Sonntag, 26. Oktober 2014

Georges Vendryes décédé

Traduction française ci-dessous

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Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der französische Nuklearforscher und -manager, Dr. Georges Vendryes, am 16. September 2014 im Alter von 94 Jahren verstorben. Er wurde in Paris auf dem Friedhof Père Lachaise beerdigt.

Georges Vendryes gilt als der "Vater der französischen  Brüterentwicklung". Seine Ausbildung erhielt er an der Ecole Polytechnic, an der Universität Paris promovierte er im Fach Nuklearphysik. Im Jahr 1948 kam er zur französischen Atombehörde CEA. In der Folge widmete er sich der Entwicklung der Schnellen Brüter. Am natriumgekühlten Versuchsreaktor Rapsodie mit 24 Megawatt im Forschungszentrum Cadarache war er zuständig für die Gesamtplanung und insbesondere die Auslegung des Reaktorkerns. In der Folge leitete er mit großem Erfolg das 250 MWe Brüterkraftwerk Phénix in Marcoule, das 1973 in Betrieb ging. An den Planungen für den 1200 MWe Superphénix, einem Industrievorhaben, war er unter anderem als Berater für die Core-Physik tätig.



Georges Vendryes  (1920 - 2014)

Im Rahmen der deutsch-französischen Brüterkooperation war Georges Vendryes oftmals in Deutschland, insbesondere im Kernforschungszentrum Karlsruhe. Er unterstützte das deutsche Bestrahlungsprogramm an den französischen Reaktoren Rapsodie und Phénix, welches sich über viele Jahre erstreckte und die Basis für die Brennelemententwicklung beim Schnellen Brüter SNR 300 Kalkar bildete. Darüber hinaus beteiligte er sich an öffentlichen Diskussionen und Anhörungen zum Thema Brutrate, die in den 1970er Jahren sogar ein Medienthema waren.

Dr. Vendryes erhielt für sein Wirken im Brüterbereich hohe Ehrungen und Preise. Zu nennen sind die Auszeichnung zum Ritter der Ehrenlegion, die Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes, der Enrico-Fermi-Preis, der Japan-Preis, der Indien-Preis und vieles mehr.

Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen, insbesondere seinen vier Söhnen und seiner (aus Karlsruhe stammenden) deutschen Ehefrau Inge Vendryes-Maisenbacher.

Dr. Willy Marth, Karlsruhe

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Nous venons d’apprendre le décès du Docteur Georges Vendryes, ayant fait sa carrière au service du programme nucléaire français. Il est décédé le 16 Septembre 2014, à l'âge de 94 ans. Il a été enterré dans le cimetière du Père Lachaise à Paris.

Georges Vendryes est considéré comme le « père » du développement des surgénérateurs nucléaires français. Diplômé de l'École Polytechnique, à l'Université de Paris, il a reçu un doctorat en physique nucléaire. En 1948, il rejoint le commissariat à l'énergie atomique. Il se consacre à la mise au point du réacteur à neutrons rapides. Dans le cadre du projet expérimental Rapsodie de réacteur de 24 Mégawatt refroidi au sodium au Centre de Cadarache, il était responsable de la planification globale et en particulier de la conception du cœur du réacteur. Puis, il a dirigé avec succès la conception du réacteur Phénix de 250 Mégawatts à la centrale de Marcoule, qui a été mise en service en 1973. Il a ensuite travaillé comme consultant dans la conception du réacteur Superphénix de 1200 Mégawatts.

Dans le cadre de la coopération franco-allemande, Georges Vendryes était souvent en Allemagne, en particulier au Centre de recherche nucléaire de Karlsruhe. Il a soutenu le programme allemand sur les réacteurs Rapsodie et Phénix, qui s’est étendu sur plusieurs années, servant de base au développement des éléments de combustible des réacteurs à neutrons rapides SNR 300 Kalkar. En outre, il a participé à des discussions et des audiences publiques sur le sujet du « breeding », au cœur des conversations dans les médias, même dans les années 1970.

Le Docteur Vendryes a reçu les honneurs et les prix les plus élevés pour son travail dans son domaine, notamment le grade de Chevalier de la Légion d'honneur, la médaille de la Grand-Croix du Mérite, le prix Fermi Enrico, plusieurs distinctions au Japon et en Inde, et bien plus encore.

Notre sympathie va a sa famille, en particulier ses quatre fils et sa femme allemande Inge Vendryes-Maisenbacher (de la région de Karlsruhe) .

