Prinz Max, Thronfolger des Grossherzogtums Baden, war damals 51 Jahre alt und galt als liberaler Aristokrat. Während des Kriegs war er Ehrenpräsident der deutsch-amerikanischen Gefangenenhilfe und hatte sich in der Fürsorge der Gefangenen aller Nationalitäten verdient gemacht. Er schien - den drohenden militärischen Zusammenbruch vor Augen - ein glaubwürdiger Regierungschef für die anstehenden Verhandlungen mit den gegnerischen Kriegsmächten zu sein.
Fünf ereignisreiche Wochen
Reichskanzler Max von Baden verlor keine Zeit. Schon am nächsten Tag, dem 4. Oktober, verschickte er ein (Morse-) Telegramm an den US-Präsidenten Woodrow Wilson, worin er sofortige Waffenstillstandsverhandlungen vorschlug. Gleichzeitig bildete er eine parlamentarische Regierung, in die er mit Philipp Scheidemann und Gustav Bauer erstmals sozialdemokratische Minister berief.
Max von Baden (1867 - 1929)
Leider war die Antwort von Wilson nicht unbedingt positiv. Der Präsident machte deutlich, dass er an die Demokratisierung in Deutschland nicht glaube, solange dort ein Kaiser mit so vielen Vollmachten im Amt sei. Dies nutzte der Erste Generalquartiermeister und oberste General Erich von Ludendorff um sich quer zu legen. Er wollte plötzlich, dass Reichskanzler Max die im Westen und Osten eroberten Gebiete in den Verhandlungen für Deutschland geltend machen solle. Das war aber gegen die Entente nicht durchzusetzen und so verlangte Max vom Kaiser die Absetzung von Ludendorff, welche dieser am 26. Oktober vollzog. Ein Sieg, den niemand dem Adeligen aus der badischen Provinz zugetraut hätte. (Leider blieb sein Generalskollege Hindenburg dabei ungeschoren, der 15 Jahre später Adolf Hitler zum Reichskanzler ausrief.)
Aber damit hatte Reichskanzler Max sein Pulver noch lange nicht verschossen. Nun ging er auch seine Majestät, den Kaiser höchstpersönlich, an. Als in dem Notenwechsel mit Wilson immer deutlicher wurde, dass dieser Wilhelm II. nicht mehr auf dem Thron sehen wollte, legte Prinz Max dem Kaiser nahe, zugunsten seines Enkels auf die Kaiserwürde zu verzichten. Bis zur Volljährigkeit des Enkels wollte Max als Reichsverweser agieren. Der Kaiser war wütend und flüchtete vor den zwischenzeitlich ausgebrochenen Matrosenrevolten in Kiel und Wilhelmshaven in das belgische Spa. Am 9. November 1918 sah Max keine andere Möglichkeit mehr, als eigenmächtig die Abdankung des Kaisers zu verkünden. "Ich konnte den Kaiser doch nicht vom Pöbel absetzen lassen", rechtfertigte der Prinz später seine Entscheidung.
Aber nun war es eine Frau, die den Reichskanzler Max zur Strecke bringen sollte. Die Kaiserin, Auguste Viktoria, war so sauer auf Prinz Max, dass sie ihn antelefonierte und mit einer Suada an Vorwürfen, Beschimpfungen und Drohungen überschüttete. So kündigte sie an, dass sie seine homosexuellen Neigungen publik machen würde, was damals gleichbedeutend mit der Vernichtung der Person war. Max war zutiefst geschockt, fiel in Ohnmacht und musste längere Zeit von Ärzten versorgt werden.
Nach der Verkündung der Abdankung des Kaisers und des Thronverzichts des Kronprinzen (am 28. November von Wilhelm II. nachträglich bestätigt) rief Scheidemann vom Balkon des Reichstags die Republik aus. Darauf übergab Prinz Max kurz entschlossen die Reichskanzlerschaft an Friedrich Ebert, den Führer der stärksten Reichstagspartei. Zwei Tage später wurde im Wald von Compiègne der Waffenstillstand unterzeichnet. Am 11. November 1918 schwiegen ab 12 Uhr die Waffen an der Westfront. Der Erste Weltkrieg war zu Ende. Max zog sich in das Privatleben zurück und gründete mit Kurt Hahn die Schule Schloss Salem, welche zur Heranbildung einer neuen geistigen Elite in Deutschland beitragen sollte.
Als der Kaiser in der Nacht vom 9. zum 10. November nach Holland ins Exil floh, durchfuhr ein Schock die deutschen Adeligen. Fast alle deutsche Fürsten, insbesondere die Könige von Bayern, Sachsen, Württemberg und die Grossherzöge und Herzöge der anderen deutschen Staaten dankten in diesen Novembertagen ebenfalls ab. Abordnungen der Arbeiter- und Soldatenräte kamen zu ihnen, verlangten, dass sie abtreten und sie gaben allesamt nach. Der König von Sachsen sagte zu der Abordnung, die ihn zur Abdankung aufforderte, ganz gelassen:
"Na guud, dann macht eirn Dreck alleene".
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