Das Problem ist komplex und beginnt schon mit der Definition des Abfalls. Für manche ist alles, was aus dem Reaktor entladen wird, Abfall. Für andere gibt es diese abwertende Kategorie gar nicht; sie betrachten alles als "Wertstoffe", insbesondere aus zukünftiger Sicht. Eine Tonne Uranbrennstoff, der (wie üblich) drei Jahre in einem grossen Kernkraftwerk bestrahlt wird, enthält nach seiner Entnahme aus dem Reaktor nämlich eine grosse Menge an Elementen und Nukliden. Nach der Wiederaufarbeitung teilt man sie häufig in fünf Klassen ein, die ihrerseits wieder aus Unterklassen bestehen. Die folgende Tabelle benennt die Kilogrammengen, sowie die prozentualen Anteile.
Zusammensetzung einer Tonne Uran nach Bestrahlung in einem Druckwassereaktor (Abbrand 33 GW/t, 10 Jahre Kühlzeit)
Unbestritten ein Wertstoff ist das wiedergewonnene Uran, auch, wenn es mit dem Isotop U-236 "verunreinigt" ist. Plutonium besitzt zwar einen schlechten Ruf, ist aber trotzdem nützlich als Spaltstoff, insbesondere in Schnellen Brütern. Schwieriger wird es bei den sog. Minoren Aktiniden, als Neptunium, Americium und Curium, auf welche die Brennelementhersteller gerne verzichten würden. Langlebige Nuklide wie Jod und Technetium bereiten im Brennstoffkreislauf ebenfalls Probleme. All dies sind die Stoffe, welche als Kandidaten für eine Entsorgung im Weltraum vorallem in Frage kämen. Gleichzeitig sind es aber auch die Elemente, welche beim Grossprojekt "Abtrennung & Umwandlung" (A&U) im Fokus stehen.
Hier begegnen sich Kerntechnik und Raumfahrt. Die Ingenieure der NASA haben eine jahrzehntelange Erfahrung im Bau von Raumsonden. Bei den meisten wird die Energie durch Plutonium 238 bereit gestellt, wovon sich 10 bis 50 Kilogramm in einer Sonde befinden. Die Idee liegt nahe, all die genannten Transurane in einer Sonde zu verstauen und in den Weltraum zu schicken. Natürlich muss ausgeschlossen sein, dass es im Falle eines Raketenabsturzes zu Kontaminationen auf der Erde kommt. Die Raumfahrtingenieure glauben diesen Störfall durch Keramik- und Grafitkapselungen beherrschen zu können.
Ein weiteres Problem sind die Kosten des Weltraumtransports. Im Augenblick sind sie sicherlich noch zu hoch, aber in 50 bis 100 Jahren wird das wohl anders ausehen. Ähnlich wie die Luftfahrt, wird auch die Raumfahrt billiger werden., insbesondere, wenn sich der Weltraumtourismus entwickelt, wofür es jetzt schon in den USA und Russland Anzeichen gibt. Ausserdem muss man den Kosten der Raumfahrtmissionen die Kosten für das Projekt A&U auf der Erde gegenüber stellen. Protonenbeschleuniger, Spallationsquelle und die subkritische Anlage als die wesentlichen Komponenten zur Transmutation werden ebenso wie die Raummissionen im acht- bis neunstelligen Eurobereich liegen. Die Energieversorgungsunternehmen sind beiden Unternehmungen gegenüber skeptisch und verweisen darüberhinaus auf die grossen technologischen Herausforderungen bei der Abtrennung der Minoren Elemente. Sie favorisieren die unbehandelte Lagerung der Abfälle bezw. Wertstoffe in oberirdischen Zwischenlägern für mehrere Jahrzehnte.
Bedenken gegen die "ex- und hopp-Methode" werden auch von ethischer Seite angemeldet: der Weltraum soll nicht zur Abfalkippe von radioaktiven Materialien degradiert werden. Dagegen kann man allerdings argumentieren, dass adss Universum von jeher mit diesen Stoffen angefüllt ist. Bei jeder Sternenexplosion (Supernova) entsehen Milliarden Tonnen an Uran uns Transuranen. Und solche Supernova-Ereignisse passieren in unserer Milchstrasse etwa alle 300 Jahre.
Es ist sogar sicher, dass es uns Menschen ohne diese kosmische Elementerzeugung gar nicht geben würde!
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