Dr. Willy Marth, Karlsruhe

Sonntag, 19. Oktober 2014

Die WAK: Deutschlands sicherster Arbeitsplatz

Die Lebenserfahrung zeigt: mit Superlativen sollte man vorsichtig sein. Aber diesmal fühle ich mich auf der sicheren Seite, denn wo gibt es eine Firma, die Arbeitsplätze bis zum Jahr 2063 anbietet und  die sogar noch aus der Staatskasse finanziert werden. Es ist die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK), welche ab 1960 geplant wurde, die etwa 20 Jahre im Betrieb war und erst im fernen Jahr 2063 wieder in eine grüne Wiese konvertiert sein soll. (Wobei ich mich u. a. auf Informationen des technischen Geschäftsführers Professor Manfred Urban berufe, die vor wenigen Monaten in der FAZ veröffentlicht wurden).

Elite-Personal gesucht

Der Personalstand der WAK wächst und wächst und als kürzlich die Zahl von 500 eigenen Mitarbeitern überschritten wurde, war auch die Zeit zur personellen Aufstockung des Aufsichtsrats gekommen.  Aber die Personaleinstellung wird weiterhin forciert. Zum Rückbau der WAK sucht man per Flyer Ingenieure in den Bereichen Verfahrenstechnik, Maschinenbau, Bautechnik, Elektrotechnik und Strahlenschutz. Gegebenenfalls sogar mit Promotion! Dafür werden die oben genannten langfristigen Unternehmensperspektiven geboten, sowie Vergütungen und Sozialleistungen nach dem bekannt spendablen Manteltarifvertrag der chemischen Industrie. Die Mitarbeiter des benachbarten KIT mit ihren Tarifvertrag öffentlicher Dienst können da wohl nur neidisch blicken. Aber das ist noch nicht alles. In Zusammenarbeit mit der Dualen Hochschule Karlsruhe werden auch Studienplätze zum Bachelor of Science angeboten und außerdem unterstützt die WAK die Bewerber bei Masterarbeiten und Promotionen. Wow!

Dabei war in den vergangenen eineinhalb Jahren bei der WAK gar nicht so arg viel zu tun. Die Geldgeber in Bund (91,8 Prozent) und im Land (8,2 Prozent) waren nämlich klamm und kürzten deshalb die jährlichen Mittelzuweisungen. So war das Jahr 2013 "verloren im Sinne eines technisch erreichbaren Projektfortschritts", was die Geschäftsführung in ihrem Bericht an die Mitarbeiter ganz freimütig zugab. "Design to Budget" war angesagt, d. h. es konnte nur bearbeitet werden, was auch finanziert wurde - die Leistungsdauer, sprich der Terminplan, war nachrangig. Die Fremdfirmenverträge wurden reihenweise gekündigt, das Eigenpersonal jedoch behalten und sogar noch aufgestockt. Im Jahr 2014 musste man endlos auf die Zuwendungsbescheide warten, die dann endlich im Juli - allerdings gekürzt um 18 Millionen Euro - bei der WAK eintrafen.

Lubmin im Blick.  Währenddessen versuchte man die Mannschaft bei Laune zu halten. Die geschah durch "virtuelle Gehwettbewerbe". Innerhalb von 60 Tagen sollte die Strecke von Karlsruhe nach Lubmin, dem Standort des Mutterkonzerns EWN (und Gottvaters Rittscher) zurückgelegt werden. Aber eben nur virtuell, denn jeder der 160 Teilnehmer hatte einen Schrittzähler, konnte seine tägliche Gehleistung selbst auf der Karte eintragen - und trotzdem im Raum Karlsruhe verbleiben. Für die erforderlichen Aufwärmübungen heuerte die WAK die frühere Olympiasiegerin Heike Drechsler an. Wer ko, der ko!

In Lubmin vertrieb sich die Mannschaft der dortigen Energiewerke Nord (EWN) die Zeit mit Paddelwettbewerben im Greifswalder Bodden, wobei man einen respektablen 21. Platz erreichte. Der EWN-Geschäftsführer Henry Cordes hatte mittlerweile alle Aktivitäten für ein GuD-Gaskraftwerk gestoppt, weil u. a. das hiesige Energieversorgungsunternehmen EnBW im Zuge der Energiewende inzwischen die Lust an diesem Projekt verloren hatte. Cordes setzt nun wieder auf das Geschäftsfeld nukleare Entsorgung, wo er seiner Firma praktischerweise gleich selbst "Exzellenz in der Stilllegung" bescheinigte.

