Am Anfang: blanke Euphorie
Es war der Medienunternehmer Peter Leibold, der vor einem dutzend Jahren - noch unter Bundesumweltminister Jürgen Trittin - die Firma "German Pellets" gründete. In Wismar, nicht weit entfernt vom Ostseehafen, ragten seine Silos in die Höhe mit der Aufschrift: "Energie, die nachwächst". In den Sägewerken pressten Maschinen Abfallholz, wie Sägemehl, Hobelspäne und Schleifstaub zu Pellets. Das waren kleine zylinderförmige Stäbchen, die aussahen wie Trockenfutter für Hunde. Zwei Tonnen dieser Pellets sollten den Brennwert von einer Tonne Öl besitzen; zur Lagerung benötigte man drei Kubikmeter Raum für eine Tonne Öläquivalent. Für eine Kilowattstunde Energie aus diesen Pellets musste man 3,5 Cent aufwenden.
Der vormalige Medienmanager war ein Alphamensch. Jemand also, der vorgibt, wo es langgeht, und andere dazu bringt, ihm zu folgen. Zur Eröffnung des Abhollagers in Wismar ließ er sich den Gag einfallen, dass die Kunden - innerhalb von 100 Sekunden - kostenfrei so viele Säcke mitnehmen durften, wie sie tragen konnten. Bald breiteten sich im Hafenviertel (neben German Pellets) viele weitere Unternehmen aus, wie: German Pellets Logistics, German Pellets Supply, German Horse Pellets, German Pellets Service, German Pellets Genussrechte und so weiter. Und all diese Firmen gehörten den Leibolds - nämlich Peter Leibold zu 60 Prozent und seiner Ehefrau Anne Kathrin zu 40 Prozent. Zwei riesige Fabriken haben die Leibolds in den amerikanischen Bundesstaaten Texas und Louisiana errichten lassen. Beide wurden von der Ehefrau geführt, die deutschen Firmen in Wismar mussten Pacht - und Lizenzzahlungen entrichten.
Zwischen den etwa 20 Firmen wurde ein reger Handel betrieben. Immer wieder verkaufte beispielsweise die Mutterfirma German Pellets an die Tochter Supply Rohstoffe und Pellets im Wert von Millionen - und kaufte diese Güter alsbald wieder zurück. Ein betriebswirtschaftlicher Sinn war in diesem Karussell nicht zu erkennen, aber der Papier-Umsatz des Konzerns ging steil nach oben. Bald wurden private Anleger auf das Unternehmen aufmerksam und kauften begierig Anteilsscheine in Form von Anleihen oder (noch schlimmer) als Genussscheine. Im Jahr 2014 waren die Leibolds mit 540 Millionen Euro am Kapitalmarkt aktiv.
Von Asche zu Asche
Es kam, wie es kommen musste: die Leibolds konnten ihre "Schuldscheine" nicht mehr bedienen und mussten im Februar 2016, also vor genau einem Jahr, Insolvenz anmelden. Der sinkende Ölpreis hat sicherlich dazu beigetragen. Seitdem versucht ein Heer von Anwaltskanzleien unter hohen Kosten das Firmendickicht zu durchdringen und restliche Vermögenswerte aufzuspüren. Das ist bislang nur ansatzweise gelungen. Offensichtlich ist ein Großteil des Geldes in die USA abgesickert, wo es (wegen der komplexen Rechtslage) nicht direkt greifbar ist. Ein anderer Teil befindet sich in Form einer "Stiftung" in Österreich. Der Stiftungssinn ist nicht ohne weiteres zu erkennen, aber die Begünstigte ist Frau Leibold. Es wird vermutet, dass die verschachtelte Firmenstruktur absichtlich gewählt worden ist, um das Geld der Anleger unter private Kontrolle zu bringen.
Die bisherigen Recherchen ergeben, dass German Pellets mit mindestens 250 Millionen Euro (ohne direkte Gegenwerte) verschuldet ist. Die etwa 15.000 Anleger werden von ihrem Geld wenig bis nichts mehr sehen. Etwa 650 Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz verloren. Zur Zeit wird der Geschäftsbetrieb von einer Insolvenzverwalterin halbwegs aufrecht erhalten, welche vom Gericht bestellt wurde. Auch zunächst konzernfremde Unternehmen, wie der oberfränkische Ofenhersteller Kago wurden von der Pleite betroffen; die genannte Firma musste Konkurs anmelden. Bis das weit verzweigte Firmengeflecht durchleuchtet ist, wird noch einige Zeit andauern.
Ein Phönix aus der Asche
Inzwischen hat der amerikanische Investor Metropolitan Equity Partners (MEP) Teile von German Pellets gekauft und in "Wismar Pellets" umgetauft. Ein Teil der früheren Beschäftigten steht wieder in Lohn und Brot. Wegen des lang andauernden Winters und der gestiegenen Ölpreise sind die beiden Pellet-Produktionslinien in Wismar voll ausgelastet. Pro Woche könnten 5 bis 6.000 Tonnen Pellets verkauft werden.
Gegen den früheren Eigentümer Peter Leibold wird wegen Verdacht auf Insolvenzverschleppung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Rostock hat ihn jedoch nicht in Untersuchungshaft genommen, da "auch für ihn die Unschuldsvermutung gelte und er sich für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt habe".
Noch irgendwelche Fragen?
