Sonntag, 18. Januar 2009

Prof. Maschuw reitet vom Hof

Wenn in früheren Zeiten für einen Chef des Forschungszentrums Karlsruhe der letzte Tag angebrochen war - weil sein Anstellungsvertrag auslief (oder aus einem sonstigen, diskret zu verschweigenden Grunde) - dann setzte er sich gewöhnlich mit einem leisen Seufzer (oder einem etwas lauterem Fluch) in seine Dienstlimousine und liess sich letztmalig von seinem Chauffeur nach Hause fahren. Nicht so Professor Reinhard Maschuw, seit acht Jahren Vorstand im FZK. Er sattelte nach der Verabschiedung sein Pferd und ritt, der Wache leutselig zuwinkend, auf dem Vierbeiner aus dem Zentrum. Ein unheimlich starker Abgang!

Hippologisch gesprochen war Maschuws Gaul ein Island-Pferd. Ein saudischer Physiker - sofern es den überhaupt gibt - wäre vermutlich mit einem arabischen Vollbluthengst aus dem Forschungszentrum galoppiert.

Die Redaktionsleiterin des neugestalteten Mitarbeitermagazin, Frau Regina Link, hat Maschuw anlässlich seiner endgültigen Emeritierung interviewt. Dabei bezeichnete der ex-Chef die acht Monate, in denen er mit seinem Vorstandskollegen Dr. Fritz die Geschäfte des Zentrums alleine führen musste, als eine Zeit der "Überbeanspruchung", die auf Kosten seines "Privatlebens" ging. Verständlich, denn in den vorhergehenden 30 Jahren waren zumeist fünf Vorstandsmitglieder zugange. Aber wieviele waren es, geht man noch weiter zurück?

Als früherer Mitarbeiter, der wohl vertraut ist mit der Geschichte des Forschungszentrums, erinnere ich mich, dass es während der fast zwei Jahrzehnte andauernden Gründerphase des (damaligen) Kernforschungszentrums stets nur 2 (in Worten: zwei!) Chefs gab: einen wissenschaftlichen und einen administrativev Geschäftsführer. Und das nicht nur über 8 Monate hinweg, sondern über volle 18 Jahre! Dr. Ritter (1956 - 60), Dr. Schnur (1960 - 70) und Prof. Haxel (1971 - 74) deckten nacheinander die technische Späre ab und Dr. Rudolf Greifeld war sogar während der gesamten Zeit von 1956 bis 74 Chef der Administration und - für alle erkennbar - "primus inter pares". Und externe Unterstützung (man denke nur an die 50- Mann-Kolonne der Helmholtz-Holding in Berlin) gab es damals natürlich auch noch nicht. Ebensowenig wie die hochgerühmten Synergieeffekte des KIT.

Trotzdem wurde in dieser Frühphase in kurzer Zeit enorm viel geleistet. Dabei stand man anfangs buchstäblich vor dem Nichts. Der Bauplatz für das Zentrum im Hardtwald musste erst gerodet und gegen erheblich Einwände einiger Nachbargemeinden durchgesetzt werden. Technische Mitarbeiter waren Mangelware und mussten in dem neuen Gebiet der Kerntechnik aufwendig geschult werden. Trotzdem: 16 wissenschaftliche Institute wurden bis 1965 aufgebaut und dafür kompetente Direktoren gewonnen; dazu kamen noch die drei Grossabteilungen Reaktorbetrieb, Strahlenschutz und Kernschule. Innerhalb von zehn Jahren konnten mehr als 3.000 , zumeist technische Mitarbeiter aquiriert werden. (Heute zieht sich die Besetzung einer einzigen vakanten Institutsleiterstelle manchmal fünf Jahre oder gar länger hin.)

Auf dieser technischen und personellen Basis gelang es bereits in wenigen Jahren drei verschiedenartige Kernreaktoren - deutscher Bauart - zu planen, zu bauen und in Betrieb zu nehmen (FR 2, STARK, SNEAK). Das Forschungsprojekt Schneller Brüter wurde gegründet und verlieh in kurzer Zeit dem Zentrum einen weltweiten Bekanntheitsgrad. Beeindruckend war auch die Bautätigkeit am Standort. Eine Fläche der Grösse von 200 (!) Fussballfeldern wurde erschlossen und zum Teil mit Instituten und technischen Anlagen überbaut. Dafür mussten fast 400 Genehmigungen beantragt und erlangt werden. All dies geschah unter der Führung und dem Management der oben genannten Geschäftsführerpaare. Dr. Greifeld wurden am Ende seiner 18-jährigen erfolgreichen Tätigkeit von Staatssekretär Haunschild mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Warum berichte ich so detailliert über diese weit zurück liegenden Vorgänge? Nun, vor zweieinhalb Jahren, anlässlich des gross gefeierten Jubiläums des Forschungszentrums, liess der damalige Geschäftsführer Popp die historische Festschrift "50 Jahre Forschungszentrum Karlsruhe" herausbringen. Sie umfasste über hundert Seiten, war reich bebildert und gedruckt auf Hochglanzpapier. Darin wird man die geschichtlichen Leistungen der oben genannten Geschäftsführer jedoch vergeblich suchen. Im Fliesstext ist Dr. Greifeld - den Haunschild bei der Ordensverleihung als "Gründungsvater des Zentrums" bezeichnete - noch nicht einmal erwähnt. Ein Versehen? Nein, eine Schande! (Sich selbst liess P. in dieser jämmerlichen Fibel mehrfach, in Grossformat und in Farbe ablichten - zumeist in Gegenwart von Ministern, Ministerinnen und Ministerpräsidenten. Wohl in Abwandlung des bekannten Sprichworts: "Der clevere Mann denkt an sich selbst zuerst.")

Man fühlt sich an das alte Ägypten erinnert. Dort haben manche Pharaonen auch die Namen und Taten ihrer Vorgänger aus den Obelisken kratzen lassen.

2 Kommentare:

  1. Lieber Herr Marth,
    zu diesem Blog muss ich Ihnen mit Bewunderung gratulieren! Gut 35 Jahre war ich im KfK tätig und viele Jahre davon als leitender Angestellter am FR2. Ich kannte sie alle, die von Ihnen genannten Geschäftsführer, die ich oft mit priminenten Besuchern durch die Anlge führen durfte. Das Verhältnis zu diesen Herren war sehr kollegial. Gerne erinnere ich mich noch an den ersten Leistungsbetrieb des FR2 und die kleine völlig spontane Feier in der "Reaktorwarte" mit dem Geschäftsführer Dr. Schnurr.
    Es gäbe noch vieles zu erzählen aus der Vergangenheit im KfK, aber das tun ja Sie in hervorragender Weise!

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  2. und was hat dfas alles mit Prof. Maschuw zu tun?

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