Freitag, 27. Januar 2017

Daten zur deutschen Stromversorgung 2016

Nach Ablauf des Jahres 2016 erscheint es mir opportun, einige aktuelle Daten zur deutschen Stromversorgung (nebst knapper Kommentierung) vorzulegen, nachdem in dieser Blogreihe zumeist technische und politische Probleme der Stromwirtschaft den Vorrang hatten.

Zur Übersicht: die Nettostromerzeugung im Jahr 2016 betrug in Deutschland ca. 550 Terawattstunden (TWh). Das ist der Strommix, welcher tatsächlich aus der Steckdose kommt. Bei der Bruttostromerzeugung - ca. 650 TWh - berücksichtigt man auch die Eigenerzeugung der Industrie, beispielsweise im Bergbau und in der Chemie; diese hat in den folgenden grafischen Darstellungen keinen Eingang gefunden. Bei den Daten stütze ich mich vor allem auf Erhebungen des Fraunhoferinstituts ISE in Freiburg, auf die Plattform Agora Energiewende in Berlin sowie auf Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

In Europa ist Deutschland der größte Stromerzeuger. Die jetzt verfügbaren Zahlen der Nettoproduktionen für das Jahr 2014 ergibt folgende Reihung: Deutschland (592 TWh), Frankreich (539), Großbritannien (322),  Italien (269), Spanien (268), Schweden (150), Polen (145). Die in diesem Blog zitierten Zahlen der verschiedenen Quellen sind (im niedrigen Prozentbereich) leicht different, ohne dass dafür ein Grund angegeben werden kann.

Merke:  1 TWh =1 Terawattstunde
                          =1000 Gigawattstunden (GWh)
                          =1 Million Megawattstunden (MWh)
                          =1 Milliarde Kilowattstunden (KWh)

Einige Grafiken zur Stromwirtschaft



Abb.1: Verteilung der Nettostromerzeugung auf die verschiedenen Energieträger (ISE)
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Die Grafik zeigt die acht wichtigsten deutschen Energieträger. Kernenergie, Braunkohle, Steinkohle und Gas werden den konventionellen Energien zugerechnet und liefern insbesondere Konstantstrom im Bereich der Mittel-und Grundlast. Wasserkraft, Biomasse, Wind und Solar gehören zu den erneuerbaren Energien; ihr Beitrag zur gesamten Stromversorgung ist unstetig und u. a. abhängig von Wetter und Standort.


Abb. 2: Veränderung der Nettostromerzeugung 2016 gegenüber Vorjahr 2015 (ISE)
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Die Stromproduktion aus Kernkraft ging 2016 - im Vergleich zu 2015 - um 7,8 % zurück; ursächlich war die Abschaltung des KKW Grafenrheinfeld im Juni 2015.
Die Gaskraftwerke haben 2016  ca. 44 TWh netto für die öffentliche Stromversorgung produziert. Dieser markante Aufwärtstrend von 46 % resultiert hauptsächlich aus den niedrigen Gaspreisen. Die Energieeinspeisung aus Braunkohle. Steinkohle, Wind und Solar ging entsprechend zurück.


Abb. 3: Anteile der verschiedenen Stromerzeuger im Jahr 2016 (ISE)
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Die wichtigsten Energieträger in Kreisdarstellung.
Merke: im Jahr 2016 haben die erneuerbaren Energien mit ca. einem Drittel zur deutschen Stromversorgung beigetragen.



Abb. 4: Stromexportsaldo 2010 bis 2016 (ISE)
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Im Jahr 2016 wurde bei Strom ein Exportüberschuss von ca. 50 TWh erzielt. Dieser Wert stellt nach den alten Rekordjahren 2012 bis 2015 wieder einen neuen Spitzenwert dar und liegt um etwa 2 TWh bzw. 4% über dem Niveau von 2015. Der Großteil der Exporte floss in die Niederlande, die einen Teil nach Belgien und Großbritannien weiter leiteten. Auf Rang zwei folgt die Schweiz, die hauptsächlich als Transitland nach Italien dient. An dritter Stelle liegt Frankreich, wo einige Kernkraftwerke aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden mussten. Rang vier belegt Polen, das einen Teil des Stroms aus den neuen Bundesländern über Tschechien nach Süddeutschland transportiert.
Eingeführter Strom kostet durchschnittlich 37, ausgeführter 35 Euro/MWh. Der durchschnittliche (day-ahead) Börsenstrompreis ist auf 28 Euro/MWh gefallen und liegt inflationsbereinigt ungefähr auf dem Niveau von 2002.


Abb. 5: Stromerzeugung im ersten Quartal 2016 (Agora)
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Die Stromerzeugung im ersten Quartal 2016:
hohe Last und Winterstürme zu Beginn des Jahres.


