Wenn Politiker - sei es aus Altersgründen oder gar vorzeitig - aus dem Amt expediert werden, dann fallen sie zumeist in ein tiefes Loch. Der Machtverlust und der Verlust ihrer über Jahre hinweg lieb gewordenen Infrastruktur (Büro, Sekretärin, Chauffeur) nagt spürbar an ihnen. Die Ehefrau - egal ob Erstfrau, Zweitfrau oder Drittfrau etc. kann da nur partiell eine Hilfe sein, kennt sie ihren Helden doch zumeist auch nur noch aus der Zeitung. Und Freunde hat ein Machtpolitiker ohnehin selten, allenfalls noch Parteifreunde bzw. Parteifeinde. Also: ein neuer Job muss her, nach Möglichkeit ein einflussreicher. Auch, wenn damit ein Frontwechsel verbunden ist.
Am radikalsten hat dies der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder vorgeführt, als er gleich nach seiner Abwahl den Vorsitz im Aufsichtsrat der "North European Gas Pipeline Company" übernahm. Diese in der Schweiz registrierte Gesellschaft gehört zu 51 Prozent dem russischen Staatskonzern Gazprom, der Rest verteilt sich zu gleichen Teilen auf die deutschen Firmen Eon und BASF. Der Wechsel des ex-Kanzlers zum Gazprom-Angestellten wurde weithin als skandalös empfunden, zumal der Staatskonzern auch eine aktive Rolle bei der Gleichschaltung der russischen Medien spielt. Aber, Originalton Schröder, "Putin ist ein lupenreiner Demokrat!"
Für Aufregung sorgte ein kürzlicher Besuch von Schröder beim iranischen Präsidenten Ahmadinedschad. Der Kanzler weigerte sich danach Genaueres zum Inhalt der Unterredung zu sagen. Aber vielleicht hat er sich auch nur als Gasmanager betätigt. Immerhin besitzt der Iran - nach Russland - die zweitgrössten Gasvorräte der Welt.
Ein anderer prominenter Überwechsler war vor zehn Jahren der FDP-Politiker Martin Bangemann. Als mächtiger EU-Kommissar der Brüsseler Behörde war er u. a. zuständig für die Ressorts Industrie und Telekommunikation. Im Jahr 1999, als 64-jähriger, beantragte Bangemann überraschend seine sofortige Beurlaubung, um in den Vorstand des spanischen Telekommunikationskonzerns "Telefonica" überzuwechseln. In der Kommission, unter dem damaligen Chef Santer, kam es zu einem Riesenkrach, weil man Bangemann vorwarf, sich durch den Wechsel in einen Interessenkonflikt zu begeben. Schliesslich kam es zu einem lendenlahmen Kompromiss. Bangemann wurde nicht Vorstand sondern "externer Berater"und versprach brav die "Regeln der Vertraulichkeit für Informationen aus der Kommission" einzuhalten. Na, ja!
Nun kommt es auch in Karlsruhe zu einem Frontwechsel eines FDP-Politikers - allerdings einige Hierarchiestufen niedriger. Dr. Ullrich Eidenmüller, gerade 59 Jahre alt geworden und 24 Jahre in Karlsruhe als Bürgermeister tätig, schien sich in den Ruhestand zu begeben. Zumindest konnte man dies seiner kurzgefassten Autobiografie entnehmen, die durchaus prosaisch angelegt war. Am Anfang und am Ende dieses Büchleins zitierte er Gedichte renommierter Schriftsteller: "...Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne..." (Hermann Hesse), sowie: "...Nach Süden flieg ich übers Meer..." (Friedrich Nietzsche). Das konnte man als subtile Andeutung werten, dass sich Eidenmüller demnächst in der Provence oder an der Côte d´Azur niederlassen würde.
Aber weit gefehlt! Nach einem kurzen Radausflug in nördliche Gefilde mit etlichen Reifenpannen und mehreren veregneten Tagen pedalte der ex-Bürgermeister zurück nach Karlsruhe - um dort eine Aktiengesellschaft zu gründen. In der beschaulichen Douglasstrasse will er demnächst Arztpraxen und sogar ganze Kliniken beraten. "Clinic and Health Care Management AG" heisst seine Firma, welche nun den einträglichen Gesundheitsmarkt bereichern will.
Und da fängt es an, kritisch zu werden. Eidenmüller war nämlich während seiner Bürgermeistertätigkeit mehr als zwei Jahrzehnte für die Karlsruher städtischen Kliniken zuständig. In dieser Eigenschaft überwachte er u.a. die Investitionen dieser Einrichtungen sowie die Berufung der Geschäftsführer und der Direktoren. Lange Zeit war er sogar Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums Karlsruhe GmbH. Nun bietet er sich - gestatten, Eidenmüller - als Berater eben dieser Klinik an. Eidenmüller wird noch die gleiche personelle und finanzielle Struktur vorfinden, für die er sich noch vor wenigen Monaten selbst eingesetzt hat. Das mag juristisch alles in Ordnung sein, aber, mit Verlaub, ein Gschmäckle bleibt trotzdem.
Wahrscheinlich ist sich Dr. Eidenmüller all dessen bewusst. Denn warum sollte er in einem Leserbrief der Karlsruher Zeitung BNN unter der Überschrift "Steuerzahler profitiert am Ende" wohl auch sagen: "Alles, was ich über mein bisheriges Geld hinaus verdienen würde, wird voll von der Pension abgezogen." Das, Herr Doktor, ist mitnichten falsch. Abgezogen wird nur ein Teil und nach Erreichen des 65. Lebensjahres wird - ausser der Steuer, natürlich - überhaupt nichts mehr abgezogen. Dass er den vielen jungen Anwälten die Klienten weg nimmt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Wenn Eidenmüller sich nach seiner Pensionierung noch geistig und körperlich fit fühlt für eine bezahlte Tätigkeit im Gesundheitsbereich - warum sieht er sich nicht andernorts um?
Zum Beispiel in Paderborn oder Hildesheim?
Hm, das ist eine gute Frage! Warum wohl???
AntwortenLöschenSie haben schon recht, es bleibt halt so ein schlechter Beigeschmack. (aber den hatte der Herr Dr. Eindenmüller leider schon öfter).
VG
Beate