Das magische Dreieck der Stromwirtschaft
Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz bedingen einander und stehen in einem Spannungsverhältnis. Diese Triade spannt ein Dreieck auf, das als "magisches Dreieck der Stromwirtschaft" bezeichnet wird. Durch den politisch aufgezwungenen Atomausstieg ist dieser Verbund, welcher Deutschland im globalen Vergleich bisher die geringsten Stromabschaltungen bescherte, nachhaltig gestört. Im Kern deswegen, weil der kontinuierlich dargebotene Strom aus Kernkraftwerken (Grundlaststrom) durch die unstete Windkraft ersetzt werden soll.
Zuverlässige Kernkraftwerke
Das typische Lastdiagramm eines deutschen Atomkraftwerks über ein Kalenderjahr hinweg zeigt eine nahezu 100-prozentige Verfügbarkeit beim erzeugten Strom. Eine Pause von vier Wochen ist üblicherweise nur für den jährlichen Brennelementwechsel und die Generalrevision vorgesehen. Sie findet im Sommer statt, wenn die Anforderungen der Industrie wegen der Urlaubszeit etc. relativ niedrig sind. Die schmalen oberen Einkerbungen auf der Verfügbarkeitslinie stellen gewollte, kurzzeitige Leistungsabsenkungen dar, bei denen Windstrom angeboten wird, der (von Gesetzes wegen) bevorzugt ins Netz aufzunehmen ist. Kernkraftwerke sind, was nicht allgemein bekannt ist, in einem Lastbereich von 60 bis 100 Prozent sehr gut und schnell regelbar.
Die deutschen Kernkraftwerke haben haben während der vergangenen 35 Jahre im Schnitt 30 Prozent des Grundlaststroms geliefert. (Der Rest wurde durch Kohle und Wasserkraft beigestellt). Nach Abschaltung der Kernkraftwerke soll diese Stromlücke durch verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien kompensiert werden. Dass dies nicht unmittelbar möglich ist zeigt die sogenannte Ganglinie der Windeinspeisung im Monat März des vergangenen Jahres. Sie demonstriert das Grundproblem bei der Windenergie: Der Wind bläst wo und wie stark er will. Eine verlässliche Stromerzeugung ist mit Windrädern nicht darstellbar. Zum einen, weil derzeit noch 4.000 Kilometer Hochspannungstrassen von Nord nach Süd fehlen, zum anderen wegen des Defizits von mindestens 25 Pumpspeicherkraftwerken, von denen jedes die Speicherkapazität des Walchenseekraftwerks haben müsste.
Die Ganglinie der Windeinspeisung im März des Jahres 2010
Die Rückkehr der Kohlekraftwerke
Die Versorgungssicherheit kann in den nächsten zehn Jahren nur durch verstärkten Ausbau der fossilen Kraftwerke erreicht werden. Derzeit sind elf grosse Stein- und Braunkohlekraftwerke im Bau. Ab dem Jahr 2013 sind sechs weitere Einheiten geplant, die der Staat sogar mit Geld aus dem Klimafonds subventionieren möchte! Der Klimaschutz wird in Zukunft also sehr klein geschrieben werden. Man schätzt, dass die CO2-Emissionen im Jahr 2020 wieder auf das Niveau von 1990 ansteigen werden. Eine weitere "Reserve" stellen verstärkte Stromimporte aus Frankreich und Tschechien dar, wobei der Atomstrom dieser Länder genutzt wird - eine ziemlich schlitzohrige Strategie.
Inzwischen sind einige grosse Energieversorgungsunternehmen (EVU) bereits in finanzielle Schieflage geraten. Die EnBW, das drittgrösste EVU Deutschlands, machte im vergangenen Halbjahr einen satten Verlust von 600 Millionen Euro. Zuvor hatte sie ihren Aktionären noch jährlich 2 Milliarden Gewinn präsentieren können. Ursächlich ist die Abschaltung der beiden KKW Philippsburg 1 und Neckarwestheim 1. Inzwischen überlegen Vorstand und Aufsichtsrat, ob sie den Konzern mit Staatsmittel stützen oder ob sie ihn zu einem Stadtwerk schrumpfen lassen sollen!
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Stromversorgung in den kommenden Jahren wohl unsicherer werden wird, da "blackouts" und "brownouts" nicht mehr auszuschliessen sind. Die Stromkosten werden in die Höhe schiessen, weil der Atomstrom von 2 bis 3 Cent pro Kilowattstunde durch Windstrom von 16 cent/kwh ersetzt werden soll. Und die Luft wird deutlich schmutziger werden, weil kurz- und mittelfristig der emissionsfreie Atomstrom durch schmutzige Kohle ersetzt werden wird. Ein ganz neues magisches Dreieck der Stromwirtschaft wird sich herausbilden, das deutlich weniger optimiert ist.
Bezüglich der Stromkosten kam kürzlich ein wegweisender Vorschlag vom Bundesumweltminister Norbert Röttgen (FAZ v. 6. Mai 2011):
"Strom aus Windkraft soll dann produziert werden, wenn der Preis hoch ist".
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