Wer kennt schon auf Anhieb die geografische Lage Lettlands? Dieses EU-Land liegt im Baltikum zwischen Estland (im Norden) und Litauen (im Süden). Und wer kennt den lettischen Staatsbürger Andries Piebalgs? Er ist Lehrer für Mathematik und Physik - und seit wenigen Jahren allgewaltiger "Energiekommissar" der Europäischen Union mit Sitz in Brüssel. Dort brachte er, kurz vor Weihnachten, eine Richtlinie auf den Weg, die für alle 300 Millionen EU-Bewohner von einschneidender Bedeutung ist.
Der Kommissar hat nämlich verfügt - auf Veranlassung der Mitgliedsstaaten, welche diese "Drecksarbeit" nicht selbst leisten wollten - dass zwischen 2009 und 2012 alle herkömmlichen Glühlampen vom Markt zu nehmen sind, zugunsten sogenannter "Energiesparlampen". Kein Wunder, dass die Siemenstochter Osram dies in einer Presseerklärung sogleich euphorisch begrüsste. Fast vier Milliarden Glühlampen müssen in kurzer Zeit ersetzt werden - welch ein Konjunkturprogramm für die Lampenhersteller! Herkömmliche Birnen sind von nun an als Stromfresser verpönt, weil sie angeblich die CO2-Ziele der EU gefährden würden. Auch, wenn sie zum Stromverbrauch im Haushalt nur magere vier Prozent beitragen. (Von Geschirrspülern und Wäschetrocknern spricht da keiner.) Im zeitlichen Ablauf trifft es zuerst die 100 Watt-Birnen mit milchigem Glas. Glühbirnen mit durchsichtigem Kolben und kleiner Wattzahl dürfen noch bis zum September 2012 verkauft werden.
Als Alternativen zur herkömmlichen Glühbirne werden kompakte fluoreszierende Lampen (CFL) angeboten sowie Halogenstrahler; in der Entwicklung für den Hausgebrauch sind Leuchtdioden. Die Variante CFL ist deutlich teurer als die Halogenlampe, hat aber weitaus geringeren Energieverbrauch und eine längere Lebensdauer. Leuchtdioden, im Automobilbereich und als Taschenlampen bereits verfügbar, liefern zumeist nur kaltes, monochromatisches Licht und sind für Wohnräume noch nicht geeignet.
Und da setzt auch die Kritik bei den Alternativlampen an. Ihnen fehlt der "Warmton", an den sich der Mensch gewöhnt hat, seit Meister Edison vor 125 Jahren den glühenden Kohlefaden unter Luftabschluss zur Beleuchtung erfand. Die heute verwendete Wolframbirne ist ein Symbol häuslicher Behaglichkeit. Dieses Licht, mit starken Rot- und Gelbanteilen ist eine kulturelle Eigenart nördlicher Länder. (Im Mittelmeerraum und in den Tropen werden kältere Lichtfarben mit höheren Blau- und Grünanteilen bevorzugt). Glühlampen geben, wie die Sonne, ein weitgehend kontinuierliches Farbspektrum ab; die Gasentladungslampen und Leuchtstoffröhren - ganz zu schweigen von den LED-Funzeln - eher ein Linienspektrum. Deshalb sehen viele Dinge im Lichte solcher Lampen ziemlich unnatürlich aus.
Aber es existieren noch weitere, eher technische Nachteile. Energiesparlampen brauchen in der Regel einige Minuten bis sie ihre volle Lichtstärke erreichen; selbst gute (und teuere) Modelle leuchten erst nach 25 Sekunden "Aufstartzeit" mit 80 Prozent ihrer Helligkeit. Es ist also nicht zweckmässig sie dort zu benutzen, wo das Licht nur einige Minuten brennen soll, z. B. im Treppenhaus oder vor der Haustür. Auch eignet sich bei weitem nicht jede Sparlampe zum dimmen.
Ein weiteres Manko der Gasentladungslampen ist ihre Quecksilberbelastung. Dieses Material ist nötig, um über Elektronenbeschuss, die Ultraviolettstrahlung zu erzeugen. Nach derzeitigen Beobachtungen landen diese Lampen praktisch samt und sonders im Hausmüll, was damit zusammen hängt, dass kein landesweites Recycling-System existiert. Für zarte Gemüter kommt noch hinzu, dass Sparlampen Elektrosmog produzieren. Dies alles ist für mich Grund genug, meine Schreibtischlampe von Artemide vorerst noch nicht in die Ecke zu stellen, sondern Birnen der gewöhnlichen Bauart zu bunkern - über das Jahr 2012 hinaus.
Aber vielleicht kommt auch alles ganz anders. Ganz überraschend wollen nämlich Teile des EU-Parlaments die Verordnung des Letten Piebalgs nicht akzeptieren. Vielleicht aus der (spät gewonnenen) Überzeugung, dass hier am falschen Ende CO2 gespart wird.
Oder weil die Europawahl für die Abgeordneten im Mai bevorsteht?
Sonntag, 22. Februar 2009
Dienstag, 17. Februar 2009
Fenrich knickt ein
Der Karlsruher Oberbürgermeister Heinz Fenrich wurde vor zwei Wochen, am 9. Februar, 64 Jahre alt (Glückwunsch, nachträglich) und wird somit in spätestens vier Jahren, mit dem Erreichen des 68. Lebensjahres gemäss der Regularien abtreten müssen. Seine zweite Amtsperiode, die noch bis ins Jahr 2014 reichen würde, kann er also nicht mehr voll ausschöpfen. Ja, es ist sogar zu erwarten, dass er einige Monate vorher abtreten wird, um seiner "Favoritin" Margret Mergen - oder seinem "Intimfeind" Dr. Ingo Wellenreuther Platz zu machen.