Abb. 6: Stromerzeugung im dritten Quartal 2016 (Agora)
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Die Stromerzeugung im dritten Quartal 2016:
ein sonniger Sommer mit wenig Wind


Abb. 7: Haushaltsstrompreise 2007 bis 2017 (Agora)
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Die Haushaltsstrompreise werden im Jahr 2017 erstmals die 30-Cent-Marke überschreiten.
Die Ursachen sind gestiegene Netzentgelte, gestiegene EEG-Umlage und hohe Vertriebsmargen.

Ausblick

Die Zukunft der deutschen Stromwirtschaft - für die kommenden 10 bis 15 Jahre - ist schwer einzuschätzen. Relativ gesichert ist die Abschaltung der noch laufenden 8 Kernkraftwerke bis 2022; dafür wurde im Sommer 2011 eigens ein Bundesgesetz erlassen. Demnach wird noch in diesem Jahr  das Kernkraftwerk Gundremmingen B vom Netz genommen werden. Ob man es wagen wird  (im Jahr 2022!) auf einem Schlag die drei leistungsstarken  KKW Isar 2, Emsland und Neckarwestheim II abzuschalten, hängt vom Ausbau der großen Nord-Süd-Gleichstromleitungen ab. Die Inbetriebnahme dieser Trassenprojekte hat sich von 2019 auf 2021/22 verzögert. Außerdem werden sie, wegen des Übergangs auf Erdverkabelung, um den Faktor 5 bis 10 teurer. Damit steigen auch weiterhin die Stromkosten für die Privathaushalte.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien (EE), insbesondere für Wind und Solar wird sich wohl verlangsamen, weil künftige Genehmigungen dem Wettbewerb via Auktionen unterliegen. Die gesteckten Ziele - 2030:50 %,  2040:65 % und 2050: 80 % - sind sehr ambitioniert; man darf zweifeln, ob sie erreicht werden. Die Klimaziele, wie in Paris vereinbart, werden sicherlich verfehlt werden, da die Grundversorgung mit Strom (in Abwesenheit von Kernkraftwerken und Großspeichern) und die Stabilhaltung der Netze nur über die CO2-haltigen Energieträger Braunkohle, Steinkohle und Erdgas geschehen kann. Wobei das Zertifikatesystem der Europäischen Union keinen Beitrag zum Klimaschutz liefert, weil es die CO2-Freisetzungen nur räumlich verlagert.

Entscheidend für den Fortgang der Energiewende sind unter anderem die hohen, sich abzeichnenden Kosten. Bei der Einführung des EEG im Jahr 1990 versprach der damalige Umweltminister Jürgen Trittin "Mehrkosten von gerade mal  1 Euro pro Familie und Monat, etwa so viel wie eine Kugel Eis". Heute beträgt die EEG-Umlage für eine Durchschnittsfamilie allein das 20fache, nämlich ca. 20 Euro pro Monat. Die jährlichen Kosten für die Einspeisevergütung liegen bei 25 Milliarden Euro - die 2 Milliarden für die eingesparten Brennstoffkosten bereits gegen gerechnet. Tendenz: stark steigend! Die Gesamtkosten der Energiewende bezifferte der heutige Kanzleramtsminister Peter Altmeier in seiner früheren Funktion als Umweltminister auf 1 Billion Euro.

Fazit: Eines fernen Tages könnten die Menschen vielleicht nicht mehr bereit (oder in der Lage) sein, diese hohen Kosten zu tragen.
Die deutsche Energiewende würde auf halbem Wege stecken bleiben.

