Parallel zu der wachsenden Zahl öffentlicher Museen gibt es noch die Privatmuseen, welche insbesondere in Baden-Württemberg wie Pilze aus der Erde schießen. Man denke nur an die Museen des Schraubenfabrikanten Reinhold Würth in Künzelsau und anderswo und das des Zeitungshändlers Frieder Burda in Baden-Baden. Beide verweisen gerne darauf, dass sie sämtliche Kosten ihrer Einrichtungen selbst tragen. Der guten Ordnung halber sollte man jedoch anmerken, dass die deutschen Finanzgesetze es zulassen diese Kosten gewinnmindernd von der Steuer abzusetzen, womit sich auch der Altruismus dieser Fabrikanten in Grenzen hält.
Das Guggenheim Museum in New York
Große Museen, in moderner Bauweise, entstanden nach dem 2. Weltkrieg in reicher Zahl. Sie sind gewissermaßen die Kathedralen der Neuzeit. Den Anfang machte 1959 das Guggenheim Museum in New York. Dieses Gebäude des Architekten Frank Lloyd Wright hat die Grundform einer Rotunde. Entlang einer sich windenden Rampe mit einer Steigung von drei Prozent sind die Kunstwerke ausgestellt. In der Folge entstanden in vielen Metropolen spektakuläre Museumsbauten, unter anderem durch die Architekten Renzo Piano und Daniel Libeskind. Die zeitgenössischen Künstler waren begeistert von diesem neuartigen Ambiente ihrer Werke. Bezeichnend dafür ist der Ausspruch von Pablo Picasso: "Gebt mir ein Museum, ich werde es füllen".
In permanenter Geldnot
Auf den ersten Blick erscheint es wie eine Erfolgsgeschichte: die deutschen Museen (insgesamt!) haben jährlich konstant über hundert Millionen Besucher. Bei genauerem Hinsehen stellt man jedoch immer wieder fest, dass - insbesondere bei den Kunstmuseen - die meisten Besucher nur zur Eröffnung der Ausstellungen kommen. Bei der Vernissage, bei Wein und Schnittchen, lässt sich eben angenehm mit den zumeist anwesenden Größen der Stadt parlieren. Danach ist jedoch in Bezug auf Besucher meist tote Hose. Was bleibt zu tun: Wechselausstellungen für die Happy Few. Aber das geht ins Geld und wird nur in seltenen Fällen über die Eintrittsgebühren wieder hereingeholt. Garanten für andauernd hohe Besucherzahlen sind nur die "Popstars", wie Gerhard Richter und Damien Hirst, wobei letzterer inzwischen in London sein eigenes Museum bauen ließ.
Viel zu leicht lassen sich die Stadtoberen zu Museumsprojekten verführen. Der gefeierte Neubau des Essener Folkwang-Museums kostete 55 Millionen Euro, bezahlt wurde er komplett von der Krupp-Stiftung als privatem Schenker. Nun muss die (wegen RWE) inzwischen arme Stadt Essen für die exorbitant gestiegenen Unterhalts- und Betriebskosten aufkommen. Die klassische museale Trias Sammeln, Bewahren, Erforschen wird nunmehr ersetzt durch Wasser, Strom, Heizung. Selbst für die Sicherheit fehlt häufig das Geld, weshalb es nicht selten zu spektakulären Gemäldediebstählen kommt. So gesehen wird immer stärker für eine Selbstverpflichtung der Kommunen plädiert: Museumsneubauten sollten nur noch zugelassen werden, wenn vorher alle Folgekosten finanziell geregelt sind.
