Um so härter war die Pleite am Montag, dem 14. Mai, beim Spiel im heimischen Wildparkstadion. Der KSC musste einem frühen Tor der Regensburger hinterher laufen, führte dann zwar zeitweise nochmal 2:1, aber im Endspurt gelang den auswärtsstarken Domstädtern aus einer Ecke heraus der Ausgleich zum 2:2. Das bedeutete - wegen der doppelt so wertvollen Auswärtstore - den Aufstieg der Regensburger und den Abstieg des KSC in die Regionalliga.
Das konnten eine ultraextreme Gruppe von ca. 200 Fans nicht ertragen. Sie machten Randale, warfen Leuchtmunition und Böller, stürmten das Spielfeld, belagerten stundenlang die Geschäftsstelle und plünderten sowie verwüsteten das Vereinsheim. Selbst 210 Polizeibeamte und 350 Ordner konnten den Mob erst nach zwei Uhr nachts in den Griff kriegen. Karlsruhe war geschockt; die Sanktionen des DFB werden nicht auf sich warten lassen.
Eine durchwachsene Vergangenheit
Der Karlsruher Sport Club war 1952 durch Fusion der beiden Ortsvereine Phönix und Mühlburg entstanden und gehörte zu den spielstärksten Mannschaften der damaligen Oberliga Süd. Mehrfach gewann er den Deutschen Fussballpokal und zwei Mal stand er sogar im Enspiel um die nationale Meisterschaft. So war es kein Wunder, dass der Traditionsverein KSC mit mehr als 6000 Mitgliedern 1963 sogar Gründungsmitglied der Fussballbundesliga wurde. Dort hielt er sich fünf Jahre und erzielte damals sogar zwei Rekordergebnisse, die heute noch Bestand haben: 1964 gewann er bei Eintracht Frankfurt 7:0 und einige Monate später verlor er bei 1860 München mit 0:9.
Danach kam eine wechselvolle Periode, welche dem KSC den Spitznamen "Fahrstuhlmannschaft" eintrug. Zwischen 1967 und 1987 stieg der Club vier Mal in die zweite Liga ab und drei Mal in die erste auf. Mit der Verpflichtung des ehemaligen Mönchengladbacher Spielers Winfried Schäfer als Trainer änderte sich das: zwischen 1987 und 1998 lagen die "goldenen Jahre" des KSC. Der blondgelockte "Winnie" und sein Manager Carl-Heinz Rühl bewirkten die zehn erfolgreichsten Jahre des Vereins. Aus jungen, namenlosen (aber hungrigen) Spielern formte Schäfer eine Mannschaft, die drei Mal den 6. Platz (1993, 1994, 1997) in der 1. Bundesliga erreichte. Auch in den UEFA-Runden schlugen sich die jungen Spieler wacker. Unvergessen ist der 7:0 - Sieg über Valencia, ein Ereignis, das heute noch als "Wunder im Wildpark" bezeichnet wird und dem vierfachen Torschützen Edgar Schmitt den Ehrennahmen "Euro-Eddy" zukommen liess.
Eine ganze Nationalmannschaft hätte man aus (den damaligen) Karlsruher Spielern bestücken können. Ich nenne nur die wichtigsten Namen: Oliver Kahn, Michael Sternkopf, Jens Nowotny, Mehmet Scholl, Thorsten Fink, Michael Tarnat, Oliver Kreuzer u.a.m. Leider hat sie der damalige Präsident Roland Schmider (zumeist) an Bayern München verkauft. Oft zu relativ niedrigem Preisen und dafür teuere Nobodys geholt, die nicht eingeschlagen haben. Im März 1998 wurde Trainer Schäfer entlassen, nach Saisonende war der KSC in die zweite Liga abgestiegen. Aber auch das war noch nicht das Ende. Nach zwei Spielzeiten in der 2. Liga sah sich der KSC im Jahr 2000 in der 3. Liga wieder. Der Trainer, mit dem es nach unten ging, hiess übrigens Jogi Löw, derzeit Coach der deutschen Nationalmannschaft.
