Der Anlagenrückbau sowie der Lagerbetrieb
im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe
samt voraussichtlicher Erledigung
Ein neues Format der Information
Am 19. November 2015 wurde im Bürgerhaus der Gemeinde Linkenheim-Hochstetten eine Informationsveranstaltung zu den geplanten Lagererweiterungen abgehalten. Sie kam bei den ca. 150 Besuchern sehr gut an, weil sie exzellent vorbereitet war. Eine große Anzahl bereits vorher eingereichter Fragen waren samt Antworten an den Schautafeln der Saalwände schon direkt ablesbar. Dazu kamen ein halbes Dutzend "hand-outs", auf denen in Wort und Bild auf die Planungen der WAK im Detail Bezug genommen wurde. Schließlich waren für die wichtigsten Themenfelder kompetente Fachleute aufgeboten, die an "Besprechungsinseln" auf zusätzliche, persönliche Fragen der Besucher eingehen konnten. Die Bautechnik, das Genehmigungsverfahren, der Strahlenschutz und die Entsorgung standen dabei im Vordergrund. Manche ortsbekannte Kernenergiegegner waren aber gerade mit diesem Präsentationsformat unzufrieden. Kein Wunder, konnten sie doch ihre (altbekannten und schon hundert Mal beantworteten) Fragen nicht mehr so wirkungsvoll und lautstark im Plenum coram publico artikulieren.
Die Zwischenläger für radioaktives Material sind im ehemaligen Kernforschungszentrum seit Ende der 1970er-Jahre mehrfach erweitert worden. Sie betragen derzeit 77.400 Kubikmeter für schwachradioaktive Abfälle, die in 77.500 Fässern und 13.500 Behältern verpackt sind. Ein Teil der Fässer sind an der Innenseite korrodiert. Sie werden ständig beobachtet und gegebenenfalls ausgetauscht. Das Lager für mittelradioaktive Abfälle ist auf ein Volumen von 700 Kubikmeter ausgelegt. Beide Lagergebäude sind nahezu vollständig gefüllt.
Zusätzlich zu den bereits bestehenden Zwischenlägern soll ein neues Lagergebäude für schwachradioaktive Abfälle errichtet werden. Es wird folgende Dimensionen haben: 120 m lang, 23 m breit, 22 m hoch. Die Wanddicke beträgt 0,8 m. Zusammen mit den bestehenden Lagerkapazitäten wird damit ein Bedarf von 98.000 Kubikmeter abgedeckt. In direkter Nähe wird ein weiteres Lager für mittelradioaktive Abfälle errichtet. Seine Dimensionen sind: 40 m lang, 39 m breit, 11 m hoch. Die Wanddicke beträgt 1,8 m. Das neue Lager hat das gleiche Volumen wie das bereits bestehende, nämlich 700 Kubikmeter. Die beiden Gebäude sollen bis 2020 betriebsbereit sein und werden ca. 60 Millionen Euro kosten.
Das Endlager Konrad, ein Trauerspiel
Die beschriebenen neuen Läger wären nicht notwendig, wenn es das deutsche Bundesendlager "Konrad" geben würde. Der sogenannte Schacht Konrad, benannt nach einem früheren Manager, ist ein stillgelegtes Eisenerz-Bergwerk bei Salzgitter in der Nähe von Braunschweig. Im Jahr 1975 traf man den Beschluss, Konrad zum Endlager für radioaktive Abfälle mit geringer Wärmeentwicklung in tausend Metern Tiefe umzubauen. (In Gorleben war die Lagerung des hochradioaktiven Atommülls vorgesehen). Wegen vieler Einwendungen dauerte das Planfeststellungsverfahren fast 20 Jahre. Nach weiteren fünf Jahren juristischer Streitigkeiten vor den Gerichten wurde die Genehmigung im März 2007 letztinstanzlich bestätigt. Seitdem wird am Umbau des Bergwerks gearbeitet, wobei die Einlagerungstermine immer wieder hinausgeschoben werden. Derzeit glaubt man, die ersten Fässer im Jahr 2022 in Konrad deponieren zu können; festlegen möchte sich das Bundesamt für Strahlenschutz jedoch noch nicht. Die gesamten Planungs- und Baukosten sind mittlerweile bei fast drei Milliarden Euro angelangt.
Das Endlager Konrad in der Draufsicht
Inzwischen lagert ein Großteil der deutschen schwach- und mittelradioaktiven Abfälle - oberirdisch(!) - im Zwischenlager des früheren Kernforschungszentrums, jetzt KIT Campus Nord. In unmittelbarer Nähe bewegen sich ständig 4.000 Mitarbeiter, neuerdings sind noch 1.100 Migranten hinzu gekommen. Die Strahlenschutzrisiken für diese Personen werden praktisch negiert, bei Konrad hingegen werden ständig neue Einwendungen vorgebracht zum Risiko der Reststrahlung in einem Kilometer Tiefe. Welch eine irrsinnige Diskussion!
Lange Zeitskalen
Die Nichtverfügbarkeit des Endlagers Konrad ist im Kern die Ursache dafür, warum es so schrecklich lange dauert, bis die eingangs genannten Bauwerke bis hin zur Grünen Wiese abgerissen sind.
Der Technische Geschäftsführer der WAK, Professor Manfred Urban, hat bei der Linkenheimer Informationsveranstaltung "entschuldigend" darauf hingewiesen, dass er noch im Kindergarten war, als WAK, KNK etc. gedanklich auf die Schiene gelegt wurden. Legt man die in der obigen Grafik vermerkten Rückbautermine (mitte der zwanziger Jahre, einschliesslich noch zu erwartender Verzögerungen) zugrunde, so wird der Professor den Abriss der ihm anvertrauten Projekte in seiner Berufszeit wohl kaum mehr erleben - außer, die Bundesregierung erhöht das Rentenalter exzessiv, was angesichts der sich abzeichnenden Finanzprobleme nicht ganz ausgeschlossen ist.
Aber auch die direkten Abkömmlinge (Söhne, Töchter) der heute dort arbeitenden Mannschaft wird in Rente sein, wenn die Abfallfässer zur Gänze abtransportiert sind. Allenfalls jemand aus der Enkelgeneration könnte in den Genuss kommen, den Komplettabriss und die Verfrachtung nach Konrad stolz der regionalen Bevölkerung präsentieren zu dürfen. Vermutlich ist dieser Projektleiter in spe heute noch nicht geboren.
Aber gemach! Diese langen Zeitskalen bergen nicht nur Mehrkosten, sondern auch potentielle Ersparnisse. Radioaktives Material hat nämlich die gute Eigenschaft mit der Zeit abzuklingen und "ungefährlicher" zu werden. Bereits jetzt strahlen die Fässer des hiesigen Zwischenlagers - verglichen mit 1990, dem Zeitpunkt der Stilllegung der WAK - nur noch mit halber Intensität, wobei Cäsium und Strontium als Leitnuklide betrachtet werden. Und nach zwei weiteren Halbwertszeiten wird die anfängliche Aktivität sogar auf fast ein Zehntel abgeklungen sein.
Damit eröffnet sich die Möglichkeit, ab dem Jahr 2060 das radioaktive Material nicht mehr in teuer abgeschirmten Containern nach Niedersachsen zu verfrachten, sondern möglicherweise preiswert als DHL-Pakete oder gar via Amazon.
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