Über die Eintrittspreise der Besucher generieren die Museen im Schnitt 10 bis 20 Prozent ihrer Einnahmen. Das ist nicht sehr viel, sodass die Museumsmanager immer wieder den Gedanken erwägen, den Eintritt in ihre Häuser kostenfrei zu machen. Am ZKM in Karlsruhe gibt es einen eintrittsfreien Freitagnachmittag, das Folkwang Museum in Essen darf man neuerdings sogar jeden Tag kostenfrei besuchen. Den Einnahmeausfall erstattet die Krupp-Stiftung für zunächst fünf Jahre. Die Besucherfrequenz in Essen hat sich durch diesen Verzicht rapide erhöht: von 1.500 auf 7.500 Personen im Monat. Über die Cafeteria, die Shops sowie durch die Vermietung attraktiver Konferenzräume gelingt es manchen Häusern nicht selten, die Einnahmeausfälle zu kompensieren. Außer dem schafft man es, junge Menschen für das Museum zu interessieren und generell ist damit ein Imagegewinn verbunden.
Magere Ankaufetats
Die reiche deutsche Museumslandschaft war seit langem das Resultat einer glücklichen Verbindung zwischen öffentlichen und privaten Engagements. Beim Ankauf neuer Kunstwerke hält sich die öffentliche Hand seit einiger Zeit allerdings sehr zurück. So verfügte die Berliner Nationalgalerie mit ihren sechs Häusern im Jahr 2011 über gerade mal 65.000 Euro - das sind 1,2 Prozent der betrieblichen Sachkosten. Der Alten und Neuen Pinakothek in München standen 49.050 Euro staatliche Gelder zur Verfügung. Die Städtischen Museen in Freiburg - fünf an der Zahl - müssen sich einen Ankaufsetat von gerade mal 10.000 Euro im Jahr teilen. Bemerkbar macht sich diese Geldklemme auch bei Sonderausstellungen, weil die Versicherungssummen für entliehene Werke anderer Museen immer mehr ansteigen.
Zum Glück gibt es noch die privaten Donatoren, denn viele Kunstwerke gelangen an die Museen - wie die Amerikaner sagen - über Death, Debts and Divorce. Aber nichts ist umsonst, denn große Privatsammler verlangen von den Museen häufig einen eigenen Anbau oder Flügel, wo ihre Sammelleidenschaft eins zu eins für die Ewigkeit weitergeführt werden soll. Beispielhaft dafür ist die Sammlung von Udo und Anette Brandhorst in München, wo der Freistaat Bayern - für 120 Millionen Stiftungsvermögen - einen spektakulären Neubau für 48 Millionen Euro spendieren musste. Alternativ bauen manche Privatsammler gleich ihre eigenen Museen, als wollten sie sagen: Ich zeige euch, wie es geht, ich kann es sowieso besser.
Ein hohes Risiko beim Ankauf neuer Kunstwerke ist die Provenienz (Herkunft), welche oft nicht ausreichend dokumentiert und nachweisbar ist. Das Freiburger Museum für Neue Kunst bekam das vor einigen Jahren zu spüren: die in New York lebende Erbin eines jüdischen Kunstsammlers aus Dresden, der von den Nationalsozialisten verfolgt und zum Verkauf seiner Sammlung gezwungen wurde, beanspruchte ein wertvolles Gemälde von Otto Dix für sich. Am Ende stimmte die Stadt Freiburg zu und kaufte mit Hilfe mehrerer Stiftungen des Bundes dieses wichtige Werk der Kunstgeschichte für knapp eine Million Euro zurück. Inzwischen lassen die Freiburger Museen mit Hilfe eigens engagierter Provenienzforscher ihre Bestände überprüfen. Besonders bei Werken der Klassischen Moderne ist die Provenienz häufig lückenhaft und damit risikobehaftet.
Schlussendlich:
Fast alle Museen in Deutschland und anderswo haben Finanzprobleme. Ausgenommen sind nur das gute Dutzend internationaler Großmuseen mit einer spektakulären Architektur, bei dem der Bau sich nahezu selbst genügt. Die Exponate sind hier eigentlich nur noch Zugabe.
Und ein Museum in Köln, das jährlich von 650.000 Besuchern frequentiert wird, damit das beliebteste Museum der Domstadt ist und keinerlei staatliche Unterstützung benötigt:
das Schokolademuseum der Firma Stollwerck AG.
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