Ein Blick zurück
Der Wechsel auf dem Posten des Generaldirektors kam nicht wirklich unerwartet, eine Überraschung war jedoch die Bestellung eines Franzosen. Eigentlich ist für diese Position nämlich ein Japaner gesetzt - als Kompensation für den Umstand, dass Japan einst auf den Standort des ITER in Japan verzichtet hatte. Dementsprechend gab es bisher auch nur Japaner als ITER-Chefs, nämlich die Herren Kaname Ikeda und Osamu Motojima.
General Director (GD) Ikeda trat sein Amt im Jahr 2005 an, als die Bauarbeiten in Cadarache begonnen wurden. Er war vorher Botschafter Japans in Kroatien und strahlte das typische Charisma japanischer Politiker aus. Seine holprigen, in broken-english vorgetragenen Projektpräsentationen verursachten beim Fachpublikum regelmässig Bauchgrimmen. Nicht zuletzt deswegen wurde ihm bald der Deutsche Norbert Holtkamp als Vertreter zur Seite gestellt wurde, was bei dessen Antritt die französische Zeitung La Provence zu der kecken Phrase veranlasste: "Nun ist der wahre Chef gekommen".
Im Juli 2010 war die Phase Ikeda zu Ende; die Japaner schlugen als Nachfolger Professor Motojima vor, welcher zeitweise in einem Fusionslabor seines Landes tätig war. Die erste Amtshandlung des neuen GD war, dass er seinen Vertreter Holtkamp feuerte, für den man fortan im sonnigen Kalifornien einen gutbezahlten Job fand. Deutschland verlor mit dem stellvertretenden GD zwar einen Top-Posten, aber den Politikern hierzulande war dies nicht unlieb, denn für die Kostenerhöhungen und Terminverzüge des Projekts stand man von da an nicht mehr im ersten Feuer. Motojima, der die meiste Zeit seines beruflichen Lebens Vorlesungen an verschiedenen Universitäten gehalten hatte, bekam das Projekt ITER nie in den Griff. Dafür sammelte er während seiner Amtszeit in der Provence reihenweise Ehrendoktorate renommierter Universitäten (Marseille 2011, Gent 2012, Sokendai 2013).
Blick in die Zukunft
Als die Amerikaner zu Anfang diesen Jahres damit drohten, das Projekt zu verlassen, war Panik angesagt. Ein neuer Generaldirektor musste her. Es traf sich gut, dass die Japaner nicht mehr auf ihr vertragliches Recht zur Besetzung dieser Position beharrten. Zwei eklatante Fehlbesetzungen innerhalb von zehn Jahren hatten bei den Asiaten einen solchen Gesichtsverlust hinterlassen, dass sie sich fortan mit der Benennung eines Franzosen einverstanden erklärte. Ob es irgendwelche Zugeständnisse des ITER-Councils gab, ist (noch) nicht bekannt. Alle Blicke wenden sich nun zu Bernard Bigot. Er soll es richten. Er soll das Projekt aus dem Loch holen - und vor allem die aufsässigen Amerikaner beruhigen. Es wird eine Premiere werden, denn Bigot hat bislang noch kein großes Projekt geleitet.
Bernard Bigot, der neue Chef bei ITER
Der nicht mehr allzu junge Hoffnungsträger steht vor einer schweren Aufgabe. Er will das Projekt restrukturieren und dem DG mehr Einfluss sichern. Das wird schwer genug sein, denn die sieben Vertragspartner Europäische Union, China, Indien, Japan, Südkorea und Russland waren bisher allesamt bestrebt, ihr eigenes Süppchen zu kochen. Zum Beispiel dadurch, dass sie sich nicht in die nationalen Karten gucken ließen. Wie man hört will Bigot das Projekt viel stärker zentralisieren, ähnlich wie das bei CERN in Genf der Fall ist. Ob es dafür nicht schon zu spät ist, wird sich bald herausstellen. Der neue GD arbeitet zur Zeit an einem entsprechenden Plan, welchen er in Februar 2015 dem ITER- Council vorlegen möchte. Wird dieser akzeptiert, so kann Bigot ab diesem Zeitpunkt als Generaldirektor agieren. Aber nur zusammen mit seinem Vorgänger Motojima, denn Japan hat sich ausbedungen, dass sein Landsmann noch bis zum formellen Vertragsende im Juli 2015 im Amt bleibt. (Seit Benedict XVI und Franziskus gibt es dafür ja hochrangige Vorbilder).
Inzwischen ist bekannt geworden, dass ITER, sofern er mal betriebsbereit sein sollte, zwischen 280 und 530 Millionen Euro Betriebskosten verursachen wird. Wohlgemerkt: pro Jahr. Entgegen allgemeiner Vermutung wird er keinen Strom produzieren, sondern lediglich 150 Grad heissen Wasserdampf. Und das auch nur gelegentlich, denn er arbeitet ja im Impuls-Regime.
Wenn ITER tatsächlich mal eine Entladungsdauer im Minutenbereich erreichen sollte (ursprüngliches Ziel >8', einer thermischen Belastung der ersten Wand von 20MW/m² und eine integrale Belastung von - 0,2-0,7 MW/m²;- 2-7 dpa lange genug standhält, dann weiß man immmer noch nicht, ob es überhaupt einen Werkstoff für - 30-80 dpa gibt, denn ohne passenden Werkstoff lohnt wirde es Keine DEMO-Anlage geben!
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