Eine triste Gegenwart
Die Fehler, welche damals gemacht wurden, wirken bis zum heutigen Tag nach, insbesondere weil die finanzielle Basis des Clubs zerstört worden war. Roland Schmider, seit 26 Jahren Vereinsvorstand, musste zurücktreten. Gerhard Seiler, ehemals Oberbürgermeister wurde Notvorstand und konnte (mit Hilfe der Stadt) die drohende Insolvenz abwenden. Sein Nachfolger war der Steuerberater Hubert Raase mit Manager Rolf Dohmen. Diesen gelang es, den KSC einigermassen zu konsolidieren, sodass er nochmals zwei Spielzeiten im Oberhaus mitspielen durfte. Ede Becker war der verdienstvolle Trainer. Danach kam als Vorstand der ex-Bürgermeister der Kleinstadt Bretten - ein begnadeter Populist und Spalter. Mit ihm ging es nicht lange gut: Ingo Wellenreuther, ein Bundestagsabgeordneter der CDU, wurde 2010 in einer stürmischenVersammlung zum Vorstand des KSC gewählt.
Ligazugehörigkeit und Platzierungen des KSC seit 1963
Dem KSC hat es wenig genützt. Er ist trotzdem - siehe oben - in die Regionalliga abgestiegen. Wellenreuther versuchte alles. Vier Trainer sind allein in seiner kurzen Amtszeit in die Wüste geschickt worden: Schupp, Rapolder, Scharinger und Andersen. Der jetzige, Markus Kauczinski, darf bleiben; vielleicht auch, weil man sich einen fünften Rauswurf nicht mehr leisten kann. Von den 33 Spielern des KSC besitzen nur vier einen Vertrag für die 3. Liga. Viel Arbeit für den Manager Kreuzer, der offenbar bleiben soll, aber auch keine Fortüne hatte.
Der KSC war in den letzten Jahren weitgehend ein Söldnerverein. Einige Namen der Spieler deuten darauf hin: Luis Robles, Bakary Soumare, Elias Charalambous, Giuseppe Aquaro, Ionut Rada, Aleksandre Iaschwili, Delron Buckley, Marco Terrazino, Makhtar Thioune, Boubacar Fofana, Moses Lamidi, Andrei Cristea, Louis Ngawat-Mahop, Klemen Lavric etc. Die Karawane zieht weiter, mit der Region fühlt sich kaum einer verbunden.
Eine dunkle Zukunft
Die finanziellen und personellen Sorgen werden den KSC auch in die Zukunft begleiten. Der Verein hat kein finanzielles Polster. Stattdessen sind alle Kreditlinien der Banken bis zum Limit beansprucht. Darüberhinaus drücken noch Schulden aus der Vergangenheit, insbesondere bei Medienfirmen (Kölmel!), die bedient werden müssen. Für ein Jahr hat der wohlhabende Vizepräsident Günter Pilarsky noch seine private Unterstützung zugesagt; er ist in der Recyclingindustrie tätig und ausserdem Honorarkonsul der Republik Armenien. Der Energiekonzern EnBW (mit Hauptsitz in Karlsruhe) ist als Trikotsponsor schon ausgeschieden.
Der Präsident Ingo Wellenreuther will sich im Herbst nochmals zur Wahl stellen. Man weiss nicht, ob man darüber froh sein soll. Wellenreuther ist der typische Multifunktionär. Im Hauptberuf ist er Bundestagsabgeordneter der CDU in Berlin und dort auch in Ausschüssen tätig. Daneben ist er auch Gemeinderat der Stadt Karlsruhe sowie Parteivorsitzender des Kreises. Hinzu kommen noch eine Reihe von Ehrenämtern. Zum Jahresende steht die Wahl des Oberbürgermeisters der Stadt Karlsruhe an, die für ihn kein Selbstläufer werden wird. Woher soll Wellenreuther die Zeit für den KSC nehmen? Aber vielleicht denkt er an eine Werbekampagne mit Aufklebern aus den Restbeständen seines Vorgängers Roland Schmider.
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