Zwischenläger und Gesamtkosten

Selbst bei dem moderaten Abrisstempo der letzten Jahre, ist die Lagerung des rückgebauten radioaktiven Materials ein Riesenproblem. Das bestehende große Lager ist voll und der Neubau zweier weiterer Zwischenläger für schwach- und mittelaktive Materialien ist unausweichlich. Eigentlich sollten diese  Stoffe im Endlager "Konrad" (bei Gorleben) verstaut werden, aber dieses ist seit Jahren wegen vieler Einsprüche der Grünen in Verzug.

Seinen Teil dazu beigetragen hat auch der gegenwärtige baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller in seiner Eigenschaft als Chef des Freiburger Öko-Instituts, als Landtagsabgeordneter der Grünen und als Berater der Partei der Grünen seit den achtziger Jahren. Als Umweltminister muss der joviale  Endfünfziger (gelernter Landschaftsarchitekt) diese beiden Läger nun in seinem Ministerium genehmigen. Die Höchststrafe für einen Grünen! Widerstände sind dabei zu erwarten, denn der Standort dieser Läger ist inmitten des ehemaligen Kernforschungszentrums (jetzt KIT), wo sich täglich ca. 4.000 Personen in unmittelbarer Nähe bewegen.

Zusätzlich befindet sich, wie oben angesprochen, in diesem Bereich das größte deutsche ebenerdige Zwischenlager (Spitznamen: Wasteminster). Wenn die atomrechtlichen Anhörungen für die neuen Läger anlaufen, wird Untersteller zu erklären haben, weshalb diese ungeheure Menge an radioaktiven Stoffen den Mitarbeitern des KIT zugemutet werden kann. Und warum diese gefährlichen Materialien nicht längst im Endlager Konrad, tausend Meter unter der Erde, verstaut sind. Man darf gespannt sein über diese Diskussionen, der Slogan "Gorleben ist überall" wird dabei eine ganz neue Relevanz gewinnen. Derzeit redet man in euphemistischer Weise immer von "Lagerhallen"; klar muss den Ministerialbehörden jedoch sein, dass das Atomrecht für die Lagerung radioaktiver Stoffe "Bunker" verlangt, die gegen Erdbeben und Flugzeugabsturz gesichert sind.

Kosten und Projektstrategien.  Dies führt zu den Gesamtkosten des WAK-Abriss. Urban beziffert sie in dem genannten FAZ-Interview mit "deutlich über 5 Milliarden Euro". Zum angenommenen Projektende im Jahr 2063 könnten dies womöglich 10 Milliarden werden, womit sich die 1990 kalkulierten Rückbaukosten um den Faktor 10 (entsprechend 3 pi) erhöht hätten. Quasi zur Entschuldigung verweist der WAK-Chef darauf, dass die politische Entscheidung, den radioaktiven Abfall nicht im belgischen Mol verarbeiten zu lassen, das Projekt verzögert habe. Genau das Gegenteil ist richtig: die beiden SPD-Politiker Schäfer und Spöri wollten die sogenannte "Atomsuppe" nach Belgien schippern lassen. Es waren die beiden KfK-Manager H&M, welche dieses Wahnsinnsunternehmen gestoppt haben, zugunsten der Verglasung der plutoniumhaltigen Flüssigkeit vor Ort.

Die Möglichkeit, Einnahmen durch die weltweit einzigartige Entwicklung der Verglasungsanlage zu erzielen, wurde leider vertan. Die Chinesen interessierten sich für dieses Projekt und waren bereit, dafür Lizenzgebühren zu entrichten. Jahr um Jahr reisten Scharen von Karlsruher Forscher nach China, sodass schließlich dort ein (größeres) Abbild der hiesigen Verglasungsanlage entstand. Der Nettogewinn für die Karlsruher war leider Null. Wer dabei kaufmännisch versagt hat, ist öffentlich nicht bekannt. Schäuble hätte von einer "schwarzen Null" gesprochen.

Revirements

Einige Revirements sind noch zu vermelden.
Der Leiter der Betrieb für Dekontamination und Lagerung (HDB), Herr Olaf Oldiges, verließ die WAK GmbH bereits nach kurzer Zeit wieder, um extern in ein ähnliches Unternehmen einzusteigen.
Der kaufmännische und juristische Geschäftsführer der WAK GmbH, Herr Herbert Hollmann, wird in den nächsten Monaten diese Position aufgeben.
Und im benachbarten Institut für Transurane (ITU) wurde der Institutsleiter Professor Dr. Thomas Fanghänel vor wenigen Wochen eilends von seinem Posten entpflichtet und nach Brüssel geholt.
Als Berater.