Fenrich kann auf eine solide bürgerliche Laufbahn zurückblicken, während der er Bankkaufmann, Finanzwirt und Reserveoffizier war. Und auf eine stramme Parteikarriere als Vorsitzender eines CDU-Ortsverbands, als Pressesprecher und Beisitzer im Kreisverband und als Gemeinderat, bis er 1998 (als Nachfolger von Professor Seiler) zum Oberbürgermeister gewählt, sowie 2006 darin für eine weitere Amtsperiode betätigt wurde. Nachdem nun das letzte Viertel seiner Amtszeit als OB der Stadt Karlsruhe angebrochen ist, sei bilanziert, was in der Ära Fenrich gut beziehungsweise weniger gut gelaufen ist.
Zweifellos bewarb sich Karlsruhe unter der Ägide Fenrich für eine Rekordzahl von Events und Titeln - leider in allen Fällen vergeblich. Wer weiss schon noch, dass wir 2012 - im Gefolge von Stuttgart - Olympiastadt werden wollten? Das ging schief und Dr. Maul, seines Zeichens SPD-Mitglied und Strafrichter hatte sogleich den Schuldigen identifiziert: "Die Schwaben haben keine überzeugende Bewerbung zustande gebracht".
Peinlicher war der Durchfall bei der Bewerbung um die "Stadt der Wissenschaft 2005". Angesichts des heimischen Aufgebots elitärer Hochschulen und Forschungseinrichtungen hatte man sich eine gute Chance ausgerechnet. Aber die Jury urteilte: "...dass von der Bewerbungsschrift kein Funke übergesprungen ist und dass kein roter Faden sichtbar war."
Unverdrossen bewarb man sich im Rathaus weiter. Diesmal um die "Kulturhauptstadt Europas 2010". Nun aber mit besonders grossem Aufwand. Schon Jahre vorher wurde ein Topmanager als Intendant für die Kulturhauptstadt benannt. Und der "Partizipationskünstler" Jochen Gerz durfte mit seinen bedruckten Fähnchen den "Platz der Grundrechte" gestalten. (Manche Kunstbanausen unterstellten ihm, dass er damit den Ausblick auf die Schlossfassade verdeckt habe.) Auch einen Projektführer gab es: Dr. Ulrich Eidenmüller. Dieser, ein Jurist, beging wohl den entscheidenden Fehler, indem er den Slogan "Mit Recht. Karlsruhe" kreierte. Dieser kam bei der Jury, die darin nicht unbedingt Kultur entdecken konnte, schlecht an. Karlsruhe fiel ein weiteres mal durch - diesmal zu Gunsten von Essen und Görlitz.
Die schlimmste Pleite gab es jedoch bei der Bewerbung um die Bundesgartenschau (BUGA) 2015. Und dabei trifft Fenrich die Hauptschuld. Im Jahr 2001 hatte Karlsruhe nämlich bereits den Zuschlag für diese Veranstaltung erhalten. BUGA 2015 sollte der Hauptevent für das im gleichen Jahr stattfindende 300-jährige Stadtjubiläum sein. Ein sommerlanges Fest für alle Karlsruher war in Sicht. Aber 2003 machte Fenrich einen Rückzieher und kündigte beim Veranstalter - angeblich aus "finanziellen Gründen". Vier Jahre später besann er sich anders (nachdem Osnabrück ausgefallen war) und bewarb sich erneut für 2015. Aber die Jury hatte diesen Zickzackkurs des OB Fenrich wohl satt und vergab die Buga 2015 - mit allen 16 Stimmen - an die Havelregion in Brandenburg.
Fairerweise muss nun aber doch ein "Projekt" erwähnt werden, das Fenrich gut gelungen ist und bei dem er sich Verdienste erworben hat. Ich denke an die Erweiterung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in den Botanischen Garten hinein. Der Berliner Architekt Schröllkamp hatte das Zusatzgebäude mit 40 Büroräumen geplant und als bekannt wurde, dass dafür der heissgeliebte Botanische Garten angeknabbert würde, war in Karlsruhe der Teufel los. Es formierte sich eine Bürgerinitiative und im Nu waren 20.000 Proteststimmen gesammelt. Auf der anderen Seite schaltete das BVG auf stur und drohte unterschwellig sogar mit seinem Weggang (nach Potsdam). In dieser heiklen Situation klinkte sich OB Fenrich als geschickter Moderator ein, konnte beide Parteien befrieden und heute ist der Schröllkamp-Bau in der Stadt kein Thema mehr.
Leider war unser Stadtgeneral bei den grossen Investitionsvorhaben mit weit weniger Fortüne gesegnet. Die "Neue Messe", eröffnet im Oktober 2003, erwies sich mit ihren vier Hallen und 52.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche von anfang an als zu gross. Experten aus der Wirtschaft hatten Fenrich schon im Vorfeld gewarnt. Leider vergebens. Nun hängt dieser Bau mit jährlich 12 bis 15 Millionen Euro Defizit am Subventionstropf der Stadt. Das beste Geschäft machte noch die Standortgemeinde Rheinstetten. Sie erhält jedes Jahr eine Million Euro aus dem Karlsruher Stadtsäckel überwiesen.
Das im vergangenen Jahr eröffnete "Europabad" war von anfang an ein Fiasko. Die Baukosten erhöhten sich um fünf Millionen auf 30 Millionen Euro, die Inbetriebnahme verzögerte sich um fast ein Jahr und war zudem mängelbehaftet. Nun bleiben auch noch die Besucher weg, was dem Bäderchef seinen Job kostete. (Keine Sorge, er fiel weich.) Derzeit muss man mit einem jährlichen Betriebsdefizit von drei Millionen rechnen.
