Sonntag, 24. Juli 2016

Die Sparkassen in der Krise

Einst gehörten die Sparkassen zum Ortsbild, wie die Kirche und das Wirtshaus. Mittlerweile verschwindet diese Trias - aus verschiedenen Gründen. Die Sparkassen wurden vor rd. 200 Jahren gegründet, als Bank der "kleinen Leute", welche bis dato für Kredite den Wucherern und "Finanzjuden" ausgeliefert waren.

Das Geschäftsmodell der Sparkassen war einfach und hat sich über Jahrhunderte hinweg kaum verändert: das Geld der Kunden wurde via Sparbuch eigesammelt, zu ca. 3 Prozent verzinst und über Kredite weiter gegeben - aber zu ca. 6 Prozent. Von der Spanne um 3 Prozentpunkte konnten die Beteiligten gut leben. Seit der EZB-Chef Mario Draghi jedoch die Nullzinsphase ausgerufen hat, funktioniert dieses Schema nicht mehr, denn die Differenz aus den beiden genannten Positionen, also der Rohgewinn, wird immer kleiner. In Zukunft, wenn die meisten Anleihen mit hohen Kupons auslaufen, wird der Überschuss an Zinseinnahmen und Zinsausgaben weiterhin drastisch sinken. Die Sparkassen stehen vor dem Umbruch; bei ihnen selbst ist Sparen angesagt, insbesondere beim Kostenblock Immobilien und Personal.

Immer weniger Filialen

Die Sparkassen schließen zunehmend ihre bombastischen Hauptsitze und Filialen. Zum Beispiel wie die beiden Sparkassen Karlsruhe und Ettlingen, die jahrelang scharf konkurrierten. Nun haben sie, vor zwei Jahren, zur einzigen Sparkasse Karlsruhe-Ettlingen fusioniert. Das Gleiche geschieht überall in der Republik: aus 500 Sparkassen wurden in zehn Jahren derzeit 410 und der Konzentrationsprozess geht weiter. Auch die Filialen und Geschäftsstellen haben sich auf 14.500 reduziert, die Beschäftigten von 284.000 auf  234.000.

Die Sparkassenfiliale im Fußgängernähe könnte schon bald eine Rarität sein. Für ältere Kunden ohne Auto bieten manche Sparkassen bereits Bustickets zur nächsten Filiale an. In Bayern wird alten Menschen zuweilen sogar das Geld ins Haus gebracht. Die jüngeren Kunden nutzen ohnehin das Internet und setzen manchmal nur ein Mal im Jahr ihren Fuß in eine Geldfiliale. Hinzu kommen die Geldautomaten, die immer öfters in Supermärkten anzutreffen sind. In Bayern sollen in diesem Jahr von 2200 Geschäftsstellen 220 schließen.

Arme Bundeskanzlerin

Weitaus weniger rigoros sind die Sparkassenmanager beim Stutzen ihrer eigenen Gehälter und Boni. Nach einer FAZ-Auswertung zahlen 60 Prozent der Sparkassen ihren Chefs ein höheres Gehalt als es der Bundeskanzlerin zusteht. Angela Merkel erhält ein Jahresgehalt von 282.000 Euro, inklusive ihrer Bezüge als Abgeordnete. Von diesem Bruttogehalt geht knapp die Hälfte als Steuern ab. (Die beiden vorzeitig zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler und Christian Wulff erhalten monatlich 20.000 Euro - netto! - bis an ihr Lebensende). Bundesweiter Spitzenreiter ist die Hamburger Sparkasse, die ihren Topmanagern im Jahr 2014 je 853.000 Euro auszahlte. Es folgt die Kreissparkasse Köln-Bonn mit 704.280 Euro und die Berliner Sparkasse (651.833 Euro). Selbst die relativ kleine Sparkasse Saarpfalz entlöhnte ihre Manager mit 305.000 Euro. In Bayern verdienen die Sparkassenbosse übrigens am wenigsten!

