Dienstag, 17. Februar 2009

Fenrich knickt ein

Der Karlsruher Oberbürgermeister Heinz Fenrich wurde vor zwei Wochen, am 9. Februar, 64 Jahre alt (Glückwunsch, nachträglich) und wird somit in spätestens vier Jahren, mit dem Erreichen des 68. Lebensjahres gemäss der Regularien abtreten müssen. Seine zweite Amtsperiode, die noch bis ins Jahr 2014 reichen würde, kann er also nicht mehr voll ausschöpfen. Ja, es ist sogar zu erwarten, dass er einige Monate vorher abtreten wird, um seiner "Favoritin" Margret Mergen - oder seinem "Intimfeind" Dr. Ingo Wellenreuther Platz zu machen.

Fenrich kann auf eine solide bürgerliche Laufbahn zurückblicken, während der er Bankkaufmann, Finanzwirt und Reserveoffizier war. Und auf eine stramme Parteikarriere als Vorsitzender eines CDU-Ortsverbands, als Pressesprecher und Beisitzer im Kreisverband und als Gemeinderat, bis er 1998 (als Nachfolger von Professor Seiler) zum Oberbürgermeister gewählt, sowie 2006 darin für eine weitere Amtsperiode betätigt wurde. Nachdem nun das letzte Viertel seiner Amtszeit als OB der Stadt Karlsruhe angebrochen ist, sei bilanziert, was in der Ära Fenrich gut beziehungsweise weniger gut gelaufen ist.

Zweifellos bewarb sich Karlsruhe unter der Ägide Fenrich für eine Rekordzahl von Events und Titeln - leider in allen Fällen vergeblich. Wer weiss schon noch, dass wir 2012 - im Gefolge von Stuttgart - Olympiastadt werden wollten? Das ging schief und Dr. Maul, seines Zeichens SPD-Mitglied und Strafrichter hatte sogleich den Schuldigen identifiziert: "Die Schwaben haben keine überzeugende Bewerbung zustande gebracht".

Peinlicher war der Durchfall bei der Bewerbung um die "Stadt der Wissenschaft 2005". Angesichts des heimischen Aufgebots elitärer Hochschulen und Forschungseinrichtungen hatte man sich eine gute Chance ausgerechnet. Aber die Jury urteilte: "...dass von der Bewerbungsschrift kein Funke übergesprungen ist und dass kein roter Faden sichtbar war."

Unverdrossen bewarb man sich im Rathaus weiter. Diesmal um die "Kulturhauptstadt Europas 2010". Nun aber mit besonders grossem Aufwand. Schon Jahre vorher wurde ein Topmanager als Intendant für die Kulturhauptstadt benannt. Und der "Partizipationskünstler" Jochen Gerz durfte mit seinen bedruckten Fähnchen den "Platz der Grundrechte" gestalten. (Manche Kunstbanausen unterstellten ihm, dass er damit den Ausblick auf die Schlossfassade verdeckt habe.) Auch einen Projektführer gab es: Dr. Ulrich Eidenmüller. Dieser, ein Jurist, beging wohl den entscheidenden Fehler, indem er den Slogan "Mit Recht. Karlsruhe" kreierte. Dieser kam bei der Jury, die darin nicht unbedingt Kultur entdecken konnte, schlecht an. Karlsruhe fiel ein weiteres mal durch - diesmal zu Gunsten von Essen und Görlitz.

Die schlimmste Pleite gab es jedoch bei der Bewerbung um die Bundesgartenschau (BUGA) 2015. Und dabei trifft Fenrich die Hauptschuld. Im Jahr 2001 hatte Karlsruhe nämlich bereits den Zuschlag für diese Veranstaltung erhalten. BUGA 2015 sollte der Hauptevent für das im gleichen Jahr stattfindende 300-jährige Stadtjubiläum sein. Ein sommerlanges Fest für alle Karlsruher war in Sicht. Aber 2003 machte Fenrich einen Rückzieher und kündigte beim Veranstalter - angeblich aus "finanziellen Gründen". Vier Jahre später besann er sich anders (nachdem Osnabrück ausgefallen war) und bewarb sich erneut für 2015. Aber die Jury hatte diesen Zickzackkurs des OB Fenrich wohl satt und vergab die Buga 2015 - mit allen 16 Stimmen - an die Havelregion in Brandenburg.

Fairerweise muss nun aber doch ein "Projekt" erwähnt werden, das Fenrich gut gelungen ist und bei dem er sich Verdienste erworben hat. Ich denke an die Erweiterung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in den Botanischen Garten hinein. Der Berliner Architekt Schröllkamp hatte das Zusatzgebäude mit 40 Büroräumen geplant und als bekannt wurde, dass dafür der heissgeliebte Botanische Garten angeknabbert würde, war in Karlsruhe der Teufel los. Es formierte sich eine Bürgerinitiative und im Nu waren 20.000 Proteststimmen gesammelt. Auf der anderen Seite schaltete das BVG auf stur und drohte unterschwellig sogar mit seinem Weggang (nach Potsdam). In dieser heiklen Situation klinkte sich OB Fenrich als geschickter Moderator ein, konnte beide Parteien befrieden und heute ist der Schröllkamp-Bau in der Stadt kein Thema mehr.