Das Grossprojekt Nordtangente, seit Jahrzehnten in der Planung, hat Fenrich bei der kürzlichen Haushaltsdiskussion so ganz nebenbei beerdigt. Der OB ist regelrecht eingeknickt. Bei der eigenen CDU-Fraktion erntete er dafür nur Kopfschütteln. Und das zu Recht. Denn wer das Faustpfand Nordtangente freiwillig weggibt, ohne von anderen dafür Zusagen eingehandelt zu haben, der agiert reichlich naiv und wird zukünftig mit seinen Problemen allein dastehen. Zum Beispiel mit den zwei (nun sinnlos gewordenen) Strassenstummeln ab der zweiten Rheinbrücke und ab der Autobahnabfahrt Nord. Man gewinnt den fatalen Eindruck, dass Fenrich das Verhältnis zu seiner eigenen Partei - seiner wirklichen Machtbasis - zunehmend mehr egal wird.
Auch beim Vorhaben "Umbau Wildparkstadion" verheddert sich Fenrich immer mehr. Vor zwei Jahren hat er dieses Projekt zur Chefsache erklärt und dafür Kosten von 58 Millionen Euro verkündet. Bald wurden daraus 64 und sogar 71 Millionen, was den KSC und einige CDU-Mitglieder (u.a. Wellenreuther) veranlasste nach alternativen Standorten in Autobahnnähe zu suchen. Die Vorteile dafür liegen auf der Hand: der KSC verliert während des Baus keine Einnahmen, er hat dort bessere Vermarktungsmöglichkeiten und das Projekt liesse sich weitgehend privatwirtschaftlich finanzieren. Nun ergriff den OB die Panik und er knickte ein weiteres Mal ein. Statt Umbau schlug er jetzt einen "Neubau" am Traditionsstandort vor; sogar die vorher unantastbare Tribüne sollte abgerissen werden. Der Preis für diese Unternehmung erhöhte sich dadurch auf 107 Millionen - ohne Infrastruktur. (Das Hoffenheimer Stadion kostete gerade mal 60 Millionen Euro.) Der Stadtrat und sogar die eigene CDU-Fraktion ist über diesen Schwenk nicht begeistert. Derweil hält Fenrich stur an seiner Linie fest und will regionale Sponsoren als Co-Investoren gewinnen. Die Aussichten dafür sind düster.
Ante portas droht das ultimative Monsterprojekt: die Kombilösung. Mit dem Strassenbahntunnel unter der Kaiserstrasse und dem Umbau der Kriegsstrasse will man noch in diesem Jahr beginnen. 2020 soll alles fertig sein; die Kosten werden auf 600 Millionen Euro veranschlagt. Kaum ein Karlsruher, dem nicht vor diesem Vorhaben graust - OB Fenrich mal ausgenommen. Insbesondere die Geschäftsleute sind fast allesamt dagegen; ihrer Meinung nach hätte man durch eine Korrektur des Strassenbahnnetzes (Herausnahme der ungetümen S-Züge aus der Innenstadt) das ganze Unternehmen vermeiden können.
Die Termin - und vorallem die Kostenrisiken bei der Durchführung der Kombilösung sind gigantisch. Bedenkt man, dass die Stadtverwaltung bereits bei der Realisierung des verhältnismässig kleinen Europabads deutlich überfordert war, so kann man sich die Risiken für das 20 mal grössere Kombivorhaben lebhaft vorstellen. Wer garantiert, dass die Bauzeit nicht auf 15 Jahre aufläuft und die Kosten auf 1.000 Millionen Euro? Das würde die ohnehin schon bedenklich Verschuldung Karlsruhes exorbitant in die Höhe treiben. Auf alle Fälle werden wir 2015, beim 300-jährigen Stadtgeburtstag , keinen Mangel an Baustellen in der Innenstadt haben.
Heinz Fenrich wird das Ende dieses Riesenprojekts als Oberbürgermeister nicht mehr erleben. Er wird, wie es so üblich ist, in einer ferneren Zeit mit einer Strasse geehrt werden, die seinen Namen trägt.
Vielleicht wählt man dafür eine Sackgasse.
Fenrich kann auf eine solide bürgerliche Laufbahn zurückblicken, während der er Bankkaufmann, Finanzwirt und Reserveoffizier war. Und auf eine stramme Parteikarriere als Vorsitzender eines CDU-Ortsverbands, als Pressesprecher und Beisitzer im Kreisverband und als Gemeinderat, bis er 1998 (als Nachfolger von Professor Seiler) zum Oberbürgermeister gewählt, sowie 2006 darin für eine weitere Amtsperiode betätigt wurde. Nachdem nun das letzte Viertel seiner Amtszeit als OB der Stadt Karlsruhe angebrochen ist, sei bilanziert, was in der Ära Fenrich gut beziehungsweise weniger gut gelaufen ist.
Zweifellos bewarb sich Karlsruhe unter der Ägide Fenrich für eine Rekordzahl von Events und Titeln - leider in allen Fällen vergeblich. Wer weiss schon noch, dass wir 2012 - im Gefolge von Stuttgart - Olympiastadt werden wollten? Das ging schief und Dr. Maul, seines Zeichens SPD-Mitglied und Strafrichter hatte sogleich den Schuldigen identifiziert: "Die Schwaben haben keine überzeugende Bewerbung zustande gebracht".
Peinlicher war der Durchfall bei der Bewerbung um die "Stadt der Wissenschaft 2005". Angesichts des heimischen Aufgebots elitärer Hochschulen und Forschungseinrichtungen hatte man sich eine gute Chance ausgerechnet. Aber die Jury urteilte: "...dass von der Bewerbungsschrift kein Funke übergesprungen ist und dass kein roter Faden sichtbar war."
