Der Plan des Betreibers sieht vor, dass die 1.500 Brennelemente in CASTOR-ähnliche Abschirmbehälter gezogen werden, die man sodann zu einem sicheren Zwischenlager abtransportiert. In einem Jahr soll diese Prozedur beendet sein, was darauf hinausläuft, dass im Schnitt stündlich ein Brennelement vom Abklingbecken in die Transportbehälter gezogen werden muss. Ein ziemlich ambitionöses Unterfangen, denn man muss damit rechnen, dass manches Brennelement im Becken verklemmt ist und sich nicht so einfach (fernbedient) in den Castorbehälter bugsieren lässt. Immerhin, diese Aktion des Betreibers Tepco ist positiv zu bewerten und man sollte viel Glück dazu wünschen.
Die anfängliche Wassernot
Rekapituliert man den Störfallablauf bei den Kraftwerken Nr. 1 - 3 in Fukushima, so herrschte dort in den ersten Monaten Wassernot. Die Reaktoren hatten sich zwar automatisch abgeschaltet - was bei einem Beben der Stärke 9 nicht trivial ist - aber die Brennelemente im Tank produzierten immer noch Wärme, die sogenannte Nachwärme. (Verglichen mit einem Küchenherd, der noch Hitze abstrahlt, auch wenn der Ofen bereits elektrisch abgeschaltet ist). Diese Nachwärme, in ihrer Stärke vergleichbar mit ca. 10.000 handelsüblichen Tauchsiedern, wäre im Normalfall durch das Nachwärmeabfuhrsystem sicher beherrscht worden. Leider war dieses Notsystem in Fukushima durch die Fluten des Tsunamis zerstört worden. Deshalb sah sich die Betriebsmannschaft gezwungen, die drei Reaktoren - die Nr. 4 war von vornherein ausser Betrieb - aus Feuerwehrschläuchen mit kühlendem Meerwasser zu bespritzen, was in der Konsequenz dazu führte, dass diese aus Korrosionsgründen endgültig unbrauchbar wurden. Die partielle Kernschmelze, verbunden mit dem Austritt der radioaktiven Spaltprodukte Jod, Cäsium und Strontium, konnte trotzdem nicht verhindert werden. Auch strukturelle Schäden in den Beton- und Stahlstrukturen waren die Folge.
Die jetzige Wassersnot
Das eingespritzte Wasser wird durch die Berührung mit den Kernmaterialien selbst kontaminiert und muss deshalb wieder aufgefangen und abgesaugt werden. Ein spezielles Team nicht sonderlich kompetenter Arbeiter schweisst deshalb "auf die Schnelle" Stahlbehälter zusammen, worin dieses radioaktive Abflusswasser eingefüllt wird und die man in der Nähe der Reaktoren positioniert. Die Qualität dieser Wassertanks ist offensichtlich mangelhaft, denn nach eigenen Angaben der Fa. Tepco kommt es immer wieder zu Leckagen. Im August diesen Jahres ergoss sich ein Drittel eines 1.000-Kubikmeter-Tanks in den nahen Pazifik. Ein Aufschrei der lokalen Fischer war die Folge.
Inzwischen sind einige hundert Tanks in der Umgebung der Reaktoren aufgestellt; die grössten haben einen Durchmesser von 12 Meter und sind 11 Meter hoch. Im Jahr 2015 sollen es weit über 2.000 sein: Tepco ersäuft in diesem Wasser, es herrscht Wassersnot! Immer wieder stellen Kontrolltrupps fest, dass an Roststellen mancher Tanks kontaminiertes Wasser ausläuft, im Erdboden versickert und letztlich ins Meer gerät.
Wassersnot und Platznot in Fukushima
Statt nur passiv zu lagern, sollte man diese radioaktiven Wässer dekontaminieren, d. h. verfahrenstechnisch die schädlichen Nuklide abtrennen. Die Grundlagen dafür sind bekannt; schon im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe hat man jahrelang mit Erfolg (kleine Mengen) von strahlenden Flüssigkeiten "dekontaminiert". In Fukushima bräuchte man für diese Prozedur sicherlich eine fabrikartige grosse Anlage. Warum die Japaner mit dem Bau einer solchen Anlage zögern, ist nicht bekannt.
Ring-Lösungen
Inzwischen nimmt die Wassersnot immer mehr überhand. Messungen haben ergeben, dass offensichtlich das Grundwasser unter den beschädigten Reaktoren nach oben drückt, mit den Brennmaterial in Kontakt kommt und dadurch kontaminiert wird. Auf diese Weise sind täglich etwa 400 Kubikmeter Abwasser abzupumpen und in den erwähnten Stahlbehältern zu lagern. Das kann keine Dauerlösung sein. Deshalb ist man auf die Idee gekommen, den Erdboden rings um die vier Reaktoren künstlich zu vereisen, damit das Grundwasser nicht mehr hindurchdringen kann. Kühlstäbe sollen in den Grund versenkt werden, wodurch quasi ein künstlicher Permafrost-Wall entstehen würde, der das Wasser abhalten soll. Das Ganze ist ein gigantisches Unternehmen, denn der Frost-Ring würde einen Umfang von 1,4 Kilometer haben müssen. Noch nirgendwo auf der Erde ist diese (Bergbau-) Methode in diesem Masstab angewendet worden. Möglicherweise ist dieser Ring aus Permafrost aber gar nicht wirksam, wenn das Wasser nicht nur von der Seite, sondern auch von unten hochdrückt.
Nimmt man alles zusammen, dann wird immer deutlicher, dass der Betreiber Tepco - und die japanische Regierung - dem Wassersproblem nicht gewachsen ist. Dieses Thema wird die Öffentlichkeit über die Medien noch viele Jahre beunruhigen.