5 Kommentare:

  1. Lieber Herr Dr. Marth,
    gern lese ich ihre vielseitigen Artikel und bedanke mich für die Link-Zusendung während des vergangenen Jahres.
    Aber hier komme ich ohne eine kritische Meinungsäußerung (stichwortartig) nicht aus: Erstens:
    Um ein Energiesytem zu charakterisieren sind immer Arbeit und Leistung vonnöten (Energie ist eine Spezies besonderer Art: kWh sind nicht gleich kWh).
    Zweitens
    Kernenergie ...... sind konventionelle Energieträger und liefern leistunggerechte elektrische Arbeit („Speicherung“ inhärent)
    Drittens
    Wind und Solar .... gehören zu den sogenannten „regenerativen Energien“ und liefern nur sporadische (wetterabhängige) elektrische Arbeit und machen demzufolge eine externe (sehr teure) indirekte Speicherung des Stromes erforderlich.
    Nach dem 2. HS der Thermodynamik kann aber Energie nicht regeneriert, sondern nur umgewandelt werden (eine derartige Ausdrucksweise ist bewusste Ignoranz der physikalischen Gesetze).
    Viertens
    Beide deutlich in der Qualität unterschiedliche elektrische Arbeiten kann man nicht in einen Topf werfen: grafisch darstellen usw. (wenngleich dies heute eine allgemein als Täuschungsmanöver geübte Praxis darstellt).
    Fünftens Gefreut habe ich mich damals über Ihre Feststellung der Kapitalvernichtung im Artikel über Stillegung des KKW Grafenrheinfeld.
    Warum hier analog kein Wort dazu? Fotovoltaik hat einen „Leistungskoeffizien“ von ca 10%; das bedeutet ca 90% der Investitionen beteiligen sich überhaupt nicht aktiv an der „Wertschöpfung“. Im übrigen hat eine Studie an ETH Zürich (Ferroni) ergeben, daß der EROI bei ca 1 liegt; d.h. die Nettostromabgabe ist über die gesamte Laufzeit (20 – 25 Jahre) praktisch 0,0. Bei Wind sieht es zwar günstiger aus („Leistungskoeffizient“ ca 15 – 20%), aber prizipiell analoge Aussage. Sechstens
    Sie haben Recht; die Kugel Eis hat sich ganz schön „aufgebläht“. Aber wenn ich von 25 Mia € / a Einspeisevergütung ausgehe, dann sind das bei ca 80 Mio Einwohner in der BRD ca 300 € / a person. Bei einer dreiköpfigen Minifamilie ergeben sich daraus ca 80 € / monat – eine ganz schöne Kuller.
    Mit freundlichen Grüßen
    Peter Baars

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  2. Sehr geehrter Herr Dr. MArth,

    bei der Berechnung der Kosten der Energiewende werden immer wieder falsch gerechnet. (Pro Kopf der Bevölkerung: 80 Millionen Menschen bezahlen 25.000 Millionen Euro jährlich). Das sind etwas mehr als 300 €uro
    jährlich pro Kopf der Bevölkerung. Da auch Strom für Produkte für den Export verwendet wird, diese aber dementsprechend teurer werden, zahlen wir diese Kosten
    indirekt mit. Eine durchschnittliche Familie zahlt somit
    über 1000 € für die Energiewende jährlich.
    info@franquinet.de

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  3. Im Oktober 2016 hat Prof. Fritz Vahrenholt, erst Umweltsenator in Hamburg, dann späterb CEO von RWEs Windkraftableger innogy, einen bestürzenden Vortrag über das deutsche Stromnetz und die 'Erneuberbaren' Energien als Gutachter vor dem britischen Parlament gehalten. Hauptsatz: 'Wenn dieselbe Strompolitik im Inselstaat Grossbritannien gemacht würde, wäre das britische Stromnetz längst zusammengebrochen'. Die gesamte Überschussproduktion fliesst ins Ausland ab, die Regellast wird von konventionellen Kraftwerken http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=383454 geschultert, die aber immer weiter abgebaut werden, da Überangebote an Wind- und Sonnenstrom negative (!) Preise an den Strombörsen verursachen und die Anrainerstaaten bauen Phasenschieber ein, um den deutschen Strom, der ihre Netze an den Rand des Kollaps bringt, zu schützen. Gleichzeitig wird aber auch nicht erzeugter "Strom" bei Wind und Sonne 'vergütet' - was der chinesische Aussenminister nicht glauben wollte, als ihm Sigmar Gabriel das sagte und seinen Dolmetscher beschimpfte, er solle gescheit uebersetzen ;-) ...

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  4. Abbildung 6 stammen aus "Agora_Jahresauswertung-2016_WEB.pdf" Seiten 8 und 9

    Seit der Wende habe ich selbst Projekte mit „erneuerbaren Energien“ entwickelt. Aber gerade deshalb weiß ich, dass wegen ihrer Fluktuationen eine Elektroenergieversorgung mit ihnen unmöglich ist!
    Die Abbildung 6 suggeriert, dass PV-Strom 24 Std am Tag scheint. Was soll dieser Unsinn? Dieser Unsinn soll darüber hinwegtäuschen, dass PV Strom nicht versorgungswirksam eingesetzt werden kann.
    Sind die Leute dieser Agora-Sekte so dumm oder wollen sie uns als dumm verkaufen? Letzteres müßte man als Betrug bezeichnen.
    Wenn Volkswirtschaftler wie Agora-Direktor Graichen und STS Baake (Ex-Agora-Direktor) das nicht verstehen, spricht das leider nicht für ihre Intelligenz als Volkswirte. Ein Sachkundiger muß nicht alles selbst wissen, aber er muß erkennen wo seine Grenzen sind und Sachkundige hinzuziehen!

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  5. Es gibt für den Einzelnen nur eine Lösung: Beschafft Euch Diesel Notstromanlagen und legt Heizöl Vorrat an, denn auch Tankstellen werden nicht mehr funktionieren.

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