Unverdrossen bewarb man sich im Rathaus weiter. Diesmal um die "Kulturhauptstadt Europas 2010". Nun aber mit besonders grossem Aufwand. Schon Jahre vorher wurde ein Topmanager als Intendant für die Kulturhauptstadt benannt. Und der "Partizipationskünstler" Jochen Gerz durfte mit seinen bedruckten Fähnchen den "Platz der Grundrechte" gestalten. (Manche Kunstbanausen unterstellten ihm, dass er damit den Ausblick auf die Schlossfassade verdeckt habe.) Auch einen Projektführer gab es: Dr. Ulrich Eidenmüller. Dieser, ein Jurist, beging wohl den entscheidenden Fehler, indem er den Slogan "Mit Recht. Karlsruhe" kreierte. Dieser kam bei der Jury, die darin nicht unbedingt Kultur entdecken konnte, schlecht an. Karlsruhe fiel ein weiteres mal durch - diesmal zu Gunsten von Essen und Görlitz.
Die schlimmste Pleite gab es jedoch bei der Bewerbung um die Bundesgartenschau (BUGA) 2015. Und dabei trifft Fenrich die Hauptschuld. Im Jahr 2001 hatte Karlsruhe nämlich bereits den Zuschlag für diese Veranstaltung erhalten. BUGA 2015 sollte der Hauptevent für das im gleichen Jahr stattfindende 300-jährige Stadtjubiläum sein. Ein sommerlanges Fest für alle Karlsruher war in Sicht. Aber 2003 machte Fenrich einen Rückzieher und kündigte beim Veranstalter - angeblich aus "finanziellen Gründen". Vier Jahre später besann er sich anders (nachdem Osnabrück ausgefallen war) und bewarb sich erneut für 2015. Aber die Jury hatte diesen Zickzackkurs des OB Fenrich wohl satt und vergab die Buga 2015 - mit allen 16 Stimmen - an die Havelregion in Brandenburg.
Fairerweise muss nun aber doch ein "Projekt" erwähnt werden, das Fenrich gut gelungen ist und bei dem er sich Verdienste erworben hat. Ich denke an die Erweiterung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in den Botanischen Garten hinein. Der Berliner Architekt Schröllkamp hatte das Zusatzgebäude mit 40 Büroräumen geplant und als bekannt wurde, dass dafür der heissgeliebte Botanische Garten angeknabbert würde, war in Karlsruhe der Teufel los. Es formierte sich eine Bürgerinitiative und im Nu waren 20.000 Proteststimmen gesammelt. Auf der anderen Seite schaltete das BVG auf stur und drohte unterschwellig sogar mit seinem Weggang (nach Potsdam). In dieser heiklen Situation klinkte sich OB Fenrich als geschickter Moderator ein, konnte beide Parteien befrieden und heute ist der Schröllkamp-Bau in der Stadt kein Thema mehr.
Leider war unser Stadtgeneral bei den grossen Investitionsvorhaben mit weit weniger Fortüne gesegnet. Die "Neue Messe", eröffnet im Oktober 2003, erwies sich mit ihren vier Hallen und 52.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche von anfang an als zu gross. Experten aus der Wirtschaft hatten Fenrich schon im Vorfeld gewarnt. Leider vergebens. Nun hängt dieser Bau mit jährlich 12 bis 15 Millionen Euro Defizit am Subventionstropf der Stadt. Das beste Geschäft machte noch die Standortgemeinde Rheinstetten. Sie erhält jedes Jahr eine Million Euro aus dem Karlsruher Stadtsäckel überwiesen.
Das im vergangenen Jahr eröffnete "Europabad" war von anfang an ein Fiasko. Die Baukosten erhöhten sich um fünf Millionen auf 30 Millionen Euro, die Inbetriebnahme verzögerte sich um fast ein Jahr und war zudem mängelbehaftet. Nun bleiben auch noch die Besucher weg, was dem Bäderchef seinen Job kostete. (Keine Sorge, er fiel weich.) Derzeit muss man mit einem jährlichen Betriebsdefizit von drei Millionen rechnen.
Das Grossprojekt Nordtangente, seit Jahrzehnten in der Planung, hat Fenrich bei der kürzlichen Haushaltsdiskussion so ganz nebenbei beerdigt. Der OB ist regelrecht eingeknickt. Bei der eigenen CDU-Fraktion erntete er dafür nur Kopfschütteln. Und das zu Recht. Denn wer das Faustpfand Nordtangente freiwillig weggibt, ohne von anderen dafür Zusagen eingehandelt zu haben, der agiert reichlich naiv und wird zukünftig mit seinen Problemen allein dastehen. Zum Beispiel mit den zwei (nun sinnlos gewordenen) Strassenstummeln ab der zweiten Rheinbrücke und ab der Autobahnabfahrt Nord. Man gewinnt den fatalen Eindruck, dass Fenrich das Verhältnis zu seiner eigenen Partei - seiner wirklichen Machtbasis - zunehmend mehr egal wird.
Auch beim Vorhaben "Umbau Wildparkstadion" verheddert sich Fenrich immer mehr. Vor zwei Jahren hat er dieses Projekt zur Chefsache erklärt und dafür Kosten von 58 Millionen Euro verkündet. Bald wurden daraus 64 und sogar 71 Millionen, was den KSC und einige CDU-Mitglieder (u.a. Wellenreuther) veranlasste nach alternativen Standorten in Autobahnnähe zu suchen. Die Vorteile dafür liegen auf der Hand: der KSC verliert während des Baus keine Einnahmen, er hat dort bessere Vermarktungsmöglichkeiten und das Projekt liesse sich weitgehend privatwirtschaftlich finanzieren. Nun ergriff den OB die Panik und er knickte ein weiteres Mal ein. Statt Umbau schlug er jetzt einen "Neubau" am Traditionsstandort vor; sogar die vorher unantastbare Tribüne sollte abgerissen werden. Der Preis für diese Unternehmung erhöhte sich dadurch auf 107 Millionen - ohne Infrastruktur. (Das Hoffenheimer Stadion kostete gerade mal 60 Millionen Euro.) Der Stadtrat und sogar die eigene CDU-Fraktion ist über diesen Schwenk nicht begeistert. Derweil hält Fenrich stur an seiner Linie fest und will regionale Sponsoren als Co-Investoren gewinnen. Die Aussichten dafür sind düster.
