Sonntag, 15. Januar 2017

Intelligente Wesen in der Milchstraße?

Wenn man, bei sternklarer Nacht, zum Himmel empor blickt, dann kann man, mit bloßem Auge, etwa 3.000 Sterne erkennen. Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, an derem Rand sich die Erde befindet, besitzt etwa 100 Milliarden Sterne (also leuchtende Sonnen) und zumindest gleich viele "kalte" Planeten. Da drängt sich wohl jedem Menschen gelegentlich die Frage auf:
"Gibt es - neben uns - weitere menschenähnliche Wesen in der Milchstraße? Und wenn ja, wie viele könnten es sein? Hunderte, Tausende oder gar Millionen?"
Bei einer EMNID-Umfrage im Jahr 2002 waren 50 Prozent der Befragten der Überzeugung, dass es solche "Außerirdische" in reicher Zahl gäbe. Als Grund gaben sie zumeist an, dass dies bei der Anzahl der Planeten schon der "gesunde Menschenverstand" gebiete.

Seit einem guten halben Jahrhundert beschäftigen sich auch Astrophysiker und Astrobiologen ernsthaft mit dieser Frage. Im Jahr 1961 stellte der amerikanische Physiker Frank Drake sogar eine mathematische Formel vor, mit der man die Anzahl der ETI-Zivilisationen angeblich berechnen konnte, wobei ETI für Extra-Terrestrical-Intelligence steht. Zum Leidwesen sind die meisten Faktoren dieser relativ einfachen Formel aber unbekannt - wie etwa der Anteil der Planeten mit Leben oder die durchschnittliche Lebensdauer einer technischen Zivilisation. Infolgedessen schwanken die Rechenergebnisse aus der Drake-Formel sehr heftig zwischen einer (Erde!) und vier Millionen intelligenter Zivilisationen in unserer Milchstraße geben. Da ist für jedem etwas drin.


Das Fermi-Paradoxon

Das Problem der extraterrestrischen Zivilisation wurde auf eine andere Ebene gehoben durch eine Aussage des Physikers Enrico Fermi. Dieser in Italien geborene und in die USA ausgewanderte Wissenschaftler (Nobelpreis 1938) war berühmt für seine Fähigkeit Probleme abzuschätzen, für die eigentlich gar keine Daten vorhanden waren. Beispielsweise warf er beim ersten Atombombentest 1945 ("Trinity") Papierschnipsel in die Luft und beobachtete, wie weit diese durch die Druckwelle fortgeblasen wurden. Daraus konnte er mit erstaunlicher Genauigkeit die Sprengkraft der Bombe abschätzen, lange bevor die Sensormessungen ausgewertet waren.

Ein weiteres Problem, dessen sich Fermi angenommen hat, ist als "Fermi-Paradoxon" in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Im US-Forschungszentrum Los Alamos, auf dem Weg zur Kantine, wurde er von seinem Physiker-Freund Edward Teller darüber befragt, was er von den Außerirdischen und den UFOs hielte, über die damals in allen Zeitungen der Welt spekuliert wurde. Fermi antwortete mit der berühmt gewordenen kurzen Gegenfrage:
"Wenn es Außerirdische gibt, wo sind sie?"
In Langfassung wollte Fermi damit folgendes ausdrücken: Wenn es Außerirdische intelligente Wesen in der Milchstraße gäbe, dann würden sie in großer Zahl existieren und hätten sich längst auf der Erde durch einen Besuch oder durch Funkverkehr bemerkbar gemacht. Da dies aber nicht der Fall ist, stimmt diese Voraussetzung nicht. Das heißt, seines Erachtens gibt es -außer auf der Erde - entweder keine weiteren intelligenten Zivilisationen in unserer Galaxie, oder wenn ja, dann nur in ganz kleiner Anzahl (etwa 3 bis 5). Dieser Widerspruch ist der Kern des Fermi-Paradoxons.


Edward Teller und Enrico Fermi

Einige Überlegungen und Zahlen sollen andeuten, dass es auf erstem Blick durchaus gute Gründe für eine gewisse Anzahl von intelligenten Wesen in der Milchstraße gibt und entsprechendem Reise-und Funkverkehr zwischen den bewohnten Planeten. Etwa nach folgender Logik:
Unsere Erde besteht seit 4.500 Millionen Jahre, der Mensch hat sich (aus dem Schimpansen) seit etwa 7 Millionen Jahren herausgebildet. Erhebliche Teile der Milchstraße sind aber 5.000 Millionen Jahre älter. In diesem langen Zeitraum könnten sich durchaus intelligente Wesen ausgebildet haben. Apropos Raumfahrt: die menschlichen Raumfahrer werden unseren Nachbarplaneten Mars sicherlich noch in diesem Jahrhundert besuchen; die Erkundung der äußeren Planten unseres Sonnensystem könnte noch in diesem Jahrtausend technisch möglich sein. Unterstellt man ähnliche Fähigkeiten den fremden Zivilisationen, so ist die - nur 100.000 Lichtjahre ausgedehnte - Milchstraße im Laufe von ca. 100 Millionen Jahre durchaus in Gänze "befahrbar", also innerhalb des oben genannten Zeitbereichs von 5 Milliarden Jahren. Ein konkreter Anlass für solchen "Tourismus" könnte zum Beispiel das allmähliche Verlöschen des Heimatsternes und das damit einhergehende kalte Klima sein.
Von da her gesehen ist Fermis Annahme der Singularität des Menschen also erstaunlich. Aber sie stützt sich, wie oben ausgeführt, darauf, dass wir solche Aliens auf der Erde bisher weder gesehen haben, noch, dass wir ihren Funkverkehr abhören konnten - obwohl die Agentur SETI seit mehr als 50 Jahren in den Weltraum hinein horcht.

