Die Söhne des Soldatenkaisers um 1737;
von links: Friedrich (25 Jahre alt); August Ferdinand (7); August Wilhelm (15); Heinrich (11)
Mit grossem Unwillen registrierte der Vater schon bald, dass sein Sohn Friedrich ein "Sensibelchen" war, der am liebsten französisch parlierte, Flöte spielte und sich hinter Büchern vergrub. Friedrich Wilhelm hingegen war ein Raubein und stolz auf seinen Beinamen "Soldatenkaiser". Er regierte sein kleines Land mit harter Hand und mit militärischer Prägung. Aus den nur 1,6 Millionen Bewohnern presste er ein Heer von 80.000 Mann heraus. Die "langen Kerls" hatten es ihm besonders angetan. Für die Jagd nach Männern, die über 1.88 Meter gross waren, sandte er Werber bis nach Kroatien und die Ukraine aus. Für einen "Sechsfüssler", der 1,92 Meter gross war, zahlte er bereitwillig 3000 Taler, währendessen sein Volk hungerte. Diese königliche Leidenschaft nach langen Soldaten hatten auch einen praktischen Grund: Das Vorderladergewehr, das Füsil, erzielte die beste Wirkung, wenn es möglichst lang war. Entsprechend war es nur für hochgewachsene Männer leicht zu handhaben.
Konflikt mit dem Vater
Der Vater betrachtete Friedrich als ein "Weichei" und versuchte ihm durch körperliche und seelische Züchtigungen "Manneshärte" beizubringen. Aber der junge Friedrich war renitent und heizte diese Konflikte auch noch durch betont aufsässiges Verhalten immer wieder an. Während des verhassten Exerzierens freundete er sich mit dem acht Jahre älteren Leutnant Hans Hermann von Katte an, dem er wohl auch homophil verbunden war. 1730 versuchte Friedrich mit seinem Pagen über Frankreich nach England zu fliehen, wurde dabei aber gefasst. Der Vater wollte ihn hinrichten lassen und liess sich erst durch durch Briefe von Kaiser Karl VI. und Prinz Eugen von diesem Vorhaben abbringen. Dennoch wurde Friedrich zu Festungshaft in Küstrin verurteilt. Leutnant Katte, bei dem man einen kompromittierenden Brief gefunden hatte, der ihn als Mitwisser entlarvte, wurde "per Allerhöchster Kabinettsordre" zum Tode verurteilt. Die Strafe für den Kronprinzen bestand darin, dass er die Hinrichtung seines Freundes vom Fenster seiner Zelle in Küstrin mitansehen musste. Seine Bewacher hatten die Anweisung, sein Gesicht gegen die Gitterstäbe zu pressen, als der Henker Kattes Kopf mit dem Schwert abgeschlug.
Von diesem Zeitpunkt an ging Friedrich gewissermassen in die "innere Resignation". Er wehrte sich nicht mehr sonderlich gegen die Auflagen seines Vaters. 1733 stimmte er sogar seiner Verheiratung mit der ungeliebten Elisabeth Christine von Braunschweig zu. Die Ehe blieb kinderlos, nicht zuletzt aufgrund seiner andersartigen sexuellen Neigungen. 1736 "belohnte" ihn der Vater, indem er dem jungen Paar das Schloss Rheinsberg als Residenz übergab. Friedrich widmete sich während dieser Zeit dem Studium der Geschichte, Philosophie und Poesie, komponierte eine Sinfonie und schrieb den "Antimachiavell", einen Tugendkatalog für aufgeklärte Idealmonarchen. Er begann eine Korrespondenz mit dem französischen Philosophen Voltaire, die bis zum Lebensende anhielt. Seiner Frau begegnete er höflich aber distanziert. Später wies er ihr als Wohnsitz das Schloss Schönhausen zu, wo sie einsam und zunehmend verbittert über fünf Jahrzehnte verbrachte.
Friedrich als König
Am 31. Mai 1740 bestieg Friedrich nach dem Tod seines Vaters den preussischen Thron als Friedrich II.. Als erstes schaffte er, gegen den heftigen Widerstand seiner Beamten, die Folter ab. Seiner Meinung nach "sollten lieber zwanzig Schuldige freigesprochen, als ein Unschuldiger geopfert werden". Bestehen liess er allerdings das sogenannte Spiessrutenlaufen.
Offen zeigte er sich auch für die Einwanderung von Minderheiten wie Hugenotten und Katholiken. In einem Brief schrieb er: "Jeder soll nach seiner Facon selig werden - und wenn Türken und Heiden kämen, um unser Land zu bevölkern, dann werden wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen". Ganz uneigennützlich war dieses Angebot wohl nicht, denn Preussen war ein armes Land mit wenig Bewohnern, für das er dringend Arbeitskräfte suchte. Übrigens: für die Juden galt dieses Angebot nicht; diese belegte er mit einer Sondersteuer!