Ante portas droht das ultimative Monsterprojekt: die Kombilösung. Mit dem Strassenbahntunnel unter der Kaiserstrasse und dem Umbau der Kriegsstrasse will man noch in diesem Jahr beginnen. 2020 soll alles fertig sein; die Kosten werden auf 600 Millionen Euro veranschlagt. Kaum ein Karlsruher, dem nicht vor diesem Vorhaben graust - OB Fenrich mal ausgenommen. Insbesondere die Geschäftsleute sind fast allesamt dagegen; ihrer Meinung nach hätte man durch eine Korrektur des Strassenbahnnetzes (Herausnahme der ungetümen S-Züge aus der Innenstadt) das ganze Unternehmen vermeiden können.
Die Termin - und vorallem die Kostenrisiken bei der Durchführung der Kombilösung sind gigantisch. Bedenkt man, dass die Stadtverwaltung bereits bei der Realisierung des verhältnismässig kleinen Europabads deutlich überfordert war, so kann man sich die Risiken für das 20 mal grössere Kombivorhaben lebhaft vorstellen. Wer garantiert, dass die Bauzeit nicht auf 15 Jahre aufläuft und die Kosten auf 1.000 Millionen Euro? Das würde die ohnehin schon bedenklich Verschuldung Karlsruhes exorbitant in die Höhe treiben. Auf alle Fälle werden wir 2015, beim 300-jährigen Stadtgeburtstag , keinen Mangel an Baustellen in der Innenstadt haben.
Heinz Fenrich wird das Ende dieses Riesenprojekts als Oberbürgermeister nicht mehr erleben. Er wird, wie es so üblich ist, in einer ferneren Zeit mit einer Strasse geehrt werden, die seinen Namen trägt.
Vielleicht wählt man dafür eine Sackgasse.
Mittwoch, 11. Februar 2009
Lauter Exzellenzen bei KIT
Es sollte der erste Schritt der Verwaltung in Richtung KIT sein, der Fusion der Universität mit dem Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) - und er ging kräftig daneben. Die Uni wollte für ihre Buchhaltung das SAP-System einführen, etwas das bei der FZK schon seit Jahrzehnten gang und gäbe ist. Trotz vorheriger Ankündigung durch Magnifizenz H. stand das System nicht, wie geplant, zum Jahreswechsel zur Verfügung. Die Folgen waren sehr unangenehm für die Lieferanten, deren Rechnungen nicht termingemäss bezahlt werden konnten. Einige scheuten sich nicht, mit dem Gerichtsvollzieher zu drohen. Mittlerweile wird "per Hand" ausgezahlt. Besonders hart betroffen waren die vielen studentischen Mini-Jobber ("HiWis"), die zum Teil sogar noch heute auf ihr karges Entgeld warten. Kein Wunder, dass diese Fehlleistung einer Eliteuniversität in den Zeitungen genüsslich breit getreten wurde.
Das sog. KIT-Gesetz, seit über zwei Jahren in Aussicht gestellt, verzögert sich weiter; es wird nun im Sommer 2009 erwartet. Gleich zwei "Präsidenten" und drei weitere "Vizepräsidenten" sollen das KIT in der Übergangszeit dirigieren (no ladies, übrigens!). Im Endstadium wird das Präsidium einen Präsidenten und fünf Vizepräsidenten umfassen. Ein "Präsidiumsrat" soll das Präsidium beraten. Darunter sind im Organigramm mindestens fünf "Vorstandsbereiche" ausgewiesen, sodass auch noch die Ernennung einer grösseren Anzahl von Vorständen befürchtet werden muss. Ein angemessenes Ambiente für diese Herrschaften ist eine Selbstverständlichkeit; so wird der Präsident nicht ein popeliges Sekretariat haben, nein, er gebietet über ein "Präsidialbüro". Namen für all diese Präsidenten und Vorstände werden natürlich auch schon gehandelt. Stochastische Analysen lassen vermuten, dass die Mitgliedschaft beim "Club der Rotarier" für eine Karriere bei KIT zumindest nicht hinderlich ist.
Die wissenschaftlichen Institute, in denen die wirkliche Arbeit geleistet wird, sacken im KIT-Organigramm auf die dritte Ebene ab. Dort sind auch - auf gerade mal zwei Quadratzentimeter im Organigramm zusammengepresst - die elf Fakultäten samt ihren Dekanen und Studiendekanen zu finden. Möglicherweise ein schwer verdaulicher Brocken für die Präsidentschaft. Die Stimmung bei den Professoren ist nämlich schlecht, seit die Politiker deren Gehälter von C4 auf W3 abgesenkt haben. Auch die radikale Abschaffung ihres "Premienproduktes" - des weltweit hoch geachteten deutschen Diploms - zugunsten der Allerweltstitel Bachelor und Master, haben sie innerlich noch nicht akzeptiert. Mit Mühe konnten die Lehrstuhlinhaber erreichen, dass ihr altehrwürdiges Gremium, der Senat, beibehalten wurde; der Wissenschaftlich-Technische Rat, einst Organ des Forschungszentrums und Beschlussgremium für das F&E-Programm, scheint wohl über die Wupper zu gehen.
