Das Reaktorgebäude besteht aus einem doppelschaligen Containment: einer inneren Hülle aus vorgespanntem Beton (2) und einer äußeren Stahlbetonhülle (1). Es umschließt das Hauptkühlmittelsystem mit dem Reaktordruckbehälter (3), den Dampferzeugern (4), dem Druckhalter (5) und den Hauptkühlmittelpumpen (6) als wichtigsten Komponenten. Innerhalb des Containments gibt es eine spezielle Ausbreitungsfläche (7), auf der bei einem extrem unwahrscheinlichen Kernschmelzunfall die Schmelze aufgefangen und gekühlt würde.
Das Maschinenhaus (8) enthält die gesamte „Dampfkraftanlage“, in der der erzeugte Dampf in elektrischen Strom umgewandelt wird: die Turbine, den Generator und den Blocktransformator, der an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen ist.
Im Falle eines Stromausfalls stellen Notstromdiesel den zur Aufrechterhaltung der Sicherheitsfunktionen benötigten Strom bereit. Sie sind räumlich voneinander getrennt in zwei verschiedenen Gebäuden (9) untergebracht.
Finnland bestellt den ersten EPR
Im Jahr 2003 bestellte das kleine Land Finnland den ersten EPR von der Firma AREVA, einem Konsortium aus Siemens und Framatome. Er sollte 3 Milliarden Euro kosten und im Jahr 2009 in Betrieb gehen. Als Standort für den 1.600 Megawatt Druckwasserreaktor war die Halbinsel Olkilouto vorgesehen, wo das finnischen Energieversorgungsunternehmen TVO bereits zwei kleinere Kernkraftwerke betrieb. Für den EPR bestand ein Vertrag, worin ein Festpreis und die schlüsselfertige Übergabe vereinbart war. Inzwischen sind die Kosten auf 8,5 Milliarden Euro aufgelaufen und mit der Übergabe wird nicht vor 2018 gerechnet. Das Konsortium Siemens/ Framatome hat sich vor Gericht im Streit getrennt und Siemens ist (im Gefolge von Fukushima) aus der Reaktortechnologie ausgestiegen.
Wie konnte es zu dieser katastrophalen Situation kommen? Nun, das Projekt stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Es gab Probleme, wo man sie nicht erwarten konnte. So entsprach der Beton für die Grundplatte nicht den Spezifikationen und beim Schweißen der Rohrleitungen wurden erhebliche Mängel festgestellt. Zum weitaus überwiegenden Teil geschahen diese Fehlleistungen beim Firmenteil Framatome, welcher für den größeren nuklearen Bereich zuständig war, während Siemens im Wesentlichen nur den Turbogenerator (entsprechend 27 Prozent konventioneller Anteil) und Teile der Kraftwerkssteuerung zulieferte. Nicht ausreichend hatte man bei Areva auch das reduzierte Tageslicht im hohen Norden eingeschätzt, was unweigerlich zu geringerer Effektivität führt - auch wenn man den polnischen Tagelöhnern nur zwei Euro pro Stunde an Lohn ausbezahlte.
Im Jahr 2008 trafen sich Areva und TVO zum ersten Mal vor einem internationalen Schiedsgericht. Sie warfen sich gegenseitig vor, die Fertigstellung des Kernkraftwerks erheblich verzögert zu haben. Areva beschuldigte die Finnen, durch ständige Änderung der Auflagen und Bauausführung diese Situation hervorgerufen zu haben; TVO machte schwerwiegende Fehler der Gegenseite dafür geltend. Im Jahr 2011 beendete Siemens die Zusammenarbeit mit den Franzosen im Streit, wofür der damalige Konzern-Chef Peter Löscher 684 Millionen Euro berappen musste. Auf der Baustelle ist das frühere Konsortium aber weiterhin auf Gedeih und Verderb zur Zusammenarbeit gezwungen, denn der Liefervertrag muss abgewickelt werden.
An dem Kraftwerk wird keine Seite mehr Geld verdienen. Areva hat bislang 3,9 Milliarden Euro als Verluste zurückgestellt; Siemens hatte bisher Belastungen in der Höhe von 583 Millionen Euro zu verkraften. Auch die personellen Abgänge sind erheblich. Der Siemens-Vorstandsvorsitzende Peter Löscher musste inzwischen seinen Sessel räumen - nicht nur wegen Olkilouto, sondern auch wegen milliardenschwerer Verluste bei den Hochsee-Windprojekten. Sein Nachfolger Joe Kaeser wird das Finnlandprojekt weiter im Auge behalten müssen. Auf französischer Seite wurde 2011 die charismatische Anne Lauvergeon noch von Nicolas Sarkozy gefeuert und durch Luc Oursel ersetzt. Bei einer kürzlichen Sitzung des Areva-Aufsichtsrats warf auch Oursel (wegen Krankheit!) das Handtuch. Sein Interimsnachfolger wurde Philippe Knoche.
Vermutlich der richtige Mann für diesen Knochen-Job.
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