Samstag, 19. September 2015

Gabriel contra E.ON

E.on, Deutschlands größter Energie- und Stromkonzern, ist in Nöten. Seit der Energiewende im Jahr 2011 verlor das Unternehmen 60 Prozent seines Börsenwerts. Im vergangenen Jahr machte der Konzern mit 3 Milliarden Euro Schulden den höchsten Verlust seiner Geschichte. Derzeit ächzt die einst kerngesunde Firma unter einer Schuldenlast von 30 Milliarden Euro. Der Aktienkurs ist von 25 ( im Jahr 2011) auf bloße 7,7 im September d. J. abgestürzt. Die Gefahr der Insolvenz (oder zumindest einer feindlichen Übernahme) ist nicht mehr von der Hand zu weisen.

Einen Großteil der Schuld tragen die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der sogenannten Energiewende. Merkels hastiger und technisch nicht gerechtfertigter Ausstieg aus der Kernenergie gab den Anstoß zu der wirtschaftlichen Spirale nach unten; ihr Bundesminister Sigmar Gabriel lässt seit Jahren keine Gelegenheit aus, E.on auf diesem Weg weiterhin zu schurigeln.  Im folgenden werden die wichtigsten politischen Entscheidungen benannt, welche E.on in die heutige Misere geführt haben.


Logo des Konzerns E.ON  SE


Die Ursachen des Niedergangs

Die Zwangsmaßnahmen gegenüber den Energieversorgungsunternehmen (EVU) begannen bereits unter der Regierung Schröder sowie seinen damaligen Ministern Müller und Trittin im Jahr 2000. Damals wurde den EVU die Laufzeitbegrenzung der Kernkraftwerke per Gesetz aufgedrückt und die Entsorgung der Reststoffe in Gorleben systematisch blockiert. Nach den Unfällen in Fukushima kamen noch folgende regierungsamtliche Maßnahmen hinzu:

1.  Die zu E.on gehörigen Kernkraftwerke Isar 1 und Unterweser wurden im März 2011 durch Sofortvollzug, aber gesetzeswidrig ohne erforderliche Begründung, stillgelegt. Schadensersatz wurde bis heute nicht geleistet.

2.  Bei den ebenfalls zum E.on-Konzern gehörenden Kernkraftwerken Brokdorf, Grafenrheinfeld, Isar 2, und Grohnde wurden die Laufzeiten bis max. zum Jahr 2022 erheblich verkürzt. Auch hierfür gab es keine gesetzliche Grundlage. International üblich sind Laufzeiten von 40 bis 60 Jahren. Auch für diese Laufzeitverkürzungen wurde kein Schadensersatz geleistet. Im Gegenteil: den Betreibern wurde eine sehr hohe Brennelementsteuer auferlegt.

3.  Die bevorzugte Stromeinspeisung von Erneuerbaren Energien (EE), vorzugsweise aus Wind und Sonne,  wurde regierungsamtlich verfügt. Dabei wurden die variablen Kosten der EE willkürlich und realitätswidrig (beim "Merit-Order-System) auf Null gesetzt. Neue und klimafreundliche Gaskraftwerke wurden durch diese bürokratische Maßnahme plötzlich unwirtschaftlich.

4.  Die Subvention des Stroms aus EE wurde exzessiv angehoben. Der Gedanke des Wettbewerbs wurde negiert, stattdessen wurde nach planwirtschaftlichen Gesichtspunkten verfügt. Der Börsenstrompreis fiel dadurch zwischen den Jahren 2011 und 2015 von 50 auf 29 Cent pro Megawattstunde, was die Ertragssituation bei den EVU drastisch verschlechterte. Gleichzeitig stieg die EEG-Umlage auf über 6 Cent pro Kilowattstunde für die Verbraucher. Die EE-Subventionskosten pro Jahr belaufen sich derzeit auf 25 Milliarden und sind im Steigen.

5.  Die EVU sind per Gesetz weiterhin verpflichtet das Stromnetz stabil zu halten. Wegen der hohen Einspeisung von EE-Strom erzeugt dies große Zusatzkosten, insbesondere im Winter, wenn Sonne und Wind weniger verfügbar sind. Die Bundesregierung hat sich bisher geweigert, sich an diesen Kosten wirklichkeitsgetreu zu beteiligen. (Diskussion Kapazitätsmarkt). Im Sommer muss Überschussstrom an benachbarte Länder "verschleudert" werden.