Ein Rückblick auf die Titulatur beim oberen Management des Forschungszentrums ist im historischen Verlauf sehr aufschlussreich. Bekanntlich wurde das FZK im Jahre 1956 als "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" gegründet (Bund 90 %, Land 10 % der Anteile). Entsprechend dem GmbH-Gesetz bestellte man zwei "Geschäftsführer", wie es eben das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) für solche Gesellschaften vorsah (§ 6 GmbHG). Das ging 18 Jahre lang in der arbeitsreichen Gründerphase gut, bis im Jahr 1974 eine Umorganisation erfolgte. Nun wurde der in etwa gleiche Arbeitsumfang auf fünf Manager aufgeteilt, die sich fortan "Vorstände" und "Vorstandsvorsitzende" nennen durften. Und das, obwohl die Bezeichnung "Vorstand" im HGB eigentlich nur für die Leitung der - zumeist grösseren - Aktiengesellschaften vorgesehen ist (§ 70 AktG).
In Zukunft wird die GmbH des Forschungszentrum zusammen mit der Uni in eine "Anstalt des öffentlichen Rechts" (AöR) überführt. Das ist trotz des anspruchsvoll klingenden Namens juristisch eine relativ inferiore Vereinigung, die im HGB noch nicht einmal zu finden ist. Nach gängiger Definition ist eine AöR lediglich ein "Bestand an sächlichen und persönlichen Mitteln, welche in der Hand eines Trägers der öffentlichen Verwaltung einem öffentlichen Zweck zu dienen hat."
Wegen dieses niedrigen legalen Ranges genügt bereits eine Satzung zur Festlegung ihres Tätigkeitsgebietes. Und die Chefs einer solchen AöR dürfen sich "Leiter" - oder eben auch "Präsidenten" nennen. Notfalls sogar Kanzler. (Nur nicht Bundeskanzler!) "Neues aus der Anstalt" darf also auch in Zukunft erwartet werden.
Wer im Rahmen einer solchen AöR nicht zumindest Präsident oder Vorstand ist, der ist wahrlich ein armer Hund. Das veranlasste wohl auch den Leiter des "Freundeskreis der FZK" - eine Art akademischer Stammtisch, aber bei weitem nicht so lustig wie meiner auf der Insel Rott - sich den Titel "Präsident" zuzulegen. Und er hat recht. Warum sollte er zurückstehen?
Wenn demnächst ein "Tatort"-Kommissar sich dazu aufschwingt (ranghöchster deutscher) Präsident zu werden.
Das sog. KIT-Gesetz, seit über zwei Jahren in Aussicht gestellt, verzögert sich weiter; es wird nun im Sommer 2009 erwartet. Gleich zwei "Präsidenten" und drei weitere "Vizepräsidenten" sollen das KIT in der Übergangszeit dirigieren (no ladies, übrigens!). Im Endstadium wird das Präsidium einen Präsidenten und fünf Vizepräsidenten umfassen. Ein "Präsidiumsrat" soll das Präsidium beraten. Darunter sind im Organigramm mindestens fünf "Vorstandsbereiche" ausgewiesen, sodass auch noch die Ernennung einer grösseren Anzahl von Vorständen befürchtet werden muss. Ein angemessenes Ambiente für diese Herrschaften ist eine Selbstverständlichkeit; so wird der Präsident nicht ein popeliges Sekretariat haben, nein, er gebietet über ein "Präsidialbüro". Namen für all diese Präsidenten und Vorstände werden natürlich auch schon gehandelt. Stochastische Analysen lassen vermuten, dass die Mitgliedschaft beim "Club der Rotarier" für eine Karriere bei KIT zumindest nicht hinderlich ist.
Die wissenschaftlichen Institute, in denen die wirkliche Arbeit geleistet wird, sacken im KIT-Organigramm auf die dritte Ebene ab. Dort sind auch - auf gerade mal zwei Quadratzentimeter im Organigramm zusammengepresst - die elf Fakultäten samt ihren Dekanen und Studiendekanen zu finden. Möglicherweise ein schwer verdaulicher Brocken für die Präsidentschaft. Die Stimmung bei den Professoren ist nämlich schlecht, seit die Politiker deren Gehälter von C4 auf W3 abgesenkt haben. Auch die radikale Abschaffung ihres "Premienproduktes" - des weltweit hoch geachteten deutschen Diploms - zugunsten der Allerweltstitel Bachelor und Master, haben sie innerlich noch nicht akzeptiert. Mit Mühe konnten die Lehrstuhlinhaber erreichen, dass ihr altehrwürdiges Gremium, der Senat, beibehalten wurde; der Wissenschaftlich-Technische Rat, einst Organ des Forschungszentrums und Beschlussgremium für das F&E-Programm, scheint wohl über die Wupper zu gehen.
Ein Rückblick auf die Titulatur beim oberen Management des Forschungszentrums ist im historischen Verlauf sehr aufschlussreich. Bekanntlich wurde das FZK im Jahre 1956 als "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" gegründet (Bund 90 %, Land 10 % der Anteile). Entsprechend dem GmbH-Gesetz bestellte man zwei "Geschäftsführer", wie es eben das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) für solche Gesellschaften vorsah (§ 6 GmbHG). Das ging 18 Jahre lang in der arbeitsreichen Gründerphase gut, bis im Jahr 1974 eine Umorganisation erfolgte. Nun wurde der in etwa gleiche Arbeitsumfang auf fünf Manager aufgeteilt, die sich fortan "Vorstände" und "Vorstandsvorsitzende" nennen durften. Und das, obwohl die Bezeichnung "Vorstand" im HGB eigentlich nur für die Leitung der - zumeist grösseren - Aktiengesellschaften vorgesehen ist (§ 70 AktG).