Die großen Filter

Warum gibt es also so wenige - oder überhaupt keine - intelligenten Kulturen in unserer Milchstraße? Nun, die Erzeugung intelligenter Wesen von den Aminosäuren bis zu ETI-Kulturen, die in der Lage sind, die Milchstraße zu durchqueren, ist eine langwierige und hochkomplexe Angelegenheit. Da muss vieles zusammenpassen; die Evolutionsbiologen stimmen mit den Astrophysikern überein, dass dies nur in den allerseltensten Fällen glückt. Der Grund dafür ist, dass es auf diesem langen Weg vom Einzeller zu außerirdischen Kulturen etwa ein Dutzend "Filter", sprich Hürden gibt, die ungemein schwer zu überwinden sind. Bereits der Anfang, der Weg von der anorganischen Materie zum Einzeller, ist extrem komplex. Es muss eine Zellhülle existieren, in der zufälligerweise bestimmte Proteine (Ribosome) am Werke sind, die wiederum von einem sehr komplizierten Genom gesagt bekommen, wie sie andere Zellproteine produzieren, abbauen und umformen (Enzyme) - um nur wenige Komponenten des zellulären Lebens zu benennen. Wie kann dieses so orchestrierte, aber extrem komplexe Zusammenspiel "aus dem Nichts" entstehen? Bereits diesen ersten kritischen Schritt der Evolution haben die Biologen bis heute nicht verstanden.

Einen weiteren Filter stellt der Darwin´sche Selektionsprozess dar. Es gibt keine zielgerichtete Selektion, beispielsweise vom Langhaardackel zum Menschen. Jedes Wesen kann sich auf erratischem Wege auch zurück entwickeln. Selbst ein größeres Gehirn könnte bei der Evolution ein Nachteil sein, weil dieses Organ - im Vergleich zur Körpermasse - sehr viel Energie verbraucht. Diese kann im Ernstfall fehlen, etwa wenn ein Urmensch vor einem Raubtier fliehen muss.

Schließlich, um noch einen dritten Filter herauszugreifen: die außerirdische Zivilisation muss auch lange genug leben und sich fortentwickeln, bis sie zu Raumfahrten fähig ist. Bei der Menschenrasse ist das erst seit dem Jahr 1969 mit der Mondfahrt der Fall. Ob wir, angesichts unseres Zerstörungspotentials (Atombomben, Kriege, Terror etc.) noch weitere tausend oder gar Millionen Jahre leben werden - und uns ständig so fortentwickeln, dass wir größere innerplanetarische Raumfahrten unternehmen können  - darauf möchten die Soziologen heute keine Wette abschließen.
Im Wesentlichen hängt das Bestehen von ETI-Kulturen in unserer Galaxie von den beiden Fragen ab:
Wie wahrscheinlich entsteht intelligentes Leben aus einfachen organischen Molekülen und wie lange existieren die intelligenten Zivilisationen.


Auch allein im Universum?

Wenn wir schon - mutmaßlich - nur mutterseelenallein in unserer Galaxie existieren, so lasst uns noch einen Blick ins Universum, also jenseits der Milchstraße, werfen. Dort gibt es noch jede Menge Galaxien, ungefähr 100 Milliarden, wie man vor zwei Jahrzehnten angenommen hat. Es ist die feste Überzeugung der Wissenschaftler (oder sollte man nicht besser sagen: ihre derzeitige Hypothese), dass es im Weltall auch Milliarden von Planeten gibt, die - ähnlich wie die Erde - von "Aliens" auf verschieden hohen Evolutionsstufen bevölkert sind.

Ja, es muss sie geben, denn im April des Jahres 2000 haben die Kosmologen herausgefunden, dass unser Universum nicht begrenzt, sondern stattdessen unendlich groß ist. Und das Weltraumteleskop "Planck" bestätigte diese Annahme, als es im März 2016 ein flaches Universum beobachtet hat. Flach bedeutet in der Sprache der Astrophysiker nicht gekrümmt und dieser topologische Sachverhalt führt zu der Konsequenz, dass der uns umgebende Raum unendlich ausgedehnt sein muss. Und wo es somit unendliche viele Planeten gibt, da muss es - nach der Logik der Kosmologen - auch unendlich viele intelligente Wesen geben.

Aber nicht nur das! Es muss auch unendlich viele "Klone" geben, das heißt genetisch identische Kopien von allen Lebewesen. Also viele Willy Marths und viele Angela Merkels. Hier höre ich mit diesen Science-Spekulationen auf, um mir nicht die Gunst meiner Blogleser zu verscherzen.

Derzeitiger wissenschaftlicher "Fakt" - unter den genannten Voraussetzungen - ist, dass wir in unserer Milchstraße als intelligente Zivilisation vermutlich (praktisch) allein existieren, aber, dass es draußen im Weltall, noch unendlich viele weitere Kulturen geben muss, mit denen wir aber niemals  in Kontakt kommen können. Der Grund dafür sind die gigantischen Entfernungen zwischen diesen Galaxien.

Glücklicherweise.
(Sollte aber doch jemals ein Raumschiff mit Aliens auf der Erde landen, dann ist Reißaus geboten. Denn: Kolonisten kommen selten als Freunde.)




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