Montag, 6. Oktober 2014

KIT: Wann kommt Katrin?

Im früheren Kernforschungszentrum Karlsruhe, das im August 2006 von einem ehemaligen Geschäftsführer (Popp) der Universität Karlsruhe - unter Umgehung wichtiger interner Gremien - zum KIT angedient wurde ("wir wollen heiraten"), gab es eine große Anzahl von Projekten, die entweder von dem KfK selbst, oder unter seiner maßgeblichen Mitwirkung, angegangen wurden. Stellvertretend dafür seien Folgende genannt: FR 2, MZFR, KKN, HDR, WAK, KNK I, KNK II, SNEAK, Beta, HZ, SNR 300, EFR, KASCADE, GALLEX, KARMEN, Pierre Auger, CREST, Edelweiß, GERDA, Cast, Lopes, AMS, H.E.S.S., MAGIC, Virgo, GLAST, AMANDA, ANTARES etc .etc. Sie bewegten sich allesamt im finanziellen Bereich von Millionen bis sogar Milliarden. Viele kleinere Vorhaben, deren Wertigkeit und Wichtigkeit ich keinesfalls gering schätzen möchte, sind in dieser Aufzählung noch gar nicht vorhanden.


Demgegenüber gibt es nunmehr in diesem Leopoldshafener Areal - KIT Campus Nord genannt - praktisch nur noch zwei Großprojekte: bioliq und KATRIN. Beide befinden sich, finanziell und terminlich gesehen, in beträchtlicher Schieflage. Über bioliq wurde bereits in einem früheren Blog berichtet. Auch bei KATRIN, dem Bereich der Astrophysik zugehörend, scheint es allerhand Probleme zu geben. Was diese beiden Projekte von den meisten oben genannten kerntechnischen Projekten unterscheidet ist, dass die Einflussnahme der Genehmigungsbehörden gering ist und, dass sie unter dem Wohlwollen der Bevölkerung abgewickelt werden können. Dementsprechend wären sie eigentlich viel einfacher abzuwickeln.










Das Hauptspektrometer für KATRIN beim Transport durch Leopoldshafen









Ein winziges Teilchen

Das "Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment" - KATRIN - hat die direkte Bestimmung der Masse des sogenannten Elektron-Neutrino zum Ziel. Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik wurden die drei bekannten Neutrino-Arten zunächst als masselos angenommen. Verschiedene frühere Experimente, wie Gallex und Super-Kamiokande, ließen jedoch vermuten, dass die Neutrino-Ruhemasse von Null verschieden sein könnte. Dem will man im KATRIN-Experiment nachgehen. KATRIN ist also, etwas platt gesprochen, eine Waage für ein wichtiges Kernteilchen.


Die beim Urknall erzeugten Neutrinos sind die häufigsten massebehafteten Teilchen im Universum: jeder Kubikzentimeter enthält (ungefähr) 336 Neutrinos. Als Teilchen der Heißen Dunklen Materie haben sie die Entstehung und Evolution großräumiger Strukturen im Universum mit beeinflusst. Eine Möglichkeit, die rätselhafte Rolle der Neutrinos in einer modellunabhängigen Weise zu bestimmen, ist die genaue Messung der Energieverteilung von Elektronen aus Betazerfällen. Beim Betazerfall wandelt sich ein Neutron in ein Proton, ein Elektron und ein elektronisches Anti-Neutrino um.

Aus Untersuchungen an atmosphärischen Neutrinos kann geschlossen werden, dass die Neutrinomasse mindestens 0,05 Elektronenvolt (eV) schwer sein muss. Dabei ist 1 eV die winzige Masse von 1,8 mal 10 hoch minus 36 Kilogramm! Denkbar ist aber auch, dass die gesuchte Masse des Neutrinos um mehrere Größenordnungen über dem genannten Wert liegt. Messungen in Mainz führten zu einer Obergrenze für die Ruhemasse des Neutrinos um 2,3 eV. Um in den kosmologisch interessanten Bereich unterhalb 1 eV vorzustoßen, ist ein neues Experiment erforderlich - eben KATRIN - das über eine hundertmal intensivere Tritiumquelle und eine fünfmal bessere Energieauflösung als die bisherigen Experimente verfügen muss.

