Italiens zwiespältige Flüchtlingspolitik
Italien befindet sich im Schockzustand, weil seine dubiose Flüchtlingspolitik, die bislang von Doppeldeutigkeit und Scheinheiligkeit geprägt war, nun offenkundig werden könnte. Das Land Italien ist das Ziel gleich mehrerer Fluchtrouten über das Mittelmeer, ausgehend von Tunesien und Libyen, sowie von Ägypten und Griechenland nach Apulien und Kalabrien. Schmuggler und Schleuser schicken die Flüchtlinge zumeist von Libyen aus in kaum hochseetüchtigen, überfüllten Booten auf das Meer und setzen Notrufe aus, sobald die Boote die internationalen Gewässer erreicht haben. - Für die apulisch-kalabrische Route nutzen die Menschenschmuggler inzwischen größere "Mutterschiffe", an denen wiederum kleine Fischerboote befestigt sind. In der Nähe der kalabrischen Küste werden die Flüchtlinge auf diese Boote verladen, während das große Schiff mit den Schleusern zurückkehrt. Für diese Überfahrt müssen die Syrer und Afrikaner in der Regel 2.000 Dollar pro Person zahlen.
Im italienischen abendlichen Fernsehen kann man regelmäßig die mutigen nationalen Marinesoldaten sehen, die erschöpfte Flüchtlinge aus Afrika oder Nahost aus ihren maroden Boote bergen und in ihre seetüchtigen Fregatten übernehmen, mit denen sie nach Lampedusa oder Sizilien gebracht werden. Dort verliert sich eigenartigerweise die Spur dieser Menschen, aber es wird der Eindruck vermittelt, alle geretteten Migranten befänden sich in gutgeführten italienischen Sammellägern. Die offizielle italienische Politik verstärkt diese Vermutung wenn sie - wie der Senatspräsident Pietro Grasso - öffentlich verkündet: "Italien ist in der Flüchtlingspolitik ein Vorbild für die Welt"
Das ist mitnichten der Fall. Tatsächlich gibt es in Italien bei weitem nicht genug Auffangläger für die große Zahl der Flüchtlinge aus Schwarzafrika. Stattdessen werden diese nach ihrer Rettung schlicht und schlitzohrigerweise einfach gen Norden weiter geschickt. In Bussen und speziellen Eisenbahnzügen zu österreichischen und deutschen Städte, wo "Gutmenschen" bereits auf sie warten. In diesem Frühjahr sind zeitweise täglich 2.500 bis 3.000 Migranten dort angekommen und haben um Asyl gebeten. Die italienischen Flüchtlingsbetreuer schwärmen von den guten sozialen Bedingungen in den genannten zwei Nordländern. Kein Wunder, dass kaum einer der geretteten Flüchtlinge in den sparsam eingerichteten Lägern von bella Italia bleiben möchte.
Der Brennerpass zwischen Italien und Österreich
Seit Österreich angekündigt hat, dass es nur noch bereit ist (maximal !) hundert Flüchtlinge pro Tag aufzunehmen, muss damit gerechnet werden, dass von 3.000 am Brennerpass ankommenden Asylanten 2.900 von den österreichischen Behörden zurückgewiesen werden. Damit würde sich innerhalb weniger Tage auf der italienischen Seite ein Rückstau ergeben, der mit dem mazedonischen Idomeni oder dem französischen Calais vergleichbar ist. Kein Wunder, dass die italienische Regierung nun in Panik gerät. Ihre Politik des "winke, winke" funktioniert demnächst nicht mehr und die ganze Welt wird erkennen, dass Italien ein Riesenproblem hat, welches bislang nur durch Schläue und gehörige Chuzpe verdeckt wurde.
"Dublin" wird schlichtweg ignoriert
Die "Dublin-Verträge" wurden vor gut zwanzig Jahren von den EU-Staaten ratifiziert, als auch die Freizügigkeit des "Schengen-Raums" eingeführt worden war. Demnach waren die Südstaaten Griechenland, Italien und Spanien für die Asylverfahren der bei ihnen anlandenden Migranten verantwortlich. Daran haben sich diese Länder - mit einer gewissen Ausnahme von Spanien - aber nie gehalten. Sie gewährten den Zuwanderer bewusst nur ganz niedrige Sozialleistungen und schickten sie weiter nach Österreich, Deutschland und Schweden, wo diese vergleichsweise ein Paradies vorfanden. Darüberhinaus kümmerte sich Griechenland kaum um die ordnungsgemäße Registrierung der Flüchtlinge. Inzwischen ist deutlich geworden, dass Griechenland ein "gescheiterter Staat" ist, der weder organisatorisch noch wirtschaftlich, ja auch nicht willens ist, seine Verpflichtungen aus den Dublin-Verträgen zu erfüllen. Die politisch hochriskante Einbeziehung der Türkei ist die direkte Folge dieser Verweigerungshaltung.
Die Dublin-Verträge müssen also dringend modifiziert werden. Entweder dadurch, dass man - via Quoten - die in Griechenland und Italien ankommenden Flüchtlinge auf die übrigen EU-Staaten verteilt, was aber politisch sehr schwierig werden dürfte und kurzfristig nicht zu machen ist. Alternativ könnte man die Sozialleistungen "harmonisieren", sprich absenken, was aber insbesondere in Deutschland heftige Diskussionen hervorrufen würde.
Oder dadurch, dass man an der Südgrenze von Österreich/Deutschland Zäune aufbaut - siehe Brenner!