In Zukunft wird die GmbH des Forschungszentrum zusammen mit der Uni in eine "Anstalt des öffentlichen Rechts" (AöR) überführt. Das ist trotz des anspruchsvoll klingenden Namens juristisch eine relativ inferiore Vereinigung, die im HGB noch nicht einmal zu finden ist. Nach gängiger Definition ist eine AöR lediglich ein "Bestand an sächlichen und persönlichen Mitteln, welche in der Hand eines Trägers der öffentlichen Verwaltung einem öffentlichen Zweck zu dienen hat."
Wegen dieses niedrigen legalen Ranges genügt bereits eine Satzung zur Festlegung ihres Tätigkeitsgebietes. Und die Chefs einer solchen AöR dürfen sich "Leiter" - oder eben auch "Präsidenten" nennen. Notfalls sogar Kanzler. (Nur nicht Bundeskanzler!) "Neues aus der Anstalt" darf also auch in Zukunft erwartet werden.
Wer im Rahmen einer solchen AöR nicht zumindest Präsident oder Vorstand ist, der ist wahrlich ein armer Hund. Das veranlasste wohl auch den Leiter des "Freundeskreis der FZK" - eine Art akademischer Stammtisch, aber bei weitem nicht so lustig wie meiner auf der Insel Rott - sich den Titel "Präsident" zuzulegen. Und er hat recht. Warum sollte er zurückstehen?
Wenn demnächst ein "Tatort"-Kommissar sich dazu aufschwingt (ranghöchster deutscher) Präsident zu werden.
Sonntag, 1. Februar 2009
Was wissen wir über Homer? Nichts.
Im Karlsruher Schloss wird derzeit eine sehenswerte archäologisch-historische Ausstellung über "Die dunklen Jahrhunderte Griechenlands" gezeigt, welche sich von 1.200 bis 700 v. Chr. erstreckten. Die mykenische Hochkultur, welche sich im 2. Jahrtausend v. Chr. in Griechenland sowie im östlichen Mittelmeerraum ausgebreitet hatte und durch prachtvolle Paläste (z. B. in Kreta) und imposante Burgen ( Tyrins) charakterisiert war, verschwand um 1.200 v. Chr. ganz plötzlich von der Bildfläche. Über die Gründe für diesen Kulturkollaps rätseln die Archäologen noch immer. Schwere Erdbeben, verheerende Dürren, tötliche Epidemien, interne Aufstände oder kriegerische Eindringlinge werden als mögliche Ursachen genannt. Der Zusammenbruch dieser Kultur dauerte 5 Jahrhunderte - bis um 700 v. Chr. , nahezu spontan, die Hochzivilisation des uns bekannten klassischen Griechenland entstand.
Diese dunkle Periode war aber auch eine "Zeit der Helden". In dieser Epoche lässt der griechische Ur-Dichter Homer nämlich seine Helden Achilles, Hector und Odysseus agieren. Bei der "Ilias" (Gymnasiasten kennen ihren Anfang: "Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus") beschreibt er in 16.000 Hexameterversen den Kampf um Troja und in der "Odyssee" ("Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes") fast ebenso lang die Irrfahrten des listenreichen Odysseus und seine glückliche Heimkehr.
Wer war der Schriftsteller-Titan Homer, der diese gewaltigen Epen schuf? Das ist die berühmte "homerische Frage", die auch heute noch niemand schlüssig beantworten kann. Der Sage nach soll es ein blinder Sänger gewesen sein, der zwischen 700 und 850 v. Chr. im griechischen Kleinasien (der heutigen Westtürkei) gelebt hat. Aber das ist wohl Legende.
Die sog. homerische Frage ist in realiter ein ganzes Bündel. So kann man zum Beispiel fragen: Sind Ilias und Odyssee das Werk nur eines einzigen oder das von mehreren Dichtern? Ist Homer überhaupt eine geschichtliche Person oder ist er nachträglich nur fingiert? War Homer der Dichter der beiden Epen oder nur ein sammelnder Ordner? Wann sind die beiden Werke entstanden? Usw. usf.
Heute geht man davon aus, dass Homer zumindest der Schöpfer der Ilias, wahrscheinlich auch der Odyssee war. Analytische Sprachuntersuchungen mit Hilfe des Computers legen diese Hypothese nahe. Die Unterschiede im Erzählstil erklärt man dadurch, dass die Ilias das Jugendwerk, die Odyssee das Alterswerk war. Manche Exegeten favorisieren allerdings die 2-Dichter-Vermutung, ähnlich der Gebrüder Grimm in der Neuzeit. Die Entstehungsperiode der Epen sieht man im 8. Jahrhundert. Ziemlich sicher ist, dass Homer auf vorhandenen Stoff fahrender Sänger (Rhapsoden) zurückgegriffen, aber die Inhalte dichterisch strukturiert und aufgeschrieben hat.
Harte Beweise gibt es für diese aufgestellten Thesen nicht. Aber die Erzählungen Ilias und Odyssee existieren seit fast drei Jahrtausenden; irgend jemand muss schliesslich die 28.000 Hexameter gedichtet haben - auch wenn wir von Homer (fast) nichts wissen.
Ein noch grösseres Rätsel der Weltliteratur ist, dass die Lebens-und Schaffensgeschichte des grössten dramatischen Genies aller Zeiten - William Shakespeare - ebenfalls weitgehend im Dunkeln liegt. Und dieser lebte nicht in der grauen Vorgeschichte, sondern bereits in der Neuzeit, von 1564 bis 1616 n. Chr. 36 Theaterstücke (14 Komödien, 12 Tragödien und 10 Historiendramen) soll er angeblich geschrieben haben; sie sind fester Bestandteil der Spielpläne der Weltbühnen. Als Sohn eines armen Landwirts im englischen Stratford-on-Avon besuchte er gerade mal die Grundschule, wurde ein mittelmässiger Schauspieler und schliesslich Teilhaber des Globe-Theaters. Dazwischen lagen sieben Jahre, während der er völlig abgetaucht war. ("dark ages") Es gibt keine einzige Handschrift von ihm, trotz der vielen ihm zugeschriebenen Dramen sowie einiger hundert Sonette von allerhöchster literarischer Güte.