Ein riesiges Experiment

Das insgesamt 75 Meter lange Experiment KATRIN gliedert sich in vier große funktionale Einheiten: eine hochintensive molekulare Tritiumquelle, die 10 hoch 11 Betazerfälle pro Sekunde liefert, eine Tritium-Pumpstrecke, in der die Moleküle aus der Strahlführung eliminiert werden, ein System aus zwei elektrostatischen Spektrometern zur Energieanalyse sowie einem Detektor zum Zählen der transmittierten Elektronen. Wesentliche technologische Herausforderungen sind das hohe Vakuum (10 hoch minus 11 Millibar!) und die Temperaturstabilität der Quelle. Eine der Tritiumquellen ist "fensterlos", was eine gesonderte Technologie erfordert. Sie ist gewissermaßen das Arbeitspferd des Experiments, da sie erlaubt, das Tritiumspektrum mit der höchstmöglichen Energieauflösung zu untersuchen und somit eine maximale Luminosität für die Beta- Zerfallselektronen bereitstellt.

Der 200 Tonnen schwere, 24 Meter lange Vakuumtank mit einem Durchmesser von 10 Metern für das KATRIN-Hauptspektrometer wurde von der Firma MAN in Deggendorf hergestellt. Der Tank war zu groß, um über Autobahnen transportiert zu werden. Er wurde deshalb über die Donau, durch das Schwarze Meer, das Mittelmeer, den Atlantik, den Ärmelkanal, die Nordsee und über den Rhein nach Leopoldshafen bei Karlsruhe per Schiff und am 25. November 2006 auf den letzten 6,8 km per Tieflader in viereinhalb Stunden durch den Ort Leopoldshafen zum Forschungszentrum gebracht. Dieser Umweg betrug ca. 8.600 km gegenüber der kürzeren Route mit 350 km auf dem Landweg.

Die Energieanalyse der Elektronen aus dem Betazerfall erfolgt bei KATRIN in zwei Schritten: Zunächst werden in einem kleinen Spektrometer alle Elektronen mit Energien unterhalb 18,4 eV aussortiert, da sie keine Informationen über die Neutrinomasse tragen. Im großen Hauptspektrometer wird dann die Energie nahe am Endpunkt präzise bestimmt. Dafür ist das oben genannte Ultrahochvakuum erforderlich und die Stabilität der Gegenspannung von 18,6 kV darf nur um weniger als ein Millionstel schwanken. Die transmittierten Elektronen werden schließlich in einem segmentierten untergrundarmen  Siliziumzähler nachgewiesen.

Ein langer Weg zum Ziel

Da KATRIN bei KIT Campus Nord als Projekt geführt wird, kann man ihm das technische Ziel sowie den finanziellen Aufwand und die erforderliche Zeitdauer zuordnen. Als Ziel für KATRIN wurde immer wieder benannt, die Ruhemasse des elektronischen Neutrinos um mindestens eine Größenordnung genauer als die früheren Messungen, zum Beispiel in Mainz und Russland, zu bestimmen. Inwieweit das zu erreichen ist, wird die Zukunft zeigen.

Über den finanziellen Aufwand für KATRIN ist in der zugänglichen Literatur nichts zu erfahren.  Weder die F&E-Berichte noch die jährlichen Budgetansätze sind für Außenstehende (und Steuerzahler) eruierbar. Das war früher anders. In der Zentralbibliothek des Zentrums bzw. bei den Projektleitungen waren diese Zahlen einsehbar. Trotzdem: In dem sogenannten "letter of intent", der immerhin 51 Seiten umfasst und der aus dem Jahr 2001 stammt, werden die Gesamtkosten des Projekts KATRIN auf 17 Millionen Euro beziffert; darin nicht eingeschlossen sind die Gehälter der Mitarbeiter.

Bleiben die Zeitdauer des Projekts und seine wichtigsten Etappen. Im letter of intent wird im Kapitel "Outlook and Conclusion" in Aussicht gestellt, dass der Bau des KATRIN im Jahr 2005 beendet sein soll, die Inbetriebnahme sowie die ersten Versuchsmessungen sollten 2006 erledigt werden und mit der Aufnahme der "long term data" sollte noch zum Ende des gleichen Jahres begonnen werden. Aus neueren Informationen im Internet kann man entnehmen, dass der Bau der Anlage erst im Jahr 2016 vollendet sein wird und der Versuchsbetrieb erst im Jahr 2022. Das sind Verzögerungen von 11 Jahren und mehr, die sicherlich auch von erheblichen Mehrkosten begleitet worden sind.

Der Projektleiter der KATRIN, Professor Dr. Guido Drexlin, könnte im Jahr 2022 bereits in den ehrenvollen Stand des "Emeritus" getreten sein.
Trotzdem:
ad multos annos, professore!