Der vormalige Medienmanager war ein Alphamensch. Jemand also, der vorgibt, wo es langgeht, und andere dazu bringt, ihm zu folgen. Zur Eröffnung des Abhollagers in Wismar ließ er sich den Gag einfallen, dass die Kunden - innerhalb von 100 Sekunden - kostenfrei so viele Säcke mitnehmen durften, wie sie tragen konnten. Bald breiteten sich im Hafenviertel (neben German Pellets) viele weitere Unternehmen aus, wie: German Pellets Logistics, German Pellets Supply, German Horse Pellets, German Pellets Service, German Pellets Genussrechte und so weiter. Und all diese Firmen gehörten den Leibolds - nämlich Peter Leibold zu 60 Prozent und seiner Ehefrau Anne Kathrin zu 40 Prozent. Zwei riesige Fabriken haben die Leibolds in den amerikanischen Bundesstaaten Texas und Louisiana errichten lassen. Beide wurden von der Ehefrau geführt, die deutschen Firmen in Wismar mussten Pacht - und Lizenzzahlungen entrichten.
Eine Hand voll Pellets
Zwischen den etwa 20 Firmen wurde ein reger Handel betrieben. Immer wieder verkaufte beispielsweise die Mutterfirma German Pellets an die Tochter Supply Rohstoffe und Pellets im Wert von Millionen - und kaufte diese Güter alsbald wieder zurück. Ein betriebswirtschaftlicher Sinn war in diesem Karussell nicht zu erkennen, aber der Papier-Umsatz des Konzerns ging steil nach oben. Bald wurden private Anleger auf das Unternehmen aufmerksam und kauften begierig Anteilsscheine in Form von Anleihen oder (noch schlimmer) als Genussscheine. Im Jahr 2014 waren die Leibolds mit 540 Millionen Euro am Kapitalmarkt aktiv.
Von Asche zu Asche
Es kam, wie es kommen musste: die Leibolds konnten ihre "Schuldscheine" nicht mehr bedienen und mussten im Februar 2016, also vor genau einem Jahr, Insolvenz anmelden. Der sinkende Ölpreis hat sicherlich dazu beigetragen. Seitdem versucht ein Heer von Anwaltskanzleien unter hohen Kosten das Firmendickicht zu durchdringen und restliche Vermögenswerte aufzuspüren. Das ist bislang nur ansatzweise gelungen. Offensichtlich ist ein Großteil des Geldes in die USA abgesickert, wo es (wegen der komplexen Rechtslage) nicht direkt greifbar ist. Ein anderer Teil befindet sich in Form einer "Stiftung" in Österreich. Der Stiftungssinn ist nicht ohne weiteres zu erkennen, aber die Begünstigte ist Frau Leibold. Es wird vermutet, dass die verschachtelte Firmenstruktur absichtlich gewählt worden ist, um das Geld der Anleger unter private Kontrolle zu bringen.
Die bisherigen Recherchen ergeben, dass German Pellets mit mindestens 250 Millionen Euro (ohne direkte Gegenwerte) verschuldet ist. Die etwa 15.000 Anleger werden von ihrem Geld wenig bis nichts mehr sehen. Etwa 650 Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz verloren. Zur Zeit wird der Geschäftsbetrieb von einer Insolvenzverwalterin halbwegs aufrecht erhalten, welche vom Gericht bestellt wurde. Auch zunächst konzernfremde Unternehmen, wie der oberfränkische Ofenhersteller Kago wurden von der Pleite betroffen; die genannte Firma musste Konkurs anmelden. Bis das weit verzweigte Firmengeflecht durchleuchtet ist, wird noch einige Zeit andauern.
Ein Phönix aus der Asche
Inzwischen hat der amerikanische Investor Metropolitan Equity Partners (MEP) Teile von German Pellets gekauft und in "Wismar Pellets" umgetauft. Ein Teil der früheren Beschäftigten steht wieder in Lohn und Brot. Wegen des lang andauernden Winters und der gestiegenen Ölpreise sind die beiden Pellet-Produktionslinien in Wismar voll ausgelastet. Pro Woche könnten 5 bis 6.000 Tonnen Pellets verkauft werden.
Gegen den früheren Eigentümer Peter Leibold wird wegen Verdacht auf Insolvenzverschleppung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Rostock hat ihn jedoch nicht in Untersuchungshaft genommen, da "auch für ihn die Unschuldsvermutung gelte und er sich für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt habe".
Noch irgendwelche Fragen?
Bei allen Arten von privaten, ungesicherten Finanzierungen kommerzieller Vorhaben über (nachrangige) Anleihen, Genußrechte o. ä. muß man heute stets mit in Erwägung ziehen, daß sich der Anleiheemittent gesellschaftsrechtlich extra so organisiert, um im Rahmen eines wohl nicht direkt angestrebten, aber angesichts der enormen unternehmerischen Risiken jederzeit möglichen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung, wie sie das deutsche Insolvenzrecht ab dem Jahr 2012 ermöglicht, sich von "lästigen Verbindlichkeiten" entschädigungslos zu trennen.
AntwortenLöschenGerade bei "Gutmenschenanlagen" werden kaum berechnende, bösartige Schuldner vermutet.
Das sind die Retter unserer Erde! Wie dumm müssen Menschen sein auf solche Lichtgestalten herein zu fallen?
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