Leider war unser Stadtgeneral bei den grossen Investitionsvorhaben mit weit weniger Fortüne gesegnet. Die "Neue Messe", eröffnet im Oktober 2003, erwies sich mit ihren vier Hallen und 52.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche von anfang an als zu gross. Experten aus der Wirtschaft hatten Fenrich schon im Vorfeld gewarnt. Leider vergebens. Nun hängt dieser Bau mit jährlich 12 bis 15 Millionen Euro Defizit am Subventionstropf der Stadt. Das beste Geschäft machte noch die Standortgemeinde Rheinstetten. Sie erhält jedes Jahr eine Million Euro aus dem Karlsruher Stadtsäckel überwiesen.

Das im vergangenen Jahr eröffnete "Europabad" war von anfang an ein Fiasko. Die Baukosten erhöhten sich um fünf Millionen auf 30 Millionen Euro, die Inbetriebnahme verzögerte sich um fast ein Jahr und war zudem mängelbehaftet. Nun bleiben auch noch die Besucher weg, was dem Bäderchef seinen Job kostete. (Keine Sorge, er fiel weich.) Derzeit muss man mit einem jährlichen Betriebsdefizit von drei Millionen rechnen.

Das Grossprojekt Nordtangente, seit Jahrzehnten in der Planung, hat Fenrich bei der kürzlichen Haushaltsdiskussion so ganz nebenbei beerdigt. Der OB ist regelrecht eingeknickt. Bei der eigenen CDU-Fraktion erntete er dafür nur Kopfschütteln. Und das zu Recht. Denn wer das Faustpfand Nordtangente freiwillig weggibt, ohne von anderen dafür Zusagen eingehandelt zu haben, der agiert reichlich naiv und wird zukünftig mit seinen Problemen allein dastehen. Zum Beispiel mit den zwei (nun sinnlos gewordenen) Strassenstummeln ab der zweiten Rheinbrücke und ab der Autobahnabfahrt Nord. Man gewinnt den fatalen Eindruck, dass Fenrich das Verhältnis zu seiner eigenen Partei - seiner wirklichen Machtbasis - zunehmend mehr egal wird.

Auch beim Vorhaben "Umbau Wildparkstadion" verheddert sich Fenrich immer mehr. Vor zwei Jahren hat er dieses Projekt zur Chefsache erklärt und dafür Kosten von 58 Millionen Euro verkündet. Bald wurden daraus 64 und sogar 71 Millionen, was den KSC und einige CDU-Mitglieder (u.a. Wellenreuther) veranlasste nach alternativen Standorten in Autobahnnähe zu suchen. Die Vorteile dafür liegen auf der Hand: der KSC verliert während des Baus keine Einnahmen, er hat dort bessere Vermarktungsmöglichkeiten und das Projekt liesse sich weitgehend privatwirtschaftlich finanzieren. Nun ergriff den OB die Panik und er knickte ein weiteres Mal ein. Statt Umbau schlug er jetzt einen "Neubau" am Traditionsstandort vor; sogar die vorher unantastbare Tribüne sollte abgerissen werden. Der Preis für diese Unternehmung erhöhte sich dadurch auf 107 Millionen - ohne Infrastruktur. (Das Hoffenheimer Stadion kostete gerade mal 60 Millionen Euro.) Der Stadtrat und sogar die eigene CDU-Fraktion ist über diesen Schwenk nicht begeistert. Derweil hält Fenrich stur an seiner Linie fest und will regionale Sponsoren als Co-Investoren gewinnen. Die Aussichten dafür sind düster.

Ante portas droht das ultimative Monsterprojekt: die Kombilösung. Mit dem Strassenbahntunnel unter der Kaiserstrasse und dem Umbau der Kriegsstrasse will man noch in diesem Jahr beginnen. 2020 soll alles fertig sein; die Kosten werden auf 600 Millionen Euro veranschlagt. Kaum ein Karlsruher, dem nicht vor diesem Vorhaben graust - OB Fenrich mal ausgenommen. Insbesondere die Geschäftsleute sind fast allesamt dagegen; ihrer Meinung nach hätte man durch eine Korrektur des Strassenbahnnetzes (Herausnahme der ungetümen S-Züge aus der Innenstadt) das ganze Unternehmen vermeiden können.

Die Termin - und vorallem die Kostenrisiken bei der Durchführung der Kombilösung sind gigantisch. Bedenkt man, dass die Stadtverwaltung bereits bei der Realisierung des verhältnismässig kleinen Europabads deutlich überfordert war, so kann man sich die Risiken für das 20 mal grössere Kombivorhaben lebhaft vorstellen. Wer garantiert, dass die Bauzeit nicht auf 15 Jahre aufläuft und die Kosten auf 1.000 Millionen Euro? Das würde die ohnehin schon bedenklich Verschuldung Karlsruhes exorbitant in die Höhe treiben. Auf alle Fälle werden wir 2015, beim 300-jährigen Stadtgeburtstag , keinen Mangel an Baustellen in der Innenstadt haben.

Heinz Fenrich wird das Ende dieses Riesenprojekts als Oberbürgermeister nicht mehr erleben. Er wird, wie es so üblich ist, in einer ferneren Zeit mit einer Strasse geehrt werden, die seinen Namen trägt.

Vielleicht wählt man dafür eine Sackgasse.

1 Kommentar:

  1. Das Karlsruher Stimmvieh hat sich seinen Metzger selbst ausgesucht.

    Alles war bei der letzten Wahl bekannt oder absehbar - trotzdem wurde HF wieder gewählt (bei einer schandhaft-lächerlichen Wahlbeteiligung).

    Schön geschrieben, vor allen die beiden letzten Sätze :)

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