Auch bei den Bonuszahlungen sind die Verwaltungsräte der Sparkassen nicht zimperlich. Ungeachtet einer Empfehlung ihres Verbandes, dass diese Boni 15 Prozent des Festgehalts nicht überschreiten sollen, genehmigten die mit Kommunalbeamte besetzten Aufsichtsorgane in Leverkusen 26 Prozent. Den Vogel schoss die Sparkasse Märkisches Sauerland Menden ab, die ihrem Vorstandvorsitzenden  sogar einen Bonus von 23 Prozent zubilligte - obwohl seine Kasse im fraglichen Jahr kaum Gewinn gemacht hatte. (Womit die "braven" Sparkassen aber noch meilenweit entfernt sind von den Perversionen der einstmals renommierten Deutschen Bank;  dieses - nunmehr vor der Pleite stehende Institut -  hat einem ihrer Geldhändler in London einen Bonus von, sage und schreibe, 80 Millionen Euro ausgezahlt).

Die Sonderstellung der Sparkassen

Sparkassen sind besondere Institutionen, weil sie Anstalten des öffentlichen Rechts sind. Sie erhalten in der Regel von ihren Kommunen, den Trägern, kein Eigenkapital. Sie können daher auch nicht verkauft werden, wie vor etwa zehn Jahren Stralsunds Bürgermeister leidvoll erfahren musste. Diese Sonderstellung verleitet viele Sparkassenvorstände dazu, ziemlich selbstherrlich zu agieren und sich als Sponsor und Mäzen feiern zu lassen. Etwa durch Geldspenden an den Sportverein A, das Museum B oder für das Konzert C. Dadurch wird - wie durch überhöhte Vorstandsgehälter - der zu versteuernde Jahresreingewinn maximal klein gehalten. Für die zumeist klammen Kommunen fällt in der Regel viel zu wenig ab. Im Jahr 2015 machten die 410 deutschen Sparkassen zwar 2 Milliarden Euro Gewinn, zahlten aber nur 250 Millionen Euro, also ein Achtel, an ihre Träger aus. Den Vogel schoss in dieser Beziehung die Stadtsparkasse Düsseldorf ab. Von den 104 Millionen Jahresgewinn wollte sie 101 Millionen in die Rücklagen (ver-) stecken. Es kam zum Prozess mit der Stadt und die Sparkasse musste (bloße) 25 Millionen für ein Museum rausrücken.

Bedenkt man, wie vor allem ältere Menschen, die schon im Ruhestand sind, bei der Kreditvergabe durch Sparkassen im Hinblick auf die EU-Richtlinie Basel III geradezu schikaniert werden, so ist dieses Geschäftsgebahren unverständlich, ja geradezu verwerflich.

Schlussendlich: ein Sieg der Sparkassen

Seit mehreren Jahren streiten sich die deutschen Sparkassen mit der spanischen Bank Santander, wer mit der Farbe "rot" Werbung machen darf. Farben dürfen seit 1995 beim Patentamt als "Marken" eingetragen werden. Bekannte Beispiele sind Magenta (Telekom) und Blau (Nivea). Am 21. Juli 2016 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Santander mit der Farbe rot nicht mehr werben darf - auch nicht mit einem leicht anderen roten Ton. Grund: die meisten Menschen in Deutschland verbinden die Farbe rot mit dem Logo der Sparkassen. Die Bank Santander muss sich - zumindest für Deutschland - eine neue Farbe suchen.


Wie man die Sparkassen-Werbung kennt

1 Kommentar:

  1. Die Deutsche Bank AG ist trotz nur noch EUR 18,0 Mrd. Börsenbewertung systemrelevant und kann deshalb nicht pleite gehen. Siehe:

    http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-06/geldinstitute-deutsche-bank-iwf-risiko-kapitalverluste-derivate

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