Frau Bärbel Höhn, die Spitzenpolitikerin der Grünen, ist nicht nur von unübersehbarer Statur sondern sie ist auch wortgewaltig, wenn es um ihr Lieblingsthema, die ungeliebte Kernenergie geht. Bei einer kürzlichen Podiumsveranstaltung an der Universität Karlsruhe konnte man das sehen und hören. Alle wirklichen und vermeintlichen Probleme der Kernkraftwerke hatte sie parat und hielt sie dem Vertreter des EnBW-Stromversorgers vor. Gerne hätte man etwas nachgefragt, aber sie entzog sich der Diskussion, indem sie den Hörsaal vorzeitig verliess.
So hätte ich sie beispielsweise zu den ökologischen und finanziellen Auswirkungen des Steinkohlebergbaus in Nordrhein-Westfalen befragen wollen. Immerhin war sie dort 10 Jahre lang (1995 - 2005) Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung. Sie hat in dieser Zeit die vom ehemaligen Ministerpräsidenten Rau eingeführte "Kohle-Vorrang-Politik" mitgetragen, welche dem deutschen Steuerzahler bis jetzt 130 Milliarden Euro an Subventionen gekostet hat. Einfach deswegen, weil man im Ruhrgebiet Steinkohle für 150 Euro Kosten pro Tonne, während sie auf dem Weltmarkt für 50 Euro zu kaufen wäre. Dieser wirtschaftliche Unsinn geht weiter bis zum Jahr 2018 und wird uns Steuerzahler noch einmal 40 Milliarden Euro kosten.
Besonders gravierend sind jedoch die ökologischen Schäden der Steinkohleförderung. Im Bergbaugebiet von Nordrhein-Westfalen hat sich die Erdoberfläche um bis zu 40 Metern abgesenkt, in der Innenstadt von Essen immerhin noch um 16 m. Ohne ständiges Abpumpen des Grubenwassers wäre das Ruhrgebiet längst eine Seenlandschaft.
Bis zu 2000 m Tiefe ist das Kohlegebiet wie ein Schweizer Käse von Schächten und Stollen durchsetzt. Auf der (bebauten) Erdoberfläche entstehen immer wieder Schäden an Gebäuden, Strassen und Bahnlinien, wenn das darunter liegende Abbaugebiet unter Bildung von Trichtern und Rissen wegsackt. Die Hausbesitzer in NRW reichen pro Jahr an die 40.000 Schadensmeldungen ein, zumeist vergeblich.
Die Bewegungen im Untergrund führen nicht nur zu Erschütterungen, sondern auch zu regelrechten Erdbeben. Allein in der Kleinstadt Dorsten kam es im Vorjahr zu 1.100 spürbaren kleineren Beben. Die Bewohner wurden um Schlaf und Ruhe gebracht, Ältere leiden an Herzrasen, Kinder haben Angst. Im Saarland kam es im Februar diesen Jahres zu einem so starken Erdbeben, dass sich der Ministerpräsident Müller entschloss, den Bergbau samt und sonders aufzugeben.
Ein grosses Problem ist die miserable Dokumentation der Schächte und Stollen. Man schätzt, dass es noch mehr als 2.200 Bergbauschächte gibt, deren Lage und Zustand nicht bekannt ist. Sie müssen erst in aufwändigen Suchaktionen wiederentdeckt werden. Die Tageslichtöffnungen dieser Schächte sind häufig verschlossen, nicht selten sogar mit Gebäuden überbaut.
Das allergrösste Problem im Ruhrgebiet sowie in grossen Teilen von NRW stellt jedoch das Grubenwasser dar. Es dringt von unten in die Schächte und Stollen ein und bringt sie zum Einsturz mit entsprechender Trichterbildung an der Oberfläche. Daneben verseucht es in dramatischer Weise das Trinkwasser. Und wenn es schliesslich an die (abgesenkte) Oberfläche gelangt, dann kommt es zu weitläufigen Überschwemmungen und ausgedehnter Seenbildung. Eine grosse Anzahl mächtiger Pumpen muss Tag und Nacht laufen, z.B. im Gebiet von Walsum bei Duisburg. Sie befördern das Grubenwasser aus den abgesackten Gebieten in die entfernten Flüsse, wie den Rhein. Derzeit liegt allein in Walsum die Fördermenge bei 20 Millionen Kubikmeter jährlich.
Man bezeichnet diese Lasten - auch offiziell - als Ewigkeitslasten und die damit verbundenen Kosten als Ewigkeitskosten. Sie gehen einher mit einem unbegrenzten Energieverbrauch. Da der Energieinhalt der geförderten Steinkohle endlich ist, der Strom für die Pumpen aber "ewig" anfällt, wird dieser den Energieinhalt der geförderten Kohle eines Tages übersteigen.
Über diese und ähnliche Dinge hätte ich die einstige Umweltministerin Bärbel Höhn gerne befragt. Aber, wie gesagt, sie musste leider vorzeitig verschwinden.
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