Kein Wunder, dass immer wieder Zweifel aufkommen, ob er wirklich der Schöpfer dieser Werke sein konnte. Alfred Kerr, der berühmte Theaterkritiker mit der spitzen Feder fragte einmal ganz verzweifelt "ob ein Landlümmel aus dem Drecksnest Stratford sowas allein gemacht haben kann?" Namen, wie Marlowe (ein Schauspielerkollege) oder Bacon (ein Adeliger), werden von einigen als "ghostwriter" vermutet; ja, selbst vor der Queen Elizabeth I macht man nicht halt. Egal, wir wissen es nicht und die Mehrheit der Literaturgeschichtler sieht - mangels überzeugender Alternativen - in William Shakespeare immer noch den Dichter des Hamlet und des Sommernachtstraum.
Wie hätte Shakespeare wohl reagiert, wenn ihm diese Zweifel an seiner Person bekannt gewesen wären?
Vermutlich hätte er ein "homerisches ( lautes, lang andauerndes) Gelächter" angestimmt.
Diese dunkle Periode war aber auch eine "Zeit der Helden". In dieser Epoche lässt der griechische Ur-Dichter Homer nämlich seine Helden Achilles, Hector und Odysseus agieren. Bei der "Ilias" (Gymnasiasten kennen ihren Anfang: "Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus") beschreibt er in 16.000 Hexameterversen den Kampf um Troja und in der "Odyssee" ("Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes") fast ebenso lang die Irrfahrten des listenreichen Odysseus und seine glückliche Heimkehr.
Wer war der Schriftsteller-Titan Homer, der diese gewaltigen Epen schuf? Das ist die berühmte "homerische Frage", die auch heute noch niemand schlüssig beantworten kann. Der Sage nach soll es ein blinder Sänger gewesen sein, der zwischen 700 und 850 v. Chr. im griechischen Kleinasien (der heutigen Westtürkei) gelebt hat. Aber das ist wohl Legende.
Die sog. homerische Frage ist in realiter ein ganzes Bündel. So kann man zum Beispiel fragen: Sind Ilias und Odyssee das Werk nur eines einzigen oder das von mehreren Dichtern? Ist Homer überhaupt eine geschichtliche Person oder ist er nachträglich nur fingiert? War Homer der Dichter der beiden Epen oder nur ein sammelnder Ordner? Wann sind die beiden Werke entstanden? Usw. usf.
Heute geht man davon aus, dass Homer zumindest der Schöpfer der Ilias, wahrscheinlich auch der Odyssee war. Analytische Sprachuntersuchungen mit Hilfe des Computers legen diese Hypothese nahe. Die Unterschiede im Erzählstil erklärt man dadurch, dass die Ilias das Jugendwerk, die Odyssee das Alterswerk war. Manche Exegeten favorisieren allerdings die 2-Dichter-Vermutung, ähnlich der Gebrüder Grimm in der Neuzeit. Die Entstehungsperiode der Epen sieht man im 8. Jahrhundert. Ziemlich sicher ist, dass Homer auf vorhandenen Stoff fahrender Sänger (Rhapsoden) zurückgegriffen, aber die Inhalte dichterisch strukturiert und aufgeschrieben hat.
Harte Beweise gibt es für diese aufgestellten Thesen nicht. Aber die Erzählungen Ilias und Odyssee existieren seit fast drei Jahrtausenden; irgend jemand muss schliesslich die 28.000 Hexameter gedichtet haben - auch wenn wir von Homer (fast) nichts wissen.
Ein noch grösseres Rätsel der Weltliteratur ist, dass die Lebens-und Schaffensgeschichte des grössten dramatischen Genies aller Zeiten - William Shakespeare - ebenfalls weitgehend im Dunkeln liegt. Und dieser lebte nicht in der grauen Vorgeschichte, sondern bereits in der Neuzeit, von 1564 bis 1616 n. Chr. 36 Theaterstücke (14 Komödien, 12 Tragödien und 10 Historiendramen) soll er angeblich geschrieben haben; sie sind fester Bestandteil der Spielpläne der Weltbühnen. Als Sohn eines armen Landwirts im englischen Stratford-on-Avon besuchte er gerade mal die Grundschule, wurde ein mittelmässiger Schauspieler und schliesslich Teilhaber des Globe-Theaters. Dazwischen lagen sieben Jahre, während der er völlig abgetaucht war. ("dark ages") Es gibt keine einzige Handschrift von ihm, trotz der vielen ihm zugeschriebenen Dramen sowie einiger hundert Sonette von allerhöchster literarischer Güte.
Kein Wunder, dass immer wieder Zweifel aufkommen, ob er wirklich der Schöpfer dieser Werke sein konnte. Alfred Kerr, der berühmte Theaterkritiker mit der spitzen Feder fragte einmal ganz verzweifelt "ob ein Landlümmel aus dem Drecksnest Stratford sowas allein gemacht haben kann?" Namen, wie Marlowe (ein Schauspielerkollege) oder Bacon (ein Adeliger), werden von einigen als "ghostwriter" vermutet; ja, selbst vor der Queen Elizabeth I macht man nicht halt. Egal, wir wissen es nicht und die Mehrheit der Literaturgeschichtler sieht - mangels überzeugender Alternativen - in William Shakespeare immer noch den Dichter des Hamlet und des Sommernachtstraum.
Wie hätte Shakespeare wohl reagiert, wenn ihm diese Zweifel an seiner Person bekannt gewesen wären?
Vermutlich hätte er ein "homerisches ( lautes, lang andauerndes) Gelächter" angestimmt.
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