Auch die Zensur für den - nichtpolitischen - Teil der Zeitungen hob Friedrich II. auf. Er beauftragte sogar einen Professor mit der Herausgabe einer (französischen) Zeitung für Politik und Literatur. Er war damit der erste absolute Monarch Europas, der eine zumindest eingeschränkte Pressefreiheit in seinem Lande einführte. Ausserdem liess er verkünden, dass sich jeder Bürger seines Landes mit seinen Anliegen persönlich an den König wenden könne. In dieser Anordnung kam das berechtigte Misstrauen gegenüber seiner eigenen Beamtenschaft zum Ausdruck.
Die ersten beiden Schlesischen Kriege
Wer aus dem bisher Gesagten schliessen würde, Friedrich II. wäre ein friedfertiger, intellektueller und aufgeklärter Monarch gewesen, der irrt gewaltig. Friedrich hatte eine zweite, ganz gegenteilige Charakterseite. Er war auch ein brutaler Militärpolitiker, der grundlos fremde Länder überfiel, hemmungslos hunderttausende seiner Landeskinder opferte und dabei Risiken für sich und sein Land in Kauf nahm, die nur ein ruhmsüchtiger Spieler, ja Zocker auf sich nehmen würde. Der Beweis dafür sind seine schlesischen Kriege.
Schon sechs Monate nach seiner Thronbesteigung fiel Friedrich - ohne Kriegserklärung - mit einer Armee von 27.000 Mann in das habsburgische Schlesien ein. Er nutzte den überraschend frühen Tod des habsburgischen römisch-deutschen Kaisers Karl VI. aus, der ohne männliche Erben geblieben war. Seine älteste Tochter Maria Theresia, damals 23-jährig, die aufgrund der sogenannten Pragmatischen Sanktion zur Kaiserin ernannt worden war, konnte Friedrich nichts entgegen setzen. Sie hatte nicht mit einem solchen Rechtsbruch des Hohenzollern gerechnet. So befand sich in nur sechs Wochen ganz Schlesien in preussischer Hand, einschliesslich der Hauptstadt Breslau. Im Separatfrieden von 1742 mussten die Habsburger der Abtretung von Schlesien zustimmen.
Zwei Jahre später versuchte Friedrich erneut sein Kriegsglück und fiel in Nordböhmen ein. Diesmal war Maria Theresia jedoch besser vorbereitet und ihr Feldherr Otto Ferdinand von Traun konnte die Preussen zurückdrängen. Zeitweise sah es sogar nach einer Wiedereroberung von Schlesien aus. In der Schlacht von Hohenfriedberg gewann Friedrich jedoch wieder Oberwasser und konnte den Besitz dieser Region wahren. Im Dresdner Frieden von 1745 musste die Kaiserin den Preussen das "Recht" auf Schlesien ein zweites Mal bestätigen.
Der Siebenjährige Krieg
Dieser Krieg, manchmal auch als 3. Schlesischer Krieg bezeichnet, begann mit der völlig unprovozierten Besetzung Sachsens durch die Preussen. Friedrich liess das Schloss in Dresden plündern und ängstigte die dortige Bevölkerung durch Zwangsrekrutierungen. Taktisch klug nutzte er den Umstand, dass Österreich und Russland in einem globalen Konflikt zwischen Frankreich und Grossbritannien um das Gebiet des Ohio-River in Amerika verwickelt waren.
Friedrich der Grosse vor dem Siebenjährigen Krieg
In rascher Folge gewann Friedrich in den Schlachten bei Lobositz (1756), Prag (1767), Rossbach (1757) und Leuthen (1758). Friedrichs Schlachtenstrategie bestand darin, dass er seine Truppen zumeist schief aufstellte - statt parallel - wie es bei seinen Gegnern regelmässig der Fall war. Dadurch konnte der eine Flügel, mit Unterstützung der Kavallerie, in die feindlichen Linien vorstossen, bevor der andere Feindkontakt bekam. Dies erforderte schnelle Umgruppierungen der Truppen, worin die Preussen meist im Vorteil waren. Geübt durch die militärischen Drills bewegten sich ihre "Mauern" aus blauen Uniformröcken so gewandt, als hingen sie an unsichtbaren Fäden. Ergänzt wurde das Ganze durch Friedrichs Befähigung auch in Krisensituationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Schliesslich kam seine persönliche Tapferkeit hinzu, durch die er seinen Truppen im stärksten Kampfgetümmel ein Vorbild war.
Trotzdem unterlag er zwei Mal bei Kolin (1757) und Hochkirch (1758) - sowie geradezu vernichtend bei Kunersdorf (1759) in der Nähe von Frankfurt/Oder. Von seiner Armee von 48.000 Mann blieben gerade noch 3.000 übrig. Friedrichs Kleidung war von Kugeln durchlöchert, zwei Pferde waren ihm unter den Leib erschossen worden. Der Weg ins unbefestigte Berlin stand der russischen und österreichischen Armee sperrangelweit offen. Friedrich dachte ernsthaft an Selbstmord.
Da geschah das Mirakel des Hauses Brandenburg und rettete Friedrich.
(Doch darüber mehr im nächsten Post)
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