Heute wurde Dr. Gerhard ("Gerd") Brudermüller, Mitglied unseres Rotter Freundeskreises, auf dem Friedhof Karlsruhe-Hagsfeld zu Grabe getragen. Gerd liebte diesen Stammtisch auf der Rheininsel Rott, besuchte ihn regelmässig und genoss dort seinen Zander in Weinsosse bis kurz vor seinem Tode. Brudermüller hatte fast sein ganzes berufliches Leben der Kernenergie verschrieben und war dabei ausserordentlich erfolgreich. Da es heute nicht mehr en vogue ist, bei Trauerreden dieses Thema anzuschneiden, sei nachstehend kurz dargestellt, worauf die Verdienste des Verstorbenen um die Reaktortechnologie in Deutschland beruhen.
Zusammengefasst kann man folgendes feststellen: Dr. Brudermüller war im Verlaufe seiner ca. 40-jährigen beruflichen Karriere als technischer Chef für den Betrieb von drei verschiedenen Kraftwerkstypen verantwortlich - nämlich für Kernkraftwerke, die mit Natrium, mit Schwerwasser und mit Leichtwasser gekühlt wurden. Ich kenne keine Person von seinem Rang, die sich in diesen drei sehr verschiedenen Feldern der Reaktortechnologie versucht hat und dabei ähnlich grosse Erfolge vorzuweisen hätte.
Gerd Brudermüller wurde im Schwäbischen als Jüngstes von drei Kindern geboren, studierte Physik und bekam seine erste Stelle im Kernforschungszentrum Karlsruhe, wo er bei Professor Beckurts Wirkungsquerschnitte an einem Beschleuniger zu messen hatte. Schon früh zog es ihn zur Reaktorphysik und er avancierte zum Projektleiter des Kernkraftwerks KNK I, welches mit Natrium gekühlt wurde. Dort legte er auch die Basis für die KNK II, einem Schnellen Brüter als Vorstufe für das grosse Brüterkraftwerk Kalkar SNR 300. Bald darauf wurde er zum technischen Geschäftsführer für die KNK-Kernkraftwerke berufen, wobei er grosse Verdienste um den sicheren Betrieb dieser heiklen Prototypanlagen hatte.
Der zweite Karriereschritt führte Brudermüller zum Mehrzweckforschungsreaktor MZFR, einem 50 MWe-Kernkraftwerk, das mit Schwerwasser gekühlt wurde. Auch hier war Gerd als technischer Betriebsdirektor sehr erfolgreich. Während des 20-jährigen Betriebs hatte der MZFR - als einziger deutscher Druckwasserreaktor! - keinen Dampferzeugerschaden und acht Jahre lang auch keinen einzigen Brennelementdefekt. Unter seiner Leitung wurde erstmals an einem Kernkraftwerk die nukleare Wärmeauskopplung zur Beheizung eines Forschungszentrums demonstriert.
Der dritte Schritt war seine Ernennung zum Chef des Kernkraftwerks Obrigheim, einer 300 MWe-Anlage, die mit Leichtwasser gekühlt wurde. Daneben war Brudermüller auch für den Aufbau des Kerntechnischen Hilfszug verantwortlich, der grosse Erfolge beim Einsatz im zerstörten Kraftwerk Tschernobyl vorzuweisen hatte. In Summe hat Gerhard Brudermüller bei all diesen Stationen eine berufliche Lebensleistung vollbracht, die verschiedenartigste Anforderungen mit sich brachten und denen er immer gerecht wurde.
Gerd wurde 83 Jahre alt. Wir, seine Rotter Freunde, bedauern seinen unerwartet schnellen Tod und sind traurig, ihn nicht mehr unter uns zu haben.
Sterben heisst losslassen,
aber die Erinnerung an Dich, lieber Gerd, wird bleiben.
Willy Marth
Es ist schon traurig, wenn das Lebenswerk eines teuren Verstorbenen nicht korrekt gewürdigt werden kann, weil das Wort "Kernkraft" darin vorkommt. Armes Deutschland!
AntwortenLöschenIch möchte an dieser Stelle aber energisch widersprechen, dass sich die Familie des Verblichenen dem Diktat politisch korrekter Pfaffen beugen muß.
Auf der Beerdigung von Bernd-Dieter Hahn, jahrelanges Mitglied der nuklearen Community, im September diesen Jahres, hat der Trauerredner nicht nur das Wort "Kerntechnik" kurz angerissen, sondern im Sinne des Verstorbenen ausgebaut. Die Schaar der Hinterbliebenen war begeistert, wenn man mir das Wort im Zusammenhang mit einer Beerdigung verzeihen möchte. Wie der Mensch, so die Rede. Das ist der letzte Dienst, den man einem Menschen erweisen kann.