Donnerstag, 19. September 2013

Die WAK in rauer See

In der Geschäftsführung der WAK GmbH müssen Experten des Segelsports sitzen. Denn nicht anders ist es zu erklären, dass sie für die Schieflage ihres Unternehmens Metaphern aus dem nautischen Bereich heranziehen. "Das Schiff der WAK ist in raue See geraten", heissst es da in der Betriebszeitschrift. Und: "Die Windrichtung können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig stellen". Erstaunlich, wie schnell diese vormals badische Firma, nach der Übernahme durch die pommersche EWN, den Slang des Greifswalder Bodden angenommen hat.


Knappe Kassen zwingen zur Notbremsung

Der Grund, weshalb "das träge Schiff WAK" sich "in schwerem Wetter" befindet, ist schnell gesagt: die Geschäftsleitung hat beim Rückbau der WAK mehr Aufgaben auf die Hörner genommen, als sie finanzieren konnte. Ihre eigene mittelfristige Finanzplanung hat sie um satte 10 Prozent überschritten - in der schlitzohrigen Erwartung - dass ihnen die Geldgeber bei Bund und Land diesen Zuschlag schon konzedieren würden. Das haben die zuständigen Politiker und Beamte aber nicht getan, sondern sie haben verlangt, dass die WAK GmbH, bitteschön, ihre eigene frühere Finanzplanung einhalten möge.

Nun knirscht es allenthalben und die Geschäftsführung musste die Reissleine ziehen. In diesen Tagen werden die Rückbauarbeiten im Prozessgebäude, dem grössten Trakt der WAK, komplett eingestellt. Die Verträge mit Fremdfirmen, wie Studsvik, wurden bereits gekündigt, wobei es auch trainierte Arbeiter trifft, die bereits seit 30 Jahren in der WAK tätig sind. In Schnitt haben im Prozessgebäude seit 2007 mehr als 50 Personen gearbeitet, die für den Abriss der Betonstrukturen und die Beseitigung der eingedrungenen Aktivität beschäftigt waren. Das eigene Personal der WAK soll sich in Zukunft temporär stärker in diese Abrissarbeiten einschalten, aber das Interesse für einen Wechsel von den gegenwärtigen Bürojobs zu Arbeiten im Vollschutzanzug hält sich in Grenzen.

Der Bestand an über 500 Mann Eigenpersonal, die i. w. administrative, planerische und infrastrukturelle Arbeiten erledigen, wird von manchem Geldgeber zuweilen als etwas "üppig" angesehen. Hinzu kommt, dass im vergangenen Jahr sogar noch eine weitere Hauptabteilung für Technische Dienste und Services installiert wurde, die sich ihrerseits auf vier Abteilungsleiter abstützen kann, wovon zwei promovierte Vollakademiker sind. Auch bei der Hauptabteilung Dekontaminationsbetriebe (HDB) wurde die Anzahl der Stäbe kürzlich von zwei auf drei erhöht. Als Gipfel mag man ansehen, dass derzeit ein neues Verwaltungsgebäude für 5,13 Millionen Euro errichtet wird, das über drei Geschosse Platz für 100 Mitarbeiter bieten wir. Das bisherige Verwaltungsgebäude im WAK-Bereich (auch keine Hartz-IV-Unterkunft) soll erhalten bleiben. Für Investitionen dieser Art kursiert in der WAK der griffige Slogan: "Rückbau ist Neubau




                                           
                                           Neues Verwaltungsgebäude der WAK (im Bau)



Zwischenläger händeringend gesucht

Ein schwieriges, gleichwohl drängendes Problem ist die Zwischenlagerung der abgebauten und konditionierten radioaktiven Materialien. Seit einiger Zeit ist bekannt, dass die derzeitigen Läger dafür nicht ausreichen. Das Zwischenlager für schwachradioaktive Abfälle (LAW) ist bereits zu 80 Prozent, das für mittelradioaktive Abfälle (MAW) nahezu vollständig belegt. Da der Einlagerungsbeginn im Endlager Konrad sich mehrmals verzögert hat, sind keine Auslagerungen aus Karlsruhe nach Niedersachsen möglich. Der Rückbau der WAK und der Reaktoren MZFR und KNK macht aber nur Sinn, wenn das Demontagegut konditioniert und sicher zwischengelagert werden kann. Ist diese Voraussetzung in den nächsten drei Jahren nicht gegeben, so müssen die Rückbauprojekte gedrosselt oder gar ganz eingestellt werden.

Es ist geplant, die Lagerkapazität für den LAW um ein Viertel und für den MAW auf das Doppelte zu erweitern. In beiden Fällen ist noch kein atomrechtlicher Genehmigungsantrag gestellt. Die Zeit wird also knapp, wenn in drei Jahren diese beiden Läger stehen sollen. Die Umlandgemeinden, insbesondere Linkenheim-Hochstetten, reagieren recht negativ auf diese Pläne. Der dortige Bürgermeister Günther Johs, ein strammer Atomgegner, hat bereits eine juristische Normenkontrollklage angekündigt. Verärgert ist er über die weiteren sich abzeichnenden Verzögerungen beim Abriss der WAK bis zur Grünen Wiese, will er doch auf diesem Baugrund ein "Konferenz- und Tagungshotel" hochziehen. Nicht wenige halten das für eine "Verhinderungsplanung", was den temperamentvollen Schultes aber nicht anficht.


An die Gewehre

Wer hat sich nicht schon über gurrende und kackende Tauben in seinem Umfeld geärgert? So erging es wohl auch einem Gabelstaplerfahrer bei der HDB, der darüber nachdachte, wie er die Tauben "vergrämen" konnte, die laufend seine Container im Dekontaminationsbereich verschmutzten. Die üblichen Mittel wie Händeklatschen halfen nicht bzw. nur temporär und so kam er auf eine unglückselige Idee: er entnahm seinem heimischen Arsenal zwei Luftdruckgewehre und eine Luftdruckpistole samt Munition und schmuggelte sie in den HDB-Bereich. Noch bevor er sich - in Anlehnung an den österreichischen Comedian Qualtinger - an die Ausrottung dieser niedlichen aber nervigen Tiere machen konnte, wurde seine Waffen entdeckt und kurze Zeit darauf auch der Eigentümer.

Die Kriminalpolizei machte einen ziemlichen Bohai, die Medien schrieben darüber -
und der Gabelstaplerfahrer ward fortan nicht mehr bei der HDB gesehen.

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