Sonntag, 23. Oktober 2011

Öl und Gas - (fast) in Überfluss

Dass immer wieder weniger Öl und Gas in der Erdrinde gefunden wird, gehört zum Allgemeinwissen. Die "ADAC-Motorwelt" vom Oktober 2011 titelt beispielsweise "Das Ende ist in Sicht" und "Die Länder pumpen immer weniger Rohöl aus der Erde". Doch diese Feststellung ist grundfalsch. Sie mag noch vor fünf Jahren gegolten haben, aber heute haben sich die Ressourcen an Öl und Gas beträchtlich erhöht. Der Grund dafür sind neue Explorationstechniken - und die hohen Verbraucherpreise, welche teuere Investitionen ermöglichen. Unternehmen wir eine Grand Tour um den Globus zur Bestätigung meiner Behauptungen.

Israel

Auf eine energetische Bonanza gestossen sind die Israelis. Vor der Küste von Haifa wurden im Mittelmeer die beiden riesigen Gasfelder "Tamar" und "Leviathan" entdeckt. Zusammen mit drei bereits seit längerem bekannten Feldern werden sie die israelische Stromproduktion, die bisher auf importierter Kohle basierte, von ausländischen Lieferanten unabhängig machen. Auch die (aus politischen Gründen) seit langem unterbrochenen Gaslieferungen aus Ägypten sind nun kein sonderliches Problem mehr. Im Gegenteil, man denkt sogar an den Gasexport nach Jordanien, womit die riesigen Kosten für die Exploration in der Tiefsee - man spricht von einer Million Dollar pro Tag - wieder hereingeholt werden könnten.


Gasfelder vor der Küste von Israel

Europa

Auch in Europa wurden neue Öl- und Gasfelder entdeckt. Die Norweger berichten von einem grossen Fund in der Nordsee, wie er seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr vorgekommen sein soll. Die staatliche Ölgesellschaft Statoil schätzt die Kapazität des Feldes auf 1,2 Milliarden Fass (bzw. barrels zu 159 Litern).

Die Briten haben in der Nähe des Seebades Blackpool ein grosses Erdgasreservoir aufgespürt, das den Bedarf des Königreichs für sechs Jahrzehnte decken könnte. Der Fund entspricht damit 40 Prozent der Erdgasreserven von Norwegen, dem grössten europäischen Erdgasförderer. Es handelt sich dabei um sogenanntes "unkonventionelles Erdgas" bzw. "Schiefergas", zu dessen Förderung, wie unten beschrieben, ein Cocktail aus Wasser, Sand und Chemikalien in die Tiefe gepumpt werden muss.

Beträchtliche Schiefergasvorkommen gibt es auch in Deutschland, Frankreich und Polen. In Niedersachsen nimmt Exxon-Mobil Probebohrungen vor, kritisch begleitet von den Umweltschutzverbänden. In Frankreich, das 59 Kernkraftwerke betreibt, will man sich diese Konkurrenz vom Leibe halten und hat Bohrungen sogar verboten. In Polen hingegen ist die Exploration im Gange.


Die weltweiten Rohölreserven

Schliesslich wird in Kürze Libyen seine Ölförderung wieder aufnehmen, nachdem der Bürgerkrieg beendet ist. Dieses Land sitzt auf 3,2 Prozent der globalen Ölreserven und hat in seinen besten Zeiten zwei Prozent zur weltweiten Versorgung beigetragen. Heftig diskutiert wird derzeit noch wem überhaupt das libysche Öl gehört: der Zentralregierung oder den regionalen Stämmen.

Nord- und Südamerika

In den USA gibt es grosse Vorräte an Schieferöl in den Staaten Texas und North Dakota. Sie werden derzeit auf 2,1 Milliarden Fass geschätzt - es könnte aber auch die fünffache Menge sein! Noch bis vor kurzem schien diese Ressource nicht nutzbar zu sein, aber seit man die Methode des "Fracking" entwickelt hat, kann man auch das Schieferöl an die Oberfläche bringen. (Die Gasreserven im Schiefergestein werden schon seit einigen Jahren im grossen Stil ausgebeutet; die USA sind dadurch von Gasimporten weitgehend unabhängig geworden).


Schematische Darstellung der Fracking-Methode

Beim Fracking wird ein Loch in den Fels gebohrt, das im höffigen Schiefergestein waagrecht verläuft (1). Kleine Sprengladungen werden zur Explosion gebracht, welche Risse im Schiefergestein erzeugen (2). Eine Mischung von Wasser, Sand und Chemikalien wird unter hohem Druck in die Risse gepresst, wodurch das darin befindliche Gas freigesetzt wird (3). Schliesslich wird das Gas nach oben gepresst bzw. gesaugt und kann an der Oberfläche gesammelt werden (4).
In Australien ist diese Methode technisch verfeinert worden und der Verkauf von "Naturgas" ist dort bereits ein Milliardengeschäft. Bedeutende Rohölexporteure - zumeist in die USA - sind die Nachbarstaaten Kanada und Mexiko. In Kolumbien steigt die Produktion steil an und wird demnächst die von Libyen (Vorkriegszustand) übertreffen. Venezuelas Ölreserven übertreffen sogar jene von Saudi-Arabien, auch wenn die Förderkosten dort noch höher sind.

Brasilien vermutet riesige Mengen an Öl und Gas vor seiner Küste. Die nationale Ölfirma Petrobras investiert sage und schreibe 200 Milliarden Dollar um gegen Ende dieses Jahrzehnts 5,5 Million Fass pro Tag zu fördern. Sogar U-Boote sind in der Entwicklung, um den fossilen Reichtum des Landes strategisch abzusichern.

Mein Fazit

Es besteht überhaupt keine Veranlassung, sich aus Furcht vor dem baldigen Versiegen der Öl- und Gasquellen in eine unfertige Technologie wie die der Elektroautos zu begeben. In der Erdrinde befinden sich noch ungeheure Mengen an Öl und Gas, die man in der Zukunft mit neuen Techniken an die Oberfläche holen kann. Ein weiteres Reservoir sind die alten Quellen, welche bei weitem nicht ausgeschöpft sind und die man ebenfalls mit fortschrittlichen Explorationsmethoden wieder zum Sprudeln bringen kann.
Meine Prognose:
Rohöl und Gas wird unserer Generation nicht ausgehen, vermutlich auch nicht der unserer Kinder.
Und wahrscheinlich werden sogar unsere Enkel noch mit dem Benzinauto durch die Gegend fahren.

1 Kommentar:

  1. Deinem Fazit stimme ich zu! Aber die Technologie der E-Autos sollte natürlich dennoch weiter entwickelt werden, damit sie dann, sobald sie notwendig wird, auch einsetzbar ist..

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