6.  Kohle ist durch die Verschiebung im Merit-Order-System wieder "wirtschaftlich" geworden und wird deshalb zunehmend verstromt. Bundeswirtschaftsminister Gabriel versucht dies, mit Hinweis auf die angebliche Klimaschädlichkeit, zu verhindern und auf alle Fälle zu verteuern.

7.  Wegen fehlender Gleichstromtrassen und saisonaler Stromspeicher zeigen sich immer mehr die grundsätzlichen Schwächen der sogenannten Energiewende.

8.  Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, wenn dem Konzern E.on - wie den anderen Energieunternehmen RWE, EnBW und Vattenfall - die wirtschaftliche Basis verloren ging. Verantwortlich für den Niedergang dieser renommierten Großunternehmen ist einzig und allein der gesetzgeberische Murks von Merkel und Gabriel.

Die Diskussion um die Entsorgung

Einvernehmen herrscht darüber, dass Kernkraftwerke, wie alle anderen Industriebauten, nach der Nutzung zurück gebaut werden müssen und die Restmaterialien sicher zu entsorgen sind. Von den Gegnern der Kernenergie wird gelegentlich die Meinung verbreitet, dies sei technisch und finanziell nicht möglich. Beides stimmt nicht, wie kurz dargestellt wird.

1. Für den Rückbau von Atomkraftwerken gibt 2 Varianten: der (vorläufige) sichere Einschluss oder die vollständige Beseitigung bis hin zur sog. Grünen Wiese. Für beide Alternativen existieren   schon reichliche Erfahrungen. Vollständig, also bis zur Grünen Wiese, wurden die drei Kernkraftwerke VAK Kahl, HDR Großwelzheim und das KKN Niederaichbach beseitigt. Im sicheren Einschluss befinden sich derzeit das KWL Lingen und der THTR Hamm-Uentrop.  In verschiedenen Stadien des Rückbaus sind gegenwärtig 14 Atomkraftwerke begriffen. Dazu gehören u.a. KWO Obrigheim, KMK Mülheim-Kärlich, KNK II, etc.

2.  Auf der Basis dieser reichhaltigen Erfahrungen kostet der Rückbau eines großen Kernkraftwerks ca. 1 Milliarde Euro, der im Strompreis bereit enthalten war und der von den Stromkonzernen bilanziell rückgestellt wurde. Insgesamt betragen die Rückstellungen der EVU ca. 40 Milliarden Euro, wovon 20 Mrd. für den Rückbau und 20 Mrd. für die Entsorgung der radioaktiven Stoffe im Endlager vorgesehen sind. Die Firma E.on ist verantwortlich für den Rückbau von 6 grossen Kernkraftwerken und einigen Kleinanlagen. Dafür wird ein Aufwand von 7 Mrd. Euro veranschlagt. Die bilanzielle Rückstellungssumme liegt derzeit bei insgesamt 16,6 Mrd. Euro, was ausreichend sein sollte sowohl für den Rückbau als auch für die Entsorgung der Reststoffe. (Ähnlich ist das Verhältnis bei den anderen drei großen EVU).

3.  Bei der Entsorgung der Reststoffe gilt folgende Vereinbarung: das Endlager (Kosten 1 bis 2 Milliarden Euro) muss vom Bund bereitgestellt werden. Alle Kosten, einschließlich der Verpackung in Fässer und der Verbringung in das Endlager werden den EVU angelastet. Nach obiger Kostenaufstellung stehen bei E.on hierfür ca. 16,6 - 7 = 9,6 Mrd. Euro zur Verfügung, was aufgrund der Erfahrungen vollkommen ausreichend sein sollte.

4.  Wo liegt dann das Problem für die nahezu endlose Diskussion um die Entsorgung der Atomkraftwerke? Nun, das Problem beruht darin, dass der Bund nach der vorsätzlichen und fahrlässigen Aufgabe des praktisch bereits genehmigten  Endlagers Gorleben - durch den damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin - bis jetzt nicht in der Lage ist, einen neuen Standort für ein solches Lager zu präsentieren.  Ob dies in Deutschland überhaupt jemals möglich sein wird, ist durchaus zweifelhaft - denn Gorleben ist überall!

5.  Zu allem Überfluss hat Trittin auch noch das Zwischenlager Gorleben gekippt, in denen die bestrahlten Brennelemente in Castor-Behältern lagern sollten. Seitdem müssen an etwa einem Dutzend Reaktorstandorten neue (kleinere) Zwischenläger für diese Brennelemente gebaut werden, die dort wohl bis zum St. Nimmerleinstag lagern werden. Und das, obwohl das dafür errichtete Zwischenlager Gorleben nur zu knapp einem Drittel gefüllt ist und für alle deutschen Brennelemente ausgereicht hätte!

Der sogenannte Stresstest

1.  Da es zeitlich überhaupt nicht abzuschätzen ist, wann der Bund ein neues Endlager bereitstellen kann, hat sich E.on zu einem drastischen Schritt entschlossen. Der Vorstandsvorsitzende Johannes Teyssen kündigte Mitte 2014 an, dass er (ab 2016) den Konzern in zwei Teile aufspalten wolle: die fossilen Kraftwerke, sowie die Kernkraftwerke, sollten in die neue Firma Uniper ausgegliedert werden; das Geschäft mit dem Ökostrom, der Netzbetrieb und die Kundenbeziehungen sollten in der bisherigen Firma E.on SE verbleiben. Die Atomrückstellungen sowie die daraus erwachsenden Verpflichtungen sollten an die Firma Uniper gehen.

2.  Dieser Schritt brachte Minister Gabriel in Wallung. Er bezichtigte E.on, sich ihrer Verpflichtungen entledigen zu wollen, durch die Gründung einer Bad Bank. Seine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Er wies seine Referenden an, ein sogenanntes Nachhaftungsgesetz auszuarbeiten. Dieses sollte bewirken, dass die Ursprungsgesellschaft E.on - nicht wie bisher lediglich 5 Jahre lang - sondern künftig unbeschränkt für die Atomverpflichtungen einzustehen habe. Eltern haften für ihre Kinder, tönte er populistisch - obwohl auch im Bereich der Familie die Haftung terminiert ist. Das Ende vom Lied: E.on-Chef Teyssen machte die Ausgliederung der Kernkraftwerke rückgängig. Sie gehören jetzt wieder zum E.on-Konzern, allerdings unter dem (altehrwürdigen) Namen PreußenElektra.

3.  Einmal in Fahrt, legte Gabriel sogleich nach: eine Expertenkommission soll im Oktober die Kernkraftwerke einem finanziellen Stresstest unterziehen. Die Kommission soll nicht nur feststellen wie sicher die derzeitigen Atomrückstellungen wert sind, sondern auch in ferner Zukunft, etwa 2050 oder 2080, falls dann Endläger existieren. Als Basis dient ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton aus Düsseldorf. Wie leicht vorstellbar, hängt dieser Zukunftswert insbesondere von den angenommenen Zins und Zinseszinsen ab. Diese schwanken erfahrungsgemäß innerhalb von zehn Jahren oft zwischen 1 und 7 Prozent. E.on hat 4,7 Prozent zugrunde gelegt. In der gegenwärtigen Niedrigzinsphase haben sogar die erfahrenen deutsche Versicherer die Reißleine gezogen, indem sie keine Lebensversicherungen mit Zinszusagen und Überschussbeteiligung mehr anbieten. Es ist fraglich, ob Gabriel in seiner Kommission Propheten aufzubieten hat. Diese gibt es bekanntlich nur in der Bibel und sind dort bereits vollständig gelistet.

4.  Als Fazit bleibt der betrübliche Eindruck, dass Merkel und Gabriel, als Vertreter der beiden Volksparteien, drauf und dran sind die verdienstvollen großen deutschen Energiekonzerne in den Abgrund zu zwingen. Am 15. September 2015 verlor E.on an der Börse innerhalb eines Tages zeitweise 2,3 Milliarden Euro. Das ist der Wert eines Atomkraftwerks.

2 Kommentare:

  1. "Merkels hastiger und technisch nicht gerechtfertigter Ausstieg" naja der Atomaustieg stand ja schon seit dem Jahr 2000 auf den Schirm. Viel überraschender fand ich Merkels hastige Abkehr von dem beschlossenen Atomaustieg nur um nach Fukushima wieder zum alten Bechluss zurückzukehren.

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  2. E-Willi
    Es ist erstaunlich , daß auch Politiker mit naturwissenschaftlichem Hintergrund glauben, Ideologie könnte Phyik aushebeln. Gabriel ist da freier, weil ohne störendes Grundwissen.

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