Donnerstag, 7. Februar 2008

Die zwei Seiten des Trafos

Viele wissen es noch aus der Schule: der Trafo hat zwei "Seiten", genauer gesagt zwei Wicklungen. Der Wechselstrom kommt auf der primären Seite an und wird auf der sekundären in seiner Spannung herauf oder herunter transformiert. Dazwischen befindet sich isolierendes Öl und das kommt bei Kurzschlüssen immer wieder mal ins Brennen, was den Trafo zerstört und damit zu (meist kürzeren) Stromabschaltungen führt.

Daneben hat der Trafo aber auch eine "politische" Komponente und das kommt auf seinen Standort an. Befindet er sich auf dem Gelände eines Atomkraftwerks, so wird der gleiche Brand dort ganz anders bewertet als in konventionellen Kraftwerken, etwa den Karlsruher Rheinhafenkraftwerken. Dort hat letzte Woche der Brand eines solchen Trafos zu einer ca. eineinhalbstündigen Stromabschaltung im Bereich der Karlsruher Innenstadt geführt. Die Strassenbahn und die Verkehrsampeln fielen aus, das Fernwärmenetz blieb kalt, die Telefone funktionierten nicht, viele Menschen steckten in Fahrstühlen fest etc. etc. Inzwischen hat sich alles wieder beruhigt, der Strom fliesst wie eh und je. Ranghohe Politiker sahen keinen Anlass zu Stellungnahmen; auch die Minister, welche für die Genehmigung und die Aufsicht dieser Kraftwerke zuständig sind, blieben stumm.

Das war ganz anders im Falle des Trafobrands bei den beiden norddeutschen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel am 28. Juni 2007, also vor ca. 7 Monaten. Dort war die Abtrennung dieses defekten Trafos vom Netz so perfekt, dass es zu keinerlei Ausfällen bei den Stromkunden kam. Und innerhalb von zwei Sekunden fielen die Steuerstäbe in den Reaktorkern und beendeten seine nukleare Kettenreaktion. Eine unabhängige Expertenkommission untersuchte anschliessend diesen Störfall und bewertete ihn mit 0 auf der 7-stufigen internationalen Sicherheitsskala. Das heisst, er hatte keinerlei sicherheitstechnische Bedeutung.

Trotzdem bot dieser Trafobrand dem Berliner Umweltminister Gabriel monatelang Anlass zu schlimmen Beschuldigungen in Richtung der Betreiber. Zwei hochrangige Manager von Vattenfall mussten ihre Sessel räumen und die beiden Kraftwerke Krümmel und Brunsbüttel (mit der doppelten Kapazität der Rheinhafenkraftwerke) sind bis zum heutigen Tag ausser Betrieb.

Und wie wird diese Stromlücke gefüllt? Bei Bedarf kauft der Betreiber Strom aus französischen Atomkraftwerken ein.

2 Kommentare:

  1. Warum lassen wir zu, dsß dieser Minister so massiv unser Volksvermögen vernichtet und niemand sagt nichts?

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  2. 10 Jahre nach der Veröffentlichung dieses Beitrags sei daran erinnert, daß es bis Anfang der 60er Jahre in preiswerten Elektrogeräten VDE - konforme "Spartransformatoren" ohne Sekundärwicklung und galvanische Netztrennung gab, bei der die benötigten Spannungen an der Primärwicklung abgegriffen wurden.

    Für ein paar Mark weniger Kupfer und Trafoblech wurde latent das Leben der Benutzer aufs Spiel gesetzt, da im ungünstigen Fall die Phase am Gerätechassis anlag.

    Bei allen mit Elektronenröhren betriebenen Fernsehern bis in die 70er Jahre war dies ähnlich. Erst bei den volltransistorierten Fernsehgeräten mit Schaltnetzteilen hing der Nutzer im Schadensfall nicht mehr direkt am öffentlichen Stromnetz.

    Ich finde dies auch deshalb bedeutsam, weil man daran sieht, wie innerhalb von wenigen Jahrzehnten der Schutz des menschlichen Lebens wichtiger als geworden war als geringe Kostenersparnisse.

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