich dramatisch in den Kosten der Heilbehandlung nieder: wo früher ein Patient für wenige hundert Euro und kurzer Liegezeit im Krankenhaus geheilt werden konnte, da fallen heute Kosten von zuweilen hunderttausend Euro an und der Kranke muss Monate im Hospital verbringen.
Ursächlich für das Resistenzproblem ist die Tatsache, dass in der Vergangenheit Antibiotika zu vorschnell verschrieben und in zu großem Umfang eingesetzt wurden. Das geschah nicht nur in der Humanmedizin, sondern auch im Agrarbereich, insbesondere der Tierproduktion. Bei Schweinen und Hühnern waren Beigaben von Antibiotika praktisch ein Bestandteil des Futters. So bildeten sich in großer Zahl resistente Mutationen heraus, die sozusagen über das Schnitzel zu den Menschen gelangten. Hinzu kommt, dass in Indien, dem Land das die meisten Antibiotika produziert, große Mengen dieses Medikaments bei der Erzeugung in die Umwelt gelangen und dort resistente Bakterien generieren.
Die Antibiotika- Initiative der G20
Dass Medikamente im Laufe der Zeit ihre ursprüngliche Wirksamkeit verlieren, ist in der Medizin nichts Neues. Die Pharmaindustrie beobachtet dieses Phänomen recht genau und reagiert darauf (zeitgerecht) mit der Entwicklung neuer Medikamente für die gleiche Krankheit. Man kann sich also fragen, warum dies augenscheinlich in dem so wichtigen Bereich der Antibiotika nicht der Fall ist.
Dafür gibt es einen speziellen Grund: weil die Antibiotika sehr schnell wirken, werden sie nur kurze Zeit, etwa eine Woche, bei einem Patienten appliziert. Demgegenüber benötigt ein chronisch kranker Patient sein Herzmedikament in der Regel zehn Jahr oder länger, je nach Lebenszeit. Ähnlich ist die Situation im Diabetes-Bereich. Nun sind aber die Zeitdauer für die Entwicklung eines neuen Meikaments und die damit verbundenen Kosten nahezu gleich: ein neues Medikament wird in der Regel innerhalb von zehn Jahren entwickelt sowie für den Markt zugelassen und kostet jeweils ca. 1 Milliarde Euro an Forschungsgeldern. Somit ist es - aus kommerzieller Sicht - verständlich, wenn sich die Pharmafirmen auf solche Medikamente konzentrieren, bei denen der Absatz und damit die Refinanzierung ihrer Forschungsaufwendungen gesichert ist. Das ist leider im Antibiotika-Bereich (wegen der hervorragenden Wirkung des Medikaments) nicht der Fall.
In dieser vertrackten Lage kommt die Gruppe G20 ins Spiel, jener Zusammenschluss der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Beim kürzlichen Jahrestreffen in Hamburg standen - auf Veranlassung von Bundeskanzlerin Merkel - erstmals Gesundheitsthemen auf der Agenda, darunter die Problematik der Antibiotikaresistenzen. Die Mitglieder der G20 einigte sich auf eine sogenannte "Anschubfinanzierung" für die (zumeist) kleinen Firmen, welche sich mit der Erforschung resistenzfreier Arzneien auf dem Infektgebiet befassen. Die interstaatliche Finanzierung soll aber nicht über klassische Subventionen geschehen, sondern nur jenem Unternehmen zukommen, welches als Erstes mit einem brauchbaren Medikament auf den Markt kommt. Also: einmalige Erstattung nur im Erfolgsfall! Für die G20-Gruppe bedeutet dies eine Bereitstellung von 100 Millionen Euro über 10 Jahre. Sicherlich kein zu hoher Betrag, wenn man dafür jährlich (!) die Leben von 700.000 Menschen retten kann, deren Entzündungen sonst tötlich verlaufen würden.
Es ist jammerschade, dass diese wichtige Initiative von Merkel und Gröhe beim G20-Gipfel in den Medien nicht die ihr gebührende Aufmerksamnkeit gefunden hat. Sie wurde überdeckt von den höherpolitischen Themen, wie Klimawandel, Freihandel, Terror u.a.m. Besonders aber durch ein Übermaß an Berichterstattung zu den Krawallen in Hamburg.
Dieser Blog soll dem ein